Neuer VW-Aufsichtsratschef Wer ist Hans Dieter Pötsch?

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Ausgewiesener Finanzexperte ohne Risikofreude

Seit 2003 ist der stets korrekt gekleidete Wirtschaftsingenieur Vorstandsmitglied in Wolfsburg, zunächst ohne festes Ressort. Doch bereits wenige Monate nach seinem Antritt fiel sein Talent für Zahlen auf und er übernahm die Finanzsparte – keine schlechte Entscheidung, wie sich später zeigen sollte.

Investoren und Analysten schätzen seine konservative und solide Liquiditätssteuerung. Trotz teuren Übernahmen, etwa von Porsche und MAN, konnte Pötsch Barreserven in Höhe von mehreren Milliarden Euro anhäufen. Zudem kann sich Volkswagen bei den Banken zu extrem guten Konditionen refinanzieren.

Dabei ist Pötsch kein Freund des Risikos. Das äußerste Wagnis, das der bisherige Finanzchef einzugehen bereit ist, „liegt bei null“, sagte er einmal. Offene Rechnungen oder gar Unsicherheiten schätzt er wie Bauchweh. Die Ungewissheiten, die bei der Aufklärung der Abgas-Affäre auf den Konzern zukommen, dürften Pötsch bereits heute Magenkrämpfe bereiten.

2006 musste Pötsch beinahe gehen

Als sein Meisterstück gilt zweifelsohne die Abwicklung der Übernahme von Porsche durch den Wolfsburger Konzern. Zur Erinnerung: Über komplizierte Aktiengeschäfte und Optionen hatte der viel kleinere Sportwagenbauer aus Stuttgart zunächst versucht, seinerseits Volkswagen zu übernehmen. Das kühne Vorhaben des damaligen Porsche-Chefs Wendelin Wiedeking und seines Finanzjongleurs Holger Härter scheitere – und VW griff selbst zu.

Die komplexen Transaktionen zu entwirren und die Übernahme diskret im Hintergrund abzuwickeln brachte Pötsch großes Vertrauen bei den Mehrheitseigentümern der Familien Porsche und Piëch ein. Dass er den Kauf so geschickt abwickelte, dass trotz der Milliardenströme kaum Steuern anfielen, hat den Familienoberhäuptern in Stuttgart und Salzburg auch gefallen.

Das Vertrauen in den zurückhaltenden Finanzexperten war sogar so groß, dass er bei dem angeblichen Rückzug des Konzernpatriarchen Ferdinand Piëch im Jahr 2013, der dann keiner war, schnell als Kandidat für den Vorstandsvorsitz oder gar die direkte Nachfolge Piëchs im Aufsichtsrat gehandelt wurde.

Doch nicht immer lief es für Pötsch in Wolfsburg so positiv. Bereits 2006 stand er kurz vor der Abberufung aus dem VW-Vorstand: Pötsch wurde von dem damaligen VW-Boss Bernd Pischetsrieder nach Wolfsburg geholt. Die beiden Manager kannten sich aus BMW-Zeiten in den 1980er Jahren, wo Pötsch zwischenzeitlich das Konzerncontrolling leitete. Als Pischetsrieder bei Piëch in Ungnade fiel, wurde er vom Hof gejagt – und seine Vertrauten beinahe mit ihm. Am Ende durfte Pötsch auf Bewährung bleiben – und wurde schnell zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Führungsmannschaft, zu Martin Winterkorns rechter Hand.

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