




Der Roadster sieht aus, als hätte es früher auf einem Kinderkarussell Kreise gedreht: Keine drei Meter ist das grauweiße Wägelchen lang und gerade mal 1,20 Meter breit. In den 50er Jahren, klärt mich der Verkäufer auf, sei der Kleinschnittger 125 das Traumauto des kleinen Mannes gewesen. Waren die Menschen damals wirklich so klein? Meinen Großvater habe ich irgendwie größer in Erinnerung, denke ich, während mich der Oldtimer-Spezialist von Thiesen aus Hamburg („Automobile Raritäten) auf dem Stand in Halle 10 der Essener Motorshow munter weiter zutextet. Er erzählt mir vom Hersteller, der nach dem Krieg im Sauerland eine Autoproduktion aufzog und dort bis 1957 das kleinste Serienauto der Welt produziert habe. Die Karosserie sei aus Aluminium getrieben gewesen, der Einzylinder Motor unter der Haube – die beim Verkaufsobjekt aus unerfindlichen Gründen mit einem kleinen Bügelschloss gesichert ist, mobilisiere fünf Pferdestärken, mit denen der nur 150 Kilo schwere Sportwagen in „Nullkommanichts“ auf 65 km/h beschleunige.
2300 Deutsche Mark, lese ich später, musste der deutsche Arbeiter 1952 hinblättern, um mit diesem Autozwerg auf die Piste gehen zu können. Und heute? Ein weißes Stück Papier, auf einem edlen Träger aus Acryl eingespannt, weist einen Preis von 39.500 Euro aus.





Das muss ja wohl ein Irrtum sein, oder? Keineswegs, werde ich belehrt. Der 1952 gebaute Wagen sei einer der seltensten Kleinwagen – von den einst knapp 2000 Exemplaren hätten nur wenige überlebt. Ende der 70er Jahre komplett restauriert, gerade frisch lackiert und umfangreich überarbeitet, die Geschichte sei lückenlos dokumentiert. Außerdem sei im Kaufpreis eine umfangreiche Literatursammlung enthalten. Alles gute Argumente, sicher. Aber für knapp 40.000 Euro sollte es schon etwas repräsentativeres sein, finde ich und lasse meinen Blick schweifen. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Mercedes 190 SL aus 1958? Schwarz mit rotem Leder – für „nur“ 115.000 Euro? Gleich nebenan sticht mir ein früheres Formel-1-Auto ins Auge.
Michele Alboretto, klärt mich eine Tafel auf, ist mit einem solchen Ferrari 156/85 zur Vizeweltmeisterschaft gefahren. Eine halbe Million soll der Bolide nun kosten, inklusive dreier Reifensätze. Oder wie wäre es mit einem Horch 853 Sportcabriolet von 1937? Wunderschön anzusehen, bestens erhalten – für 630.000 Euro. Ein Porsche 356 von 1962 ist etwas dezenter, als Cabrio genauso luftig, aber deutlich kleiner als der mächtige Horch. Preiswerter ist er dennoch nicht: Sein aktueller Besitzer hätte gerne 850.000 Euro für den Carrera 2. Die Erklärung: Der Wagen hat einen seltenen, 130 PS starken Motor, dessen Ventile von so genannten Königswellen gesteuert werden.