Motivation durch Dienstwagen Warum die Deutschen den Dienstwagen so lieben

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Dienstwagen als Politikum

Wo Behördenchefs die größten Dreckschleudern fahren
Der Audi A6 wirf kein gutes Licht auf die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Elisabeth Pott, die Leiterin der Zentrale, fährt ein solchen Dienstwagen - ihre Nutzung verursacht 195g/km CO2-Ausstoß. Immerhin noch weniger als der Schnitt der Autoflotte. Der liegt bei 200g/km. Damit bekommt sie von der Umwelthilfe die rote Karte. Quelle: Reuters
Rote Karte für Gunther Dunkel: Die Autos des Vorstandsvorsitzenden der NordLB haben laut der Untersuchung der Umwelthilfe einen CO2-Austoß von 196g/km. Es gibt allerdings nicht ein personengebundenes Auto für Dunkel, sondern mehrere. Damit liegt die Bank auf den untersten Plätzen. Quelle: dpa
Auch die GEZ - die Gebühreneinzugszentrale - schneidet beim CO2-Außstoß ihrer Fahrzeuge schlecht ab. Geschäftsführer Stefan Wolf hat einen A6 3.0 TDI quattro zur Verfügung. Der Ausstoß liegt bei seiner Nutzung mit 149g/km über den Vorgaben der EU. Der Schnitt der gesamten Flotte liegt sogar bei 161 g/km. Quelle: dpa
Noch mal Audi: Die Chefin der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tanja Gönner, fährt einen Audi A6 3.0 quattro und pustet im Schnitt 158 g/km CO2 in die Luft. Auch damit rangiert sie auf den unteren Plätzen - die Deutsche Umwelthilfe vergab dafür die rote Karte. Quelle: PR
Gleich drei Mal ungenügend: Die Chefs der Bundesanstalten für Wasserbau, für Gewässerkunde und für Verbraucherschutz fahren jeweils einen Mercedes Benz E220 CDI. Der CO2 Ausstoß ist lobenswert gering - er liegt bei 129g/km. Allerdings macht die Dienstwagenflotte den Schnitt wieder kaputt. Der liegt bei den Behörden zwischen 156 und 180 g/km. Genug für eine rote Karte von der Umwelthilfe. Quelle: dapd
Eigentlich sollte es die besten Bewertungen bekommen, das Bundesamt für Naturschutz liegt aber nur im Mittelfeld. Zwar liegt die Behördenleiterin Beate Jessel mit ihrem BWM 520d mit 125g/km CO2-Ausstoß unter dem geforderten Schnitt, aber die Dienstwagenflotte der Behörde reißt sie mit durchschnittlich 141g/km CO2 wieder rein. Auch sie landet nur im Mittelfeld. Quelle: Handelsblatt Online
Welches Auto er fährt? Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank, macht dazu keine Angaben. Zum CO2-Ausstoß schon: 148g/km verursacht er, die Flotte der Bundesbank hingegen ist deutlich umweltfreundlicher. Sie liegt bei 125g/km. Die Wertung der Umwelthilfe: insgesamt nur mittelmäßig. Quelle: dpa

In großen Unternehmen ist das Thema Dienstwagen längst Teil der Firmenpolitik. Wer einen bekommt, in welcher Klasse und für wie lange, und ob er ihn auch privat nutzen darf, ist in der hauseigenen Car-Policy geregelt. Ja, das Thema Dienstwagen ist in Deutschland ein Politikum. Wie empfindlich deutsche Mitarbeiter reagieren, wenn man ihnen den Dienstwagen streitig machen möchte, zeigte sich 2009 in der Finanzkrise.

Während ausländische Unternehmen in Deutschland schnell begannen, merklich am Fuhrpark zu sparen, blieb man bei den deutschen Konzernen zurückhaltend, beobachtete die Unternehmensberatung Hay Group, die regelmäßigen den Firmenwagen-Report erstellt. Ist der deutsche Dienstwagen unantastbar?

Abgasarme Modelle sind gefragt

Nein, soweit wird wohl kein Unternehmen gehen. Dienstwagen sind zwar ein wichtiges Motivationsinstrument für die autobegeisterten deutschen Mitarbeiter, doch sie sollen das Unternehmen nicht mehr kosten als unbedingt notwendig und vor allem nicht unangenehm beim Kunden auffallen. Ginge es nach den Mitarbeitern, stünden die Firmenparkplätze voll mit SUV und Sportboliden. Solche Dienstwagen sind bei den Konzernen fast durch die Bank verboten. Der Trend geht außerdem weg von der PS-starken Spritschleuder, hin zu abgasarmen Modellen mit Hybrid-Antrieb. Einige Unternehmen belohnen Mitarbeiter, die auf PS verzichten und stattdessen einen umweltschonenden Wagen ordern.

Siemens zählt mit seinem Bonus-Malus-System zu den Vorreitern. Der Weltkonzern hat als eines der ersten Dax-Unternehmen seine Regeln für Firmenwagen an den Klimaschutzzielen der Europäischen Union ausgerichtet. Wer sich ein umweltfreundliches Modell aussucht, bekommt einen Bonus, wer sich dagegen für eine Abgasschleuder entscheidet, muss selbst draufzahlen. Mitarbeiter, die Anspruch auf eine Dienstwagen hätten, aber ganz auf ihn verzichten und stattdessen mehr öffentliche Verkehrsmittel nutzen, erhalten eine Mobilitätszulage von 650 Euro brutto im Monat.

Andere Unternehmen nutzen das Thema Dienstwagen gezielt, um den Umsatz anzukurbeln. Beim Schraubenhersteller Würth erhält der Verkäufer, der mehr Umsatz erarbeitet, als Dankeschön – und selbstverständlich als Anreiz für die anderen sich ebenfalls anzustrengen - einen entsprechend teureren Firmenwagen. Wer die Leistung nicht mehr erbringt, muss den Wagen allerdings auch wieder abgeben. Auch damit müssen die autoverliebten deutschen Arbeitnehmer rechnen.

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