Der Haken: Daimler baut in diesem Werk keine Arbeitsplätze auf, sondern ab. Insgesamt 650. Denn statt die Nutzfahrzeuge für den US-Markt in Düsseldorf bauen und verschiffen zu lassen, soll in South Carolina ein US-Werk für den Sprinter entstehen. Die große Nachfrage rechtfertigt das. Hinzu kommt, dass Daimler bislang auch den baugleichen VW Crafter in Düsseldorf produziert hat. Doch künftig geht Volkswagen eigene Wege und fertigt den Crafter in einer neuen Fabrik in Polen. Es fallen also gleich zwei Projekte weg, in denen die verbliebenen Opelaner in ihrem alten Job arbeiten könnten.
Auch auf dem ehemaligen Werksgelände entstehen neue Arbeitsplätze. Mehr als die Hälfte der Gesamtfläche ist bereits wieder vergeben, sagt Rolf Heyer, Geschäftsführer der Initiative Bochum2022, die das Gelände verwaltet. Auch das alte Verwaltungsgebäude, der markante Backstein-Bau, sei bereits verkauft. Auf dem Gelände siedeln sich Firmen wie DHL, Goldbeck und Harpen an, auch die Ruhr-Universität Bochum baut dort. „Die Investoren haben uns zugesagt, dass bis 2020 1000 Arbeitsplätze entstehen“, sagt Heyer. Ob Ex-Opelaner dafür infrage kommen, ist noch nicht klar.
Davon abgesehen ist nicht nur die IG Metall unzufrieden mit der Arbeit des TÜV Nord. Auch einige der Ex-Mitarbeiter sind unzufrieden: „Wer einen Maschinenbauingenieur berät, muss zwar kein Maschinenbauingenieur sein, aber ein Berater sollte sich in den zu beratenden Berufsbildern einigermaßen auskennen“, sagt beispielsweise der Wirtschaftsingenieur Dieter Welwei, Jahrgang 1962, der 36 Jahre bei Opel in Bochum gearbeitet hat.
Außerdem hätte er sich eine Clusterung nach Berufsgruppen gewünscht. Bei den alle zwei Wochen stattfindenden Treffen, bei denen auf einen Berater gut 50 Mitarbeiter kamen, seien sowohl Ingenieure, als auch Produktionsmitarbeiter und sonstige Fachkräfte gleich behandelt und beraten worden, obwohl die Bedürfnisse völlig unterschiedlich seien. „Es gab in der Beratung wenig Unterschiede nach Beruf oder Qualifizierung“, so Welwei. Seiner Ansicht nach habe die Transfergesellschaft nicht viel gebracht.
Opel in Bochum von 1962 bis 2014
Das Werk entsteht nach ungefähr zwei Jahren Bauzeit auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Dammbaum. Das erste Auto, das vom Band rollt, ist ein Kadett A. Das Werk ist für 10.000 Beschäftigte konzipiert, viele der damaligen Arbeiter kommen aus dem Bergbau.
Der Mittelklassewagen Olympia kommt ins Programm. Drei Jahre später sind es der Ascona und der legendäre Manta, die ab 1970 in dem Werk vom Band rollen.
Höchststand bei der Beschäftigung: Zum Jahresende arbeiten mehr als 20.000 Menschen im Bochumer Opel-Werk.
Der Personalstand schwankt nach Angaben der Bochumer Werksleitung zwischen 15.000 und 17.000.
Der Astra löst den Kadett ab. Bis 2004 wird das Fahrzeug gefertigt, ab 1999 der Siebensitzer Zafira.
Die Konzernmutter General Motors legt einen drastischen Sparplan für die europäische Tochter auf, bei der bis 2006 rund 10.000 Stellen gestrichen werden sollen. Opel beschäftigt in Bochum noch etwa 9000 Mitarbeiter.
Betriebsrat und Management unterschreiben einen „Zukunftsplan“, der die Existenz des Bochumer Werks sichern soll. In dem Jahr kommt ein neues Zafira-Modell nach Bochum.
GM kündigt einen weiteren drastischen Stellenabbau von Opel in ganz Europa an, rund 9000 der noch 55.000 Stellen sollen wegfallen.
Seit dem Jahr wird der Zafira Tourer in Bochum gebaut. Es ist vermutlich die letzte Produktionslinie an dem Standort.
Opel beschäftigt noch rund 3200 Menschen in Bochum. Seit Bestehen wurden in dem Werk 13,5 Millionen Autos gebaut. Das Werk besteht nun seit 50 Jahren.
Die Bochumer Belegschaft sagt Nein zu einem neuen Sanierungsplan, der die Autoproduktion bis Ende 2016 vorsieht. Der Opel-Aufsichtsrat beschließt darauf das Aus für das Werk. Nur ein Warenverteilzentrum soll erhalten bleiben.
Am 5. Dezember läuft der letzte Zafira vom Band, am 12. Dezember schließt das Werk seine Pforten endgültig.
Auch Thomas S., 51 Jahre alt, gelernter Kfz-Mechaniker, seit 32 Jahren bei Opel, ist enttäuscht: „Die Transfergesellschaft beim TÜV Nord ist ein Flop“, sagte er. „Alle zwei Wochen müssen wir dorthin und mit unserer Beraterin reden. Immer wieder wird uns das Gefühl vermittelt, das die ehemaligen Opel-Mitarbeiter ungern gesehen sind.“ In dasselbe Horn stößt auch Giesler: „Die Maßnahmen vom TÜV Nord kamen uns eher mau vor. Es hat deswegen auch mehrere Gesprächsrunden mit der Agentur für Arbeit und Opel gegeben. Die waren auch nicht glücklich mit der Arbeit des TÜV Nord.“
Beim TÜV Nord sieht man die Sache anders: „Ich wehre mich gegen den Vorwurf, dass da jetzt Leute Not haben, weil wir nicht genug gemacht haben“, sagt Hermann Oecking. Die Qualifizierungsmaßnahmen seien zum Großteil klassische Weiterbildungen aus dem Metall- und Elektrobereich gewesen: vom CNC-Fräsen über Stanz- und Umformtechnik bis zu Lager und Logistik seien alle Qualifizierungen dabei gewesen. Außerdem habe man Existenzgründungsseminare angeboten und Opel-Mitarbeitern ermöglicht, einen Lkw-, Bus- oder Triebwagen-Führerschein zu machen.