Tesla lässt Firmenkreisen zufolge die Fertigung des Model 3 in seinem kalifornischen Werk für sechs Tage ruhen. Vom 26. bis zum 31. Mai sollten in Fremont Verbesserungen an den Anlagen vorgenommen werden, sagten zwei Insider am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Ein Tesla-Sprecher nahm zu den Angaben nicht Stellung. In der Folge der Meldung bauten Tesla-Aktien an der Wall Street ihre Verluste auf fast 3,3 Prozent aus.
Der Elektroauto-Pionier hatte bereits angekündigt, die Produktion in Kalifornien für insgesamt zehn Tage ruhen zu lassen. Zusammen mit bereits erfolgten Fertigungspausen im Februar und April würden die sechs Tage Ende Mai genau diese Zeitspanne ergeben.
Die dabei vorgenommenen Arbeiten sollen Schwierigkeiten bei der Herstellung des Model 3 ausbügeln. Der US-Konzern will die Produktion des wichtigen Fahrzeugmodells bis zur Jahresmitte auf 5000 Stück pro Woche steigern. Ende März rollten etwas mehr als 2000 Fahrzeuge von den Bändern. Mit dem Model 3 will Tesla den Aufstieg von einem Nischenanbieter zu einem Massenhersteller von Elektroautos schaffen.
Nicht nur am Band, sondern auch im Management will Musk Veränderungen. Tesla soll auch einen Unternehmensumbau vollziehen. Musk kündigte laut US-Medien, unter anderem dem „Wall Street Journal“, am Montag in einem Memo an die Mitarbeiter eine „gründliche Neuorganisation“ an. Musk will dem Schreiben zufolge flachere Hierarchien im Management schaffen, die Kommunikation verbessern und Bereiche beschneiden, die nicht entscheidend für den Erfolg von Tesla sind. Was das konkret für die Personal- und Führungsstruktur bedeutet, führte der Tesla-Chef nicht weiter aus. Das Unternehmen wollte sich nicht äußern.
Möglich ist, dass der Vorstoß mit der Personalie Doug Fields zusammenhängt. Der Tesla-Produktionschef hatte in der vergangenen Woche erklärt, er werde eine Auszeit nehmen. Fields ist für die Fahrzeugentwicklung zuständig und trägt seit vergangenem Jahr auch die Verantwortung für die Produktion. Der Manager wolle „Kraft tanken und Zeit mit der Familie verbringen“, sagte ein Tesla-Sprecher dem „Wall Street Journal“ am Freitag. Nach Informationen der Zeitung geht es um eine sechswöchige Pause. Viele Beobachter sehen darin eine Bestätigung, dass der Druck auf die Produktion bei Tesla zu hoch sei – und Ziele unerreichbar. Klar ist: Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass es mit der bestehenden Struktur nicht funktioniert. Zumindest nicht so, wie Musk es sich vorstellt.
Die Produktionspläne des Model 3 hängen mittlerweile um rund ein halbes Jahr hinterher. Die Marke von 5000 Fahrzeugen pro Woche, die für Ende 2017 angepeilt war, soll im Juni endlich erreicht werden. Auch an den von Tesla veröffentlichten Produktionszahlen gab es zuletzt Kritik: Die Nachrichtenagentur Bloomberg kam in eigenen Berechnungen auf deutlich geringere Werte als die von Tesla genannten einmalig erreichten Höchstwerte.
Die Tesla-Chronik
Zwei Teams um den US-Ingenieur Martin Eberhard und den Milliardär Elon Musk entwerfen die Vision eines Elektrofahrzeugs, das mit Akkus angetrieben wird. Auf der Basis des Prototyps T-Zero. Neben Musk stecken auch die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page und der eBay-Gründer Jeff Skoll Geld in das Projekt.
Drei Jahre arbeitet Tesla am ersten Modell, im Juli 2006 stellt das Unternehmen den Roadster vor. Der zweisitzige Sportwagen auf der Basis des britischen Leichtgewicht-Roadster Lotus Elise verfügt über einen 215 kW (292 PS) starken Elektromotor, der seine Energie aus 6.831 Lithium-Ionen-Notebook-Akkus bezieht.
Im August 2007 tritt der damalige CEO Martin Eberhard zurück, im Dezember 2007 verlässt er das Unternehmen komplett. Am Ende landet der Streit der Gründer fast vor Gericht – bis eine außergerichtliche Einigung erzielt werden kann.
Musks finanzielle Mittel alleine reichen zum Wachstum nicht mehr aus. Mit Daimler und Toyota steigen zwei große Autokonzerne bei Tesla ein. Trotzdem schreibt das Unternehmen weiterhin Millionenverluste.
Lange war der Bau einer eigenen Limousine unter dem Codenamen „WhiteStar“ geplant. Auf der IAA in Frankfurt feiert das Model S, eine 5-sitzige Limousine die Premiere. Anfangs übernimmt Lotus die Fertigung. Ab 2011 wird das Modell in einer ehemaligen Toyota-Fabrik in Freemont gebaut. Pro Jahr werden zunächst 10.000 Modelle gefertigt.
Tesla erhält vom US-Energieministerium einen Kredit über 450 Millionen Dollar. Das Geld investiert das Unternehmen in den Aufbau einer eigenen Fertigung.
Musk wagt den Börsengang. Mit einem Ausgabepreis von 17 Dollar geht der Elektrohersteller in den Handel – und macht den Gründer wieder reich. Über Nacht erreicht erreichen die Anteile von Musk einen Wert von 650 Millionen Dollar, obwohl das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt noch nie Gewinne gemacht hat.
Tesla veröffentlicht Pläne einen eigenen SUV an den Start zu bringen. Das Model X soll im Sommer 2015 erstmals ausgeliefert werden und die Modellpalette von Tesla erweitern. Am Ende verzögern sich die Pläne, die Produktion des Model X läuft erst im Herbst an – und das nur schleppend.
Endlich schreibt Tesla schwarze Zahlen. Auch den Millionenkredit des Staats zahlt das Unternehmen neun Jahre früher als es nötig gewesen wäre. Mit der Ausgabe neuer Aktien und Anleihen nimmt das Unternehmen rund eine Milliarde Dollar ein. Der Aktienkurs des Unternehmens beläuft sich mittlerweile auf 147 Dollar. Damit ist das Unternehmen an der Börse mehr wert als Fiat.
Im Mai haben die Bauarbeiten in Reno, Nevada, für die weltgrößte Batteriefabrik begonnen. Hier will Tesla nicht nur die Akkus für seine Elektroautos und auch sogenannte "Powerwalls" für den Hausgebrauch montieren, sondern auch die Batteriezellen selbst aus Rohstoffen herstellen. Das Investitionsvolumen beträgt fünf Milliarden Dollar, als Partner ist Panasonic mit im Boot.
Tesla gibt Pläne bekannt, mit dem Model 3 ein kompaktes Auto für den Massenmarkt auf den Markt bringen zu wollen. Der Wagen, der rudimentär erstmals im März 2016 gezeigt wurde, soll rund 35.000 Dollar kosten und soll über eine Reichweite von 320 Kilometern (200 Meilen) verfügen.
Nach der Vor-Premiere des Model 3 im März steht zur Jahresmitte ein weiterer Meilenstein an: In der Gigafactory werden die ersten Batteriezellen gefertigt. Diese sind zwar vorerst für die PowerWall-Heimakkus gedacht, bringen das Unternehmen aber einen Schritt näher an die Massenfertigung des Model 3.
Ende Juni 2017 übergibt Tesla die ersten 30 Model 3 an ihre Besitzer übergeben - allesamt sind Tesla-Beschäftigte. Die ersten 30 von mehr als einer halben Million Vorbestellungen, die Tesla erst einmal lange abarbeiten muss.
Tesla erreicht am 1. Juli das Produktionsziel für seinen Hoffnungsträger Model 3. In den sieben letzten Tagen des zweiten Quartals seien 5031 Fahrzeuge hergestellt worden, teilt der Konzern. Vom Erfolg der Serienfertigung beim Model 3 hängt ab, ob sich Tesla mit seinen 40.000 Beschäftigten vom unrentablen Nischenplayer zum profitablen Hersteller wandeln kann.
Das Problem beim Model 3, das Tesla eigentlich zum Durchbruch auf dem Massenmarkt verhelfen sollte, ist der hohe Automatisierungsgrad. Um die Fertigung schnell skalieren und mit möglichst geringem Personalaufwand betreiben zu können, hat Tesla auf einen ungewöhnlich hohen Roboteranteil gesetzt – und mit Grohmann Automation aus der Eifel gleich seinen eigenen Zulieferer gekauft. Doch das Konzept ging nicht auf: Zuletzt hatte Elon Musk eingeräumt, ein Grund für die Produktions-Probleme sei sein aggressiver Kurs zu einer möglichst automatisierten Fertigung. Inzwischen kommen in der Fabrik wieder mehr Menschen zum Einsatz. Seitdem läuft die Produktion offenbar flüssiger – aber eben weit hinter Plan.
Für eine komplexe Fertigung individuell vom Kunden zusammengestellter Autos ist die Technik noch nicht weit genug – nicht nur bei Tesla. „Je individueller und komplexer das Produkt, desto komplexer sind die Montagefolgen“, sagte Michael Schenk, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF Magdeburg. „Eine hochflexible, automatisierte Fabrik zu bauen und zu steuern ist, wie schon beschrieben, äußerst schwierig. Ich bin fest davon überzeugt, dass das noch etwas dauern wird.“
Zu den Produktionsproblemen kommen noch mehrere Unfälle mit Tesla-Autos, die unter Anlegern und Analysten Zweifel an der Sicherheit des eingebauten Autopiloten aufkommen ließen. Die aktuellen Vorfälle gehen mit zwei weiteren Personalien einher: Andrew Schwall, der unter anderem für die Sicherheit der Tesla-Wagen zuständig war, verlässt Tesla und wird künftig für die Google-Tochter Waymo, die selbstfahrende Autos entwickelt, arbeiten. Zudem bekommt die „Autopilot“-Sparte mit Andrej Kartpathy schon wieder einen neuen Chef – den dritten in 18 Monaten.
Bei Anlegern konnte Tesla mit den Umbau-Plänen nicht Punkten. Die Nachricht kam an der Börse nicht gut an: Die Tesla-Aktie ging mit einem Minus von mehr als drei Prozent aus dem US-Börsenhandel. In den vergangenen Tagen war bereits bekanntgeworden, dass Teslas Produktionschef Doug Fields eine Auszeit nimmt und mit Matthew Schwall ein weiterer Manager zu der zum Google-Mutterkonzern Alphabet gehörenden Roboterautofirma Waymo gewechselt ist.