Model 3 für 78.000 Dollar So riskiert Elon Musk Teslas Zukunft

Tesla: So riskiert Chef Elon Musk die Zukunft des E-Autobauers Quelle: Bloomberg

Ein Elektroauto für die Massen war das große Versprechen von Elon Musk. Jetzt hat der Tesla-Chef die Billig-Version des Model 3 für 35.000 Dollar auf die lange Bank geschoben – und das ist brandgefährlich.

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Der erste „Master Plan“ von Elon Musk ist klar formuliert:

  1. Baue ein Auto mit geringen Stückzahlen, das zwangsläufig teuer sein wird.
  2. Nutze dieses Geld, um ein Auto mit mittleren Stückzahlen zu einem geringeren Preis zu entwickeln.
  3. Nutze dieses Geld, um ein bezahlbares Auto mit hohen Stückzahlen zu entwickeln.

Das war im Jahr 2006. Das teure Auto mit geringen Stückzahlen war der erste Tesla Roadster. Dieser finanzierte (zumindest teilweise) die Entwicklung des Model S. Gemeinsam mit dem technisch verwandten SUV Model X sollte dann das „erschwingliche Auto mit hohen Stückzahlen“ gebaut werden. Auch das hat funktioniert – aber nur teilweise.

„Erschwinglich“ hat für Elon Musk einen Wert. 35.000 Dollar sollte sein Elektroauto für die Massen kosten, das hatte er mehr als einmal angekündigt. Mit diesem Preis wollte Tesla unter anderem den Chevrolet Bolt unterbieten, der als erschwingliches Elektroauto mit ähnlicher Reichweite für 36.000 Dollar angeboten wird. Seit vielen Monaten wird das Model 3 inzwischen ausgeliefert. Doch von dem günstigen Basis-Modell fehlt immer noch jede Spur. Einige Medien witzeln inzwischen sogar, das günstige Model 3 sei zu einem Phantom verkommen.

Die Lage ist klar: Um die Produktion einfach zu halten, hatte Musk beim Model 3 die Zahl der möglichen Ausstattungsvarianten reduziert. Um sich nicht – wie bei Model S und Model X – in der Komplexität der einzelnen Modelle zu verheddern, hatten die ersten Kunden nur wenige Möglichkeiten, ihren Tesla zu konfigurieren. Nur eine Batterie-Variante, eine Leistungsstufe des Motors, sechs Lackierungen, kaum Optionen im Innenraum. Über 50.000 Dollar kosteten diese ersten Modelle.

Jetzt hat Tesla die Optionsliste für das Model 3 aktualisiert – aber in die falsche Richtung. Das Model 3 soll sogar teurer werden. Am Wochenende pries Musk die hochgerüstete Allrad-Version des Model 3 mit zwei Motoren an, die ab Juli verkauft werden soll. Das schnellere und leistungsstärkere Model 3 hat einen Preis von 78.000 Dollar (ohne den Fahrassistenten „Autopilot“). „Etwa genauso viel, wie der BMW M3“, ergänzte Musk und lieferte damit einen Hinweis auf die Zielgruppe. Also eher ein seltener Premium-Sportwagen statt einem Massenmodell.

Musk warnt: Tesla würde „sterben“

Die lang erwartete Basisversion kann Musk nach eigener Aussage frühestens drei bis sechs Monate, nachdem die wöchentliche Model-3-Produktion auf 5000 Stück gestiegen sei, an den Start bringen. Bei den aktuellen Produktionsmengen würde Tesla mit einem Preis von 35.000 Dollar „Geld verlieren und sterben“. Kunden mit geringerem Budget müssen sich also gedulden, stattdessen wird erst einmal die zahlungskräftige Premium-Kundschaft bedient.

Doch damit schneidet sich Elon Musk ins eigene Fleisch – in zweierlei Hinsicht.

Zwar mag der Schachzug mit dem teuren Allrad-Modell betriebswirtschaftlich Sinn ergeben – schließlich ist die Marge bei teuren Autos höher und Tesla kann so mit den derzeit geringen Produktionsmengen mehr Geld verdienen. Doch damit könnte er nicht nur Kunden verprellen, die auf ein bezahlbares Elektroauto warten – und immerhin 1000 Dollar Anzahlung für ihre Reservierung geleistet haben.

Mit dem erneuten Aufschub steigt auch die Ungewissheit. Und genau das stößt vielen Investoren übel auf. Sie hatten auf Elon Musks Versprechen gesetzt, ein günstiges Elektroauto zu bauen. An der Börse wird Tesla, das seit seiner Gründung 2003 noch nie einen Jahresgewinn erwirtschaftet hat, nur so hoch gehandelt, weil Anleger Musk zutrauen, mit seinen Elektroautos aus der Luxus-Nische zu kommen. Wenn die Lage schon so prekär ist, dass Musk offen von „Geld verlieren und sterben“ spricht, sollte er es sich auf keinen Fall mit Kunden und Geldgebern verscherzen.

Dazu kommt ein zweiter wichtiger Punkt: Je mehr Zeit vergeht, desto komplizierter wird der Angriff im Massenmarkt. Etablierte Hersteller planen günstigere Elektroautos, die dem Model 3 Konkurrenz machen werden.

Schwerwiegender ist jedoch die Tatsache, dass sich das Zeitfenster für die amerikanische E-Auto-Prämie schließt – und für das preissensible Basismodell kaum noch Wirkung haben könnte. Die 7500 Dollar, die es in den USA als Steueranreiz beim Kauf von Elektroautos gibt, gelten nur für die ersten 200.000 Modelle eines Herstellers. Danach halbiert sich die Prämie im Sechsmonatstakt, bis sie ganz wegfällt. Sprich: Je mehr teure Elektroautos Tesla mit der vollen Prämie verkauft, desto weniger bleibt für die Kunden des Basismodells übrig. Und genau diese Kunden achten auf jeden Dollar.

Tesla hat mitgeteilt, die 200.000 E-Autos irgendwann im Jahresverlauf 2018 zu erreichen. Für Schnäppchenjäger, die auf einen günstigen Model-3-Preis und staatliche Fördermittel hoffen, dürfte es deshalb knapp werden. Das könnte auch für Teslas Finanzen Folgen haben. Bei rund 500.000 angezahlten Vorbestellungen sind das mehrere Millionen Dollar. Wenn Kunden es sich anders überlegen, müssten sie zurückerstattet werden.

Dann verliert Elon Musk wirklich Geld. Und das Vertrauen, das noch viel wertvoller ist. Denn die enorme Anzahl an Vorbestellungen war eines seiner größten Assets – weniger finanziell, mehr als Vorschusslorbeeren bei Investoren und Analysten. Und die darf Musk angesichts der anhaltenden Verluste auf keinen Fall verlieren.

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