Oldtimer Die dubiosen Geschäfte mit den Superkarossen

Beim Ankauf von Oldtimern für einen Aldi-Erben trieb Kunstberater Helge Achenbach sein eigenes Spiel. Die Affäre zeigt, wie Superreiche in Zeiten niedriger Zinsen in teure Autos investieren.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Kunstberater Helge Achenbach steht neben seinem Bentley S1. Achenbach sitzt seit dem 10.06. wegen Betrugsverdacht in Untersuchungshaft. Quelle: dpa

Allzu viele Details mag Thomas Althoff über die Autos, die ab dem 18. Juli bei den 6. Schloss Bensberg Classics (SBC) antreten, nicht verraten. Aber dann lässt der Hotelier und Fan wertvoller alter Autos doch ein wenig über die Oldtimer heraus, die vor den Toren Kölns zum Concours d’Elegance auflaufen.

Ein Duesenberg-Kompressor-Wagen aus den Dreißigerjahren wird sich bei dem Schönheitswettbewerb unter dem Motto „Very important cars only“ der Jury stellen, auch ein bis ins Detail originaler Bugatti aus den Zwanzigerjahren. Dazu soll einer der raren Alfa Romeo des Typs 8C, der einst den Ruhm der italienischen Automarke begründete, auf die Schlosswiese rollen. Und auch ein aerodynamisch gestylter Mercedes 540 K Roadster in einer Karosserie von Erdmann & Rossi, ebenfalls ein Traumwagen der Dreißigerjahre, hat sich angesagt.

Helge Achenbach im Gespräch mit Franz Rother

Doch dieses Mal lebt das Oldtimer-Treffen im Osten der Domstadt nicht nur von den wunderschönen, äußerst seltenen und teilweise mehrere Millionen Euro teuren Fahrzeugen. Das Edel-Schnauferltreffen steht in diesem Jahr auch unter dem Eindruck der Affäre um den Düsseldorfer Kunstberater und Old-Timer-Vermittler Helge Achenbach, der seit dem 10. Juni wegen Verdacht auf Betrug und Urkundenfälschung in Untersuchungshaft sitzt. Achenbach bestreitet alle Vorwürfe.

Oldtimer-Virus aus Bensberg

Denn jene Geschichte nahm vor fünf Jahren bei der ersten SBC ihren Anfang. Damals hatte der Rheinländer den inzwischen verstorbenen Berthold Albrecht und dessen Frau Babette überzeugt, die Veranstaltung zu besuchen. Irgendwann im Verlauf des Tages, beim Wandeln zwischen den automobilen Preziosen auf dem Rasen und dem Gespräch mit ihren Besitzern, sprang damals der Oldtimer-Virus auf den milliardenschweren Aldi-Erben über.

Die Folge: Nur wenige Wochen später besuchte Albrecht zusammen mit Achenbach die Kienle Automobiltechnik in Heimerdingen bei Stuttgart. Klaus Kienle, Gründer des weltgrößten Restaurationsbetriebes für Mercedes-Fahrzeuge, hatte in Bensberg ein exklusives Einzelstück vorgestellt: einen Mercedes 380 K von 1934, das erste Cabriolet der Welt mit einem klappbaren Blechdach. „Das Auto war von Mercedes als Versuchsfahrzeug gebaut worden, mit einer speziellen Dachkonstruktion und einem besonderen Motor – ein absolutes Goldstück“, schwärmt Kienle.

Schaulaufen der Schönsten: Concours d’Elegance im kalifornischen Beverly Hills Quelle: dapd

Kienle, über die Seltenheit des Fahrzeugs sehr wohl im Bilde, hatte den Kaufpreis hoch angesetzt. „Doch Achenbach war ein harter Verhandler“, erinnert sich der Oldtimer-Händler. Nach hartem Gefeilsche einigte er sich mit Achenbach und Albrecht schließlich auf eine Summe von rund einer Million Euro. „Aus heutiger Sicht war das fast ein Schnäppchen“, findet Kienle.

Nicht nur, weil der Wagen später auf internationalen Schönheitswettbewerben etwa in Kuwait und im kalifornischen Pebble Beach zahlreiche Preise einheimste und so an Wert zulegte. Zugleich explodierte weltweit die Nachfrage nach hochkarätigen Oldtimern. „Der Mercedes 380 K würde heute auf einer Auktion einen Preis erzielen, der zwei- bis dreimal so hoch ist wie vor Jahren“, ist Kienle sicher.

Albrecht fand jedenfalls rasch Gefallen an seinem Investment, Achenbach an seinem neuen Tätigkeitsfeld. Bis zu seinem Tod im November 2012 kaufte der Aldi-Erbe, einer der beiden Söhne von Aldi-Nord-Gründer Theo Albrecht, eine Flotte von 15 hochkarätigen Schnauferl zusammen.

Mithilfe von Achenbach und der Beratung unter anderem durch Florian Zimmermann, den früheren Leiter des Mercedes-Benz Classic Centers in Fellbach bei Stuttgart, erwarb er nach dem Mercedes 380 K auch noch einen 86 Jahre alten Mercedes 680 S Roadster mit einem avantgardistischen Aufbau des französischen Karossiers Saoutchik. Ein ähnliches Fahrzeug wurde im vergangenen Jahr für umgerechnet knapp 6,2 Millionen Euro versteigert.

Rennwagen als Garagengold

Zudem kaufte Albrecht für angeblich 9,6 Millionen Euro einen Ferrari-Rennwagen vom Typ 121 LM aus dem Jahr 1955, hübsch anzusehen, aber schwer zu bändigen und meist auch sehr unzuverlässig. Die Fahrzeuge wurden vom Werk früher unter anderem beim heutigen Oldtimer-Rennen Mille Miglia und bei den 24 Stunden von Le Mans eingesetzt.

Nichts für zarte Hände war auch ein anderes Auto in Albrechts Sammlung: ein Bentley 8 Litre, das letzte der 62 Exemplare, die noch unter der Regie des Firmengründers und vor dem Verkauf an Rolls-Royce verkauft wurden. Der Marktwert des Autos dürfte heute bei 1,5 Millionen Euro liegen. Ein weiterer Ferrari 250 GT Berlinetta aus der Sammlung Albrecht wird nach Auktionsergebnissen ähnlicher Fahrzeuge von Experten auf einen Wert von über sieben Millionen Euro geschätzt.

Der Grund dafür, dass der Markt für Oldtimer seit drei Jahren so heiß läuft, ist simpel: Wer Aktien und Immobilien bereits besitzt und konventionelle Geldanlagen aufgrund der Niedrigzinsen scheut, investiert derzeit in Kunst und seltene alte Autos. Die Werke sind leicht rund um die Welt zu transportieren, ihre Stückzahl ist begrenzt.

Und Kauf wie Verkauf sind, wenn man es geschickt anstellt, nicht einmal steuerpflichtig. Die Nachfrage nach gut erhaltenen und seltenen Oldtimern bekannter Marken wie Mercedes, Ferrari, Porsche oder Maserati ist demzufolge so groß, dass seit zwei Jahren bei Auktionen immer neue Rekordpreise erzielt werden. Gewerbliche Händler haben inzwischen allergrößte Mühe, neue Fahrzeuge für interessierte Kunden zu bekommen.

von Thorsten Firlus

„Die großen Sammler geben ihre Autos nicht her, was sollten sie mit dem Verkaufserlös denn auch machen?“, umschreibt Dietrich Hatlapa das Dilemma. Der ehemalige Direktor der Bank ING Barings leitet in London die Historic Automobile Group International (HAGI), die sich auf die Beobachtung des Markts für klassische Fahrzeuge spezialisiert hat und den HAGI-Index erstellt. Dieser gilt unter Experten als eine Art Preisbarometer für historische Fahrzeuge mit einem Marktwert jenseits von 100 000 Pfund, umgerechnet rund 125 000 Euro. In diese Preisklasse fallen weltweit etwa noch 300 000 Autos.

Deutlich schwächer besetzt ist die Preisklasse der Oldtimer, die ihren Liebhabern eine Million Pfund (1,2 Millionen Euro) und mehr wert sind. Hatlapa schätzt ihre Zahl auf etwa 2000. Von denen stehen zurzeit wenige Hundert überhaupt zum Verkauf, und das weltweit. Wohl dem, der da wie die Unternehmer Jürgen Großmann, Hans Peter Stihl oder Martin Viessmann, Besitzer der weltweit größten Mercedes-Sammlung außerhalb des Werks, frühzeitig großen Stils ins Geschäft mit automobilem Kulturgut eingestiegen ist.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%