Nachrüstungen Wo die Grenzen des sauberen Diesels liegen

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Die Wirkung von Software-Updates ist umstritten

Das hat noch einen weiteren Vorteil: Als der SCR-Katalysator Teil des Abgasstrangs war, musste er an jedes einzelne Modell genau angepasst werden, damit er bestmöglich funktioniert. Eine kompakte A-Klasse hat nun mal einen kürzeren Abgasstrang als eine S-Klasse oder ein großes SUV. Obwohl mitunter derselbe Motor verbaut wird, sitzt das SCR-System an einer anderen Position, was aufwändige Nacharbeiten nötig macht.

Ist das SCR-System aber Teil des Motors selbst, liegt der Vorteil auf der Hand: Egal wo dieser Motor in Zukunft eingebaut wird – die Abgasreinigung ist immer gleich inklusive und muss nicht an jedes Modell neu adaptiert werden. Deswegen verwundert es nicht, dass Mercedes auf Basis des OM654 gleich eine ganze Motorenfamilie plant: Für Front- und Hecktriebler, und als Drei-, Vier- und Sechszylinder. Schließlich müssen auch 2,6 Milliarden Euro Entwicklungskosten wieder eingespielt werden.

Soll heißen: Der saubere Diesel ist möglich – wenn die Hardware stimmt. Und das ist teuer bis technisch unmöglich nachzurüsten. Dennoch teilt Daimler mit, dass man bei der angekündigten Servicemaßnahme „unter anderem aktuelle Erkenntnisse aus der Entwicklung der neuen Dieselmotorfamilie“ nutzen wolle.

Diese Diesel haben besonders schlecht abgeschnitten
Fiat Doblò 1.6 Multijet Quelle: Fiat
Kia Optima 1.7 CRDi ISG Quelle: Kia
Mercedes-Benz C-220 CDI T-Modell Quelle: Daimler
VW Passat 2.0 TDI BlueMotion Technology Quelle: Volkswagen
Skoda Ocatvia 1.6 TDI Greenline Combi Quelle: Skoda
BMW 118d Quelle: BMW
Renault Grand Scénic 1.6 dCi130 Quelle: Renault

Daimler kalkuliert mit Kosten von 73 Euro pro Auto

Auch wenn Daimler in seiner Pressemitteilung das Wort „Software-Update“ nicht verwendet, ist klar, dass es keine neuen Bauteile geben wird. Die Kosten für die ausgeweitete Serviceaktion schätzt Daimler auf rund 220 Millionen Euro – macht etwa 73 Euro je Fahrzeug. Den Kunden sollen keine Kosten entstehen.

Über die Wirksamkeit solcher Software-Updates wird bereits seit dem VW-Skandal gestritten. Die einen berufen sich auf neue Erkenntnisse und präziser kontrollierte Brennverfahren – wenn bei der Verbrennung weniger Schadstoffe entstehen, müssen auch später weniger herausgefiltert werden. Die anderen bleiben skeptisch. „Moderne Motorsteuergeräte sind fast nicht mehr zu optimieren“, sagte etwa Wolfgang Eifler, Professor für Verbrennungsmotoren an der Ruhr-Universität Bochum, bereits 2016. „Seit fast 20 Jahren arbeiten wir an Details, nahezu jede Funktion wird für jedes Modell eigens angepasst. Bei der Motorelektronik ist das Potenzial praktisch ausgeschöpft.“

Welche Schadstoffe im Abgas stecken

Auch Continental-Chef Elmar Degenhart hält den sauberen Diesel für möglich – allerdings mit neuer Hardware. „Das Problem ist die Abgasnachbehandlung bei niedrigen Temperaturen“, sagte Degenhart kürzlich der „Stuttgarter Zeitung“. Was die Mercedes-Ingenieure mit der Integration in den Motor gelöst haben, will der Hannoveraner Zulieferer mit einer anderen Idee schaffen: „Wenn wir die Systeme heizen, wird das Problem kleiner.“ Entsprechende Katalysatoren habe Continental bereits im Angebot.

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