Nächstes Kapitel im Übernahme-Krimi Die dunklen Geheimnisse von VW und Porsche

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Vorwurf der Marktmanipulation

Beteiligte Banker berichten, dass Kredite zu dem Zeitpunkt ausgeschlossen waren und sie dies dem Porsche-Finanzvorstand auch mitgeteilt hätten. Härter gab hierzu gegenüber der WirtschaftsWoche keine Stellungnahme ab. Vonseiten der Porsche SE heißt es: Härter und Wiedeking seien im Oktober 2008 zuversichtlich gewesen, den Kauf weiterer VW-Aktien finanzieren zu können.

Die bereits erworbenen VW-Aktien seien lastenfrei gewesen und hätten als Sicherheit für weitere Kredite verwendet werden können, genauso wie das operative Geschäft von Porsche. „Die in der Pressemitteilung angekündigte Zielsetzung betraf zudem das Jahr 2009 und stand unter dem ausdrücklichen Vorbehalt dann stimmender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen“, so die Porsche SE.

Neben dem bereits angeklagten Vorwurf, das Verschleiern der Übernahmeabsicht stelle eine Marktmanipulation dar, könnte auch eine bewusst irreführende Pressemitteilung für sich noch eine weitere Marktmanipulation darstellen – und in einer Nachtrags-Anklage münden. Gegen weitere Mitarbeiter und den Aufsichtsrat mit Piëch und Wolfgang Porsche wird die Staatsanwaltschaft in dieser Sache allerdings nicht ermitteln, Vorwürfe gegen sie seien bereits verjährt.

Neue Investorenklage

Hauptbeschuldigte im Strafverfahren wegen Verschleierung der Übernahmeabsicht bleiben Wiedeking und Härter. Richter forciert aber auch die Ermittlungen gegen Piëch und Wolfgang Porsche sowie alle weiteren damaligen Porsche-Aufsichtsräte wegen Beihilfe. Ende Oktober läuft die Frist der Verteidiger für ihre Stellungnahmen ab, bis Jahresende will Richter dann über eine Anklage entscheiden.

An der Börse haben einige noch eine Rechnung mit der früheren Porsche-Spitze offen. „Finanzvorstand Härter hat gesagt, dass er VW nicht übernehmen will, aber gleichzeitig das Gegenteil gemacht“, beklagt ein Top-Manager einer deutschen Fondsgesellschaft. Als der VW-Kurs explodierte, machte die Aktie zeitweise ein Viertel der Dax-Kapitalisierung aus.

Weil sie wegen strenger Anlagegesetze gar nicht so viel VW kaufen durften, hinkten Fonds dem Dax hinterher. Indexfonds wiederum, die den Dax nachbilden, mussten auch dessen Verzerrung abbilden und waren deshalb gezwungen, Aktien auch zu extremen Preisen nachzukaufen. So wurden auch ganz normale Anleger geschädigt. Erst am 3. November 2008 deckelte die Deutsche Börse das VW-Gewicht im Dax auf zehn Prozent.

Mögliche Reaktionen bei einer Änderung bzw. beim gleich bleiben des VW-Aktienkurses

Am meisten bluten mussten US-Hedgefonds. Einer ihrer Anwälte spricht jetzt von einem „der größten Raubzüge aller Zeiten“. Porsche habe den VW-Kurs mithilfe der Mitteilung vom 26. Oktober nach oben manipuliert und in einer Art Kartell den Kurs gemacht und die Hedgefonds in die Ecke gedrängt. Die Porsche SE bestreitet das.

Die Entscheidung des OLG, dass Härter und Wiedeking vor Gericht müssen, könnte strafrechtlich ein Wendepunkt sein. Einer Schadensersatzklage von Hedgefonds, über die am Dienstag der kommenden Woche vor dem Landgericht Hannover verhandelt wird, könnte sie Auftrieb geben. Die Fonds, unter ihnen die Branchengrößen Elliott und Perry Capital aus New York, fordern von Porsche und von Ferdinand Piëch sowie Wolfgang Porsche insgesamt 1,8 Milliarden Euro Schadensersatz.

Die Elliott-Anwälte von der Frankfurter Kanzlei Broich wollen einen Fehler der vorherigen Kläger, die alle gescheitert waren, vermeiden. Die Elliott-Zivilklage beim Landgericht Hannover konzentriert sich auf die Pressemitteilung vom 26. Oktober, denn an den beiden Folgetagen haben alle Hedgefonds aufgrund der Porsche-Mitteilung VW-Aktien gekauft. Vorherige Kläger hatten ihr Schadensersatzbegehren dagegen darauf gestützt, dass Porsche Anleger über viele Monate getäuscht habe. Für die Hedgefonds ist es über einen so langen Zeitraum aber nahezu unmöglich, nachzuweisen, dass sie aufgrund von Porsches möglichen Täuschungsmanövern an der Börse gehandelt haben.

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