Einerseits hat Tavares natürlich Recht – denn er muss Skaleneffekte heben. Je häufiger er seine PSA-Plattformen verbauen kann, desto bessere Preise kann er im Einkauf erzielen. Und PSA muss massiv Kosten bei Opel sparen. Opel ist und bleibt ein Sanierungsfall, der keine Zeit zu verlieren hat. Denn selbst die Opelaner wissen, dass Opel seit Jahren nur Verluste schreibt. Andererseits sind die Folgen des Handelns von PSA jedoch fatal: Die Kunden, das wichtigste Kapital eines jeden Autobauers, sind verunsichert. Sie stimmen mit den Füßen ab – und kaufen weniger Opel-Autos. Viele haben offenbar Angst, so hört man, dass es demnächst keine Ersatzteile mehr für Opel-Autos gibt.
Opels Produktionsstandorte in Europa
Am Opel-Hauptsitz arbeiten 14.850 Beschäftigte, davon gut die Hälfte im Entwicklungszentrum. Die Produktion hat rund 3000 Arbeitnehmer. Sie bauen den Mittelklassewagen Insignia in mehreren Varianten, den Zafira sowie Getriebe und Komponenten.
Quelle: Reuters, Stand: 19. April 2018
Der Standort in Rheinland-Pfalz hat 2130 Beschäftigte. Sie produzieren Motoren und Fahrwerkskomponenten.
In Thüringen laufen die Kleinwagen Corsa und Adam vom Band. Im Werk Eisenach arbeiten 1790 Menschen.
In dem polnischen Werk sind knapp 3050 Mitarbeiter beschäftigt. Sie bauen den Kompaktwagen Astra und das Cabrio Cascada und den Sportwagen Opel GTC. In Tychy stellen 400 Beschäftigte Motoren her.
In dem spanischen Standort bei Saragossa laufen Corsa, Meriva, der SUV Mokka und der Stadtgeländewagen Crossland X vom Band. Der Standort hat 5170 Arbeitsplätze.
Im Werk Ellesmere Port arbeiten 1470 Beschäftigte. Hier werden ebenfalls Astra-Modelle produziert.
Der Standort Luton nördlich von London hat 1240 Arbeitnehmer und baut den Kleintransporter Vivaro.
In dem österreichischen Werk nahe Wien arbeiten 1330 Menschen. Dort werden Motoren und Getriebe hergestellt.
Die Fabrik in Ungarn produziert mit 1160 Arbeitnehmern Motoren und Komponenten.
Eine gefährliche Abwärtsspirale ist daher in Gang gekommen: Denn auch viele Mitarbeiter sind tief verunsichert. Viele scheinen geradezu panisch und flüchten. Das Schlimme in solchen Situationen ist, dass meist die besten Leute zuerst gehen. Denn sie sind es, die woanders schnell unterkommen.
Tavares müsste daher längst alarmiert sein und bei Opel vorsichtiger vorgehen. Doch danach sieht es nicht aus. Immer wieder scheint er die Mitbestimmungsrechte vom Betriebsrat zu missachten, genauso wie die Tarifverträge der IG Metall. „Ein (Aus-)Verkauf der Opel-Entwicklung würde Opel die Zukunft nehmen“, kritisierte der Betriebsrat jetzt. Sollte die Information der französischen Presse der Wahrheit entsprechen, würde dies bedeuten, dass PSA und das Opel-Management sich seit längerem in Verkaufsgesprächen befänden und wissentlich der IG Metall und der Einigungsstelle die Unwahrheit gesagt hätten.
Auch dagegen hält Lohscheller: Er habe mit der IG Metall und dem Gesamtbetriebsrat „regelmäßig und bereits seit Dezember 2017 besprochen, dass wir strategische Partnerschaften im Engineering als Option prüfen, um langfristig Beschäftigung im ITEZ zu sichern“, teilte er jetzt mit. Diese Information sei auch Bestandteil der ebenfalls vom Gesamtbetriebsrat unterschriebenen Vereinbarung aus dem vergangenen Jahr. „Die Behauptung, dass wir in der Einigungsstelle solche Pläne dementiert haben, ist falsch.“
Der Streit zeigt: Opel beschäftigt sich wieder einmal mit sich selber. Das bindet wichtige Kapazitäten. Das Traurige dabei ist, dass am Ende nur noch der Markenname von Opel bleiben könnte.