Offroad oder Straße? Was ein SUV zum Geländewagen macht

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Manchmal entscheiden Millimeter

Entscheidend sind hier die sechs aufgelisteten Kriterien: Die Bodenfreiheit des X4 liegt durchgängig bei 204 Millimetern – also kein Problem. Der hintere Überhangwinkel (gemeinhin auch als Böschungswinkel bezeichnet) liegt mit 22,1 Grad ebenfalls über der Grenze. Der Rampenwinkel mit 19 Grad und der vorderen Überhangwinkel mit 24,7 Grad liegen allerdings darunter – damit erfüllt die Baureihe nur vier von sechs Kriterien.

Mit anderen Worten: Dem X4 fehlen 0,3 Grad oder nur wenige Millimeter an der vorderen Stoßstange zu einer Geländewagen-Zulassung. Bei der Geländefähigkeit ist der Unterschied zwischen einem X3 und X4 nur marginal – und angesichts der breiten Straßenreifen, mit denen die meisten BMW-X-Modelle verkauft werden, auch nicht sehr hoch.

Ein Hersteller, der sehr viel Wert auf sein Offroad-Image legt, ist Land Rover. Mit dem Defender, quasi dem Ur-Typ aller europäischen Nachkriegs-Geländewagen, sind die Briten bekannt geworden. Noch heute haben alle Modelle eine Zulassung als Geländewagen – auch wenn man Fahrzeuge wie den Evoque eher als Lifestyle-SUV denn als reinrassigen Offroader bezeichnen würde.

Boom-Segment dominiert
BMW X6 2007 Quelle: dpa
Land Rover Quelle: dpa
VW T-Roc Quelle: dpa
Skoda Karoq Quelle: obs
Seat Arona Quelle: Spotpress
Hyundai Kona Quelle: Spotpress
Kia Stonic Quelle: AP

Dennoch ist die SUV-sierung nicht spurlos an Land Rover vorbeigegangen. Während unter der Bezeichnung Land Rover derzeit nur noch zwei Modelle mit Offroad-Fokus vermarktet werden (der neue Defender kommt erst 2019 auf den Markt), ist die Range-Rover-Reihe für Geländewagen mit Straßenfokus auf vier Baureihen angewachsen.

Und auch die Land-Rover-Modelle nähern sich immer mehr den SUV an: Der Discovery, bildete über Jahre das kantige „Nutzfahrzeug“ der Marke: Bis zu sieben Sitze, ein riesiges Ladeabteil und ein Innenraum aus robusten Kunststoffen, in dem jeder Drehregler darauf ausgelegt war, dass man ihn auch mit dicken Handschuhen bedienen kann. Dazu kam ein eigenständiger Rahmen aus Stahl, der ihn von den Range-Rover-Modellen abhob.

Wenn es mal kein Diesel sein soll
Mazda CX-5 Skyactiv-G 194 Quelle: Mazda
Mazda CX-5 Skyactiv-G 194 Quelle: Mazda
Mazda CX-5 Skyactiv-G 194 Quelle: Mazda
Mazda CX-5 Skyactiv-G 194 Quelle: Mazda
Mazda CX-5 Skyactiv-G 194 Quelle: Mazda
Mazda CX-5 Skyactiv-G 194 Quelle: Mazda
Mazda CX-5 Skyactiv-G 194 Quelle: Mazda

Mit der aktuellen Version, die im Frühjahr 2017 auf den Markt gekommen ist, sind viele dieser Eigenheiten verschwunden: Statt des Leiterrahmens gibt es eine selbstragende Aluminium-Karosserie, der Innenraum könnte auch aus einem Range Rover stammen und optische Details wie der markante Knick in der Dachlinie oder die asymmetrische Heckklappe wurden glattgebügelt.

Grund hierfür ist die neue Zielgruppe, die das Marketing von Land Rover anpeilt: Statt dem britischen Landadel, der einen komfortablen Allradler mit Offroad-Fähigkeiten braucht, um in den letzten Winkel des eigenen Anwesens zu gelangen, soll jetzt der „urbane Eurasier“ den Discovery kaufen. Vom Land soll der große Geländewagen also als Alltagsauto in die Stadt geholt werden – aber immer mit dem Image des Naturliebhabers.

Während Porsche einen Macan für Werbefotos genauso gut auf eine Rennstrecke wie in die Wüste stellen kann, muss Land Rover mehr für den Erhalt des Offroad-Images machen. Aus diesem Grund findet alle zwei Jahre die „Land Rover Experience Tour“ statt. Mit einem aktuellen Modell – in diesem Jahr der Discovery – soll die Geländegängigkeit der Wagen demonstriert werden. Garniert mit etwas Abenteuer rollt der Konvoi derzeit durch Peru – Wüste, Anden und Regenwald.

Puristisch ist das neue Edel
Volvo XC40 Quelle: Volvo
Volvo XC40 Quelle: Volvo
Volvo XC40 Quelle: Volvo
Volvo XC40 Quelle: Volvo
Volvo XC40 Quelle: Volvo
Volvo XC40 Quelle: Volvo
Volvo XC40 Quelle: Volvo

Für Land Rover geht das Konzept auf: Über 60.000 Deutsche hatten sich auf einen der begehrten Plätze beworben, in Zeitungen, Magazinen und Fernsehen wird darüber berichtet, wie sich das Auto durch riesige Sanddünen gräbt oder dem Hochgebirge trotzt. Und alles nur, damit die Menschen bei dem Namen Land Rover noch an Geländewagen und Abenteuer denken, während sie ihr SUV durch den Großstadtdschungel bewegen.

Die Grenze verschwimmt. Und wird auch immer überflüssiger, da die „reinen Geländewagen“, die dem KBA einst vorschwebten, immer weniger werden.

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