
Getreu seines Rufs ist Elon Musk mal wieder bis aufs Letzte gegangen. Lange gab es Zweifel, ob der Chef von Tesla Motors tatsächlich wie versprochen im ersten Quartal 2016 seine elektrische Mittelklasse-Limousine Tesla 3 präsentieren würde. Sie soll den chronisch defizitären Autohersteller langfristig in die Gewinnzone steuern und dabei seinen Reichweiten-Vorsprung gegenüber der Konkurrenz ausspielen.
Drei Stunden vor Ablauf der Frist - in Deutschland hat der erste April bereits begonnen und damit das zweite Quartal des Jahres - erscheint Musk ganz in schwarz gekleidet auf der Bühne im Tesla Design Studio in Los Angeles. Angekündigt von Tesla-Chefdesigner Franz von Holzhausen, der ihn mit einem High Five begrüßt. „Wir haben ein großartiges Produkt heute Abend, es wird euch umhauen“, verspricht Musk und redet dann über die Mission von Tesla, den Transport umweltfreundlicher zu machen, warnt vor der Erderwärmung und von den Autoabgasen, die laut einer Studie der Elite-Uni MIT allein in den USA jedes Jahr für den Tod von 53.000 Menschen verantwortlich sein sollen.
Die Menge vor ihm ist schon aufgeheizt. Seit anderthalb Stunden werden Cocktails gereicht, Tequila, Grey Goose Wodka und Häppchen. Das Publikum besteht vor allem aus Tesla-Kunden, die einen Tesla S oder den Geländewagen Model X besitzen. Unter ihnen wurde das Gros der Eintrittskarten für die historische Veranstaltung ausgelost.
Die Tesla-Chronik
Zwei Teams um den US-Ingenieur Martin Eberhard und den Milliardär Elon Musk entwerfen die Vision eines Elektrofahrzeugs, das mit Akkus angetrieben wird. Auf der Basis des Prototyps T-Zero. Neben Musk stecken auch die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page und der eBay-Gründer Jeff Skoll Geld in das Projekt.
Drei Jahre arbeitet Tesla am ersten Modell, im Juli 2006 stellt das Unternehmen den Roadster vor. Der zweisitzige Sportwagen auf der Basis des britischen Leichtgewicht-Roadster Lotus Elise verfügt über einen 215 kW (292 PS) starken Elektromotor, der seine Energie aus 6.831 Lithium-Ionen-Notebook-Akkus bezieht.
Im August 2007 tritt der damalige CEO Martin Eberhard zurück, im Dezember 2007 verlässt er das Unternehmen komplett. Am Ende landet der Streit der Gründer fast vor Gericht – bis eine außergerichtliche Einigung erzielt werden kann.
Musks finanzielle Mittel alleine reichen zum Wachstum nicht mehr aus. Mit Daimler und Toyota steigen zwei große Autokonzerne bei Tesla ein. Trotzdem schreibt das Unternehmen weiterhin Millionenverluste.
Lange war der Bau einer eigenen Limousine unter dem Codenamen „WhiteStar“ geplant. Auf der IAA in Frankfurt feiert das Model S, eine 5-sitzige Limousine die Premiere. Anfangs übernimmt Lotus die Fertigung. Ab 2011 wird das Modell in einer ehemaligen Toyota-Fabrik in Freemont gebaut. Pro Jahr werden zunächst 10.000 Modelle gefertigt.
Tesla erhält vom US-Energieministerium einen Kredit über 450 Millionen Dollar. Das Geld investiert das Unternehmen in den Aufbau einer eigenen Fertigung.
Musk wagt den Börsengang. Mit einem Ausgabepreis von 17 Dollar geht der Elektrohersteller in den Handel – und macht den Gründer wieder reich. Über Nacht erreicht erreichen die Anteile von Musk einen Wert von 650 Millionen Dollar, obwohl das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt noch nie Gewinne gemacht hat.
Tesla veröffentlicht Pläne einen eigenen SUV an den Start zu bringen. Das Model X soll im Sommer 2015 erstmals ausgeliefert werden und die Modellpalette von Tesla erweitern. Am Ende verzögern sich die Pläne, die Produktion des Model X läuft erst im Herbst an – und das nur schleppend.
Endlich schreibt Tesla schwarze Zahlen. Auch den Millionenkredit des Staats zahlt das Unternehmen neun Jahre früher als es nötig gewesen wäre. Mit der Ausgabe neuer Aktien und Anleihen nimmt das Unternehmen rund eine Milliarde Dollar ein. Der Aktienkurs des Unternehmens beläuft sich mittlerweile auf 147 Dollar. Damit ist das Unternehmen an der Börse mehr wert als Fiat.
Im Mai haben die Bauarbeiten in Reno, Nevada, für die weltgrößte Batteriefabrik begonnen. Hier will Tesla nicht nur die Akkus für seine Elektroautos und auch sogenannte "Powerwalls" für den Hausgebrauch montieren, sondern auch die Batteriezellen selbst aus Rohstoffen herstellen. Das Investitionsvolumen beträgt fünf Milliarden Dollar, als Partner ist Panasonic mit im Boot.
Tesla gibt Pläne bekannt, mit dem Model 3 ein kompaktes Auto für den Massenmarkt auf den Markt bringen zu wollen. Der Wagen, der rudimentär erstmals im März 2016 gezeigt wurde, soll rund 35.000 Dollar kosten und soll über eine Reichweite von 320 Kilometern (200 Meilen) verfügen.
Nach der Vor-Premiere des Model 3 im März steht zur Jahresmitte ein weiterer Meilenstein an: In der Gigafactory werden die ersten Batteriezellen gefertigt. Diese sind zwar vorerst für die PowerWall-Heimakkus gedacht, bringen das Unternehmen aber einen Schritt näher an die Massenfertigung des Model 3.
Ende Juni 2017 übergibt Tesla die ersten 30 Model 3 an ihre Besitzer übergeben - allesamt sind Tesla-Beschäftigte. Die ersten 30 von mehr als einer halben Million Vorbestellungen, die Tesla erst einmal lange abarbeiten muss.
Tesla erreicht am 1. Juli das Produktionsziel für seinen Hoffnungsträger Model 3. In den sieben letzten Tagen des zweiten Quartals seien 5031 Fahrzeuge hergestellt worden, teilt der Konzern. Vom Erfolg der Serienfertigung beim Model 3 hängt ab, ob sich Tesla mit seinen 40.000 Beschäftigten vom unrentablen Nischenplayer zum profitablen Hersteller wandeln kann.
Es sind enthusiastische Botschafter für Tesla, viele sind in Fanklubs organisiert. Ihr Ausweis ist die Fahrgestellnummer ihres Gefährts, je niedriger desto besser. Musk ist ihr Superstar. So wie früher Steve Jobs bei Apple. Nur dass Musk an diesem Abend im Gegensatz zum heutigen Apple tatsächlich etwas richtig Innovatives präsentiert: Eine Mittelklasse-Limousine mit Elektroantrieb, die mindestens 344 Kilometer Reichweite offeriert, in unter sechs Sekunden von null auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigen kann und fünf Erwachsenen Platz bietet.
Und die tatsächlich – wie Musk seit Jahren immer wieder beteuert hat – ab 35.000 Dollar angeboten wird und damit rund die Hälfte der aktuellen Modelle, der Limousine Tesla S und dem Sportwagen Tesla X, kostet. Zumindest in den USA wird der Wagen dank staatlicher Förderung, die sich in Kalifornien auf bis zu 10.000 Dollar summiert, noch günstiger sein.
Eine Reichweite zu diesem Preis ist bislang einzigartig. Vor allem wird – und nun bricht richtig großes Gejohle in der Menge aus – selbst die Grundversion des Tesla 3 mit Autopilot ausgerüstet sein, sich also selber steuern können, mit dem Fahrer als Aufsicht.