Nächstes Kapitel im Übernahme-Krimi Die dunklen Geheimnisse von VW und Porsche

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Neue Fragen nach der Rolle von Ferdinand Piëch

Die Vorgänge werden Fragen nach der Rolle von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch auf, dem Oberhaupt der zweiten Porsche-Familie.

  • Porsche-Vorstände und -Aufsichtsräte hätten demnach gewusst, dass sie nicht nur über Optionen verfügten, die ihnen Anspruch auf Geld verbrieften, sondern im Ergebnis auch Zugriff auf die VW-Aktien hatten, die sich die Banken ins Depot gelegt hatten, um die Optionsgeschäfte mit Porsche abzusichern. Porsche hat stets bestritten, dass man auf die Aktien Zugriff hatte. Die Optionen „vermittelten keinen Anspruch auf Lieferung physischer Aktien“, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber der WirtschaftsWoche. Wie dies zur Aussage von Wolfgang Porsche passt, der explizit von einem Zugriff auf die Aktien spricht, wollte die Porsche SE nicht erklären.
  • Hinzu kommt: Wenn das Porsche-Spitzenpersonal wusste, dass es Zugriff auf so viele Aktien hatte, musste es zwangsläufig auch gewusst haben, dass am 26. Oktober 2008 nur noch wenige Aktien am Markt verfügbar waren und die Pressemitteilung ein Rattenrennen unter den Hedgefonds auslösen konnte. Die hatten auf einen sinkenden Aktienkurs spekuliert, indem sie geliehene Aktien verkauften. Irgendwann wollten sie diese billiger zurückkaufen und an den Verleiher zurückliefern. Doch jetzt wurden die Stammaktien knapp. Um ihre Leihgaben zurückgeben zu können, kauften sie praktisch jede verfügbare Stammaktie auf – die Hedgefonds verloren Milliarden. Porsche sagt dazu, dass die Pressemitteilung nicht schuld am Kursverlauf gewesen sei. Es seien genug Aktien verfügbar und Panikkäufe nicht nötig gewesen. „Das zeigt sich auch daran, dass alle Leerverkäufer ihre Positionen schließen konnten.“
  • Wenn die Aussage von Wolfgang Porsche richtig sein sollte, dann wäre auch Ferdinand Piëch, der damals sowohl bei Porsche als auch bei VW im Aufsichtsrat saß und von nichts gewusst haben will, im Bild über die Geschäfte gewesen. Dann wäre er verpflichtet gewesen, „den VW-Aufsichtsrat hierüber zu informieren“, sagt Thomas Möllers, Jura-Professor an der Universität Augsburg. „Der Umstand, dass ein Aktionär Zugriff auf mehr als 70 Prozent der Aktien hat, kann einen Anleger in seiner Entscheidung für oder gegen eine Aktie wesentlich beeinflussen“, sagt er. „Die Information wäre damit veröffentlichungspflichtig gewesen.“ Piëch gab hierzu keine Stellungnahme ab.

Wer wann wie viel gewusst hat, vor allem aber, ob die Porsche-Spitze den Aktienmarkt durch Falschmitteilungen manipuliert hat – das beschäftigt Hans Richter seit fünf Jahren. Früh um sieben sitzt der Oberstaatsanwalt am Schreibtisch in einem Hinterhofbau des Stuttgarter Justizgebäudes, und dann interessiert ihn nur noch ein Fall: Porsche. Seine Pensionierung hat er verschoben, um die Ermittlungen noch zu Ende zu bringen. Er ließ durchsuchen, befragte Zeugen, wertete Festplatten aus – bis er sich nach vier Jahren sicher war: Die Herren haben manipuliert.

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