Opel Bochum Warum der Ärger in Bochum noch weitergeht

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Was die Vermittlung der Opelaner erschwert hat

Dass es dennoch nicht so gut lief, wie im Jahr 2010 habe vor allem drei Gründe, so Oecking: „Wir haben zum einen die Schwierigkeit des Alters, dann der Mobilität und letztlich der Entgeltdifferenz: Ich werfe niemandem vor, zu viel verdient zu haben, aber was jemand als Meister bei Opel bekommen hat, wird er als Fachkraft für Lager- und Logistik eben nicht bekommen.“

So habe der Altersdurchschnitt bei der ersten Transfergesellschaft zwischen 40 und 45 Jahren gelegen, Betriebszugehörigkeit 25 Jahre. „Wir hatten hier einen Altersdurchschnitt von etwa 52 Jahren. Das sind natürlich andere Bedingungen“, sagt er. Dass ein 40-Jähriger leichter einen Job bekommt, als ein 52-Jähriger, leuchtet ein.


TÜV Nord und IG Metall machen sich gegenseitig Vorwürfe

Und bei manchen Jobs habe schlicht keine Eile bestanden. „Die Mitarbeiter wussten natürlich, dass ihnen der Job als Lkw-Fahrer nicht wegläuft. Viele wollten ihn aber erst annehmen, wenn die Transfergesellschaft zu Ende ist“, so Oecking. Schließlich gibt es so lange noch die 80 Prozent vom letzten Gehalt – bezahlt von Opel und der Arbeitsagentur. Als Fernfahrer verdient man vermutlich deutlich weniger – warum sich also eilen? Wiederum andere hätten für sich die Rechnung aufgemacht, dass sie mit Arbeitslosengeld genauso viel netto heraushaben, wie sie als Lagerist netto verdienen würden.

Oecking spricht es zwar nicht deutlich aus, aber der Vorwurf, dass es sich einige bis zum Stichtag in der Transfergesellschaft bequem gemacht hätten – Gesprächskreis bei nahezu vollem Gehalt statt Waschmaschinen reparieren – steht im Raum. Vermittlungsprämien wie aus dem Jahr 2010, hätten daran vielleicht etwas ändern können, so Oecking. Hierüber sei man sich mit der IG Metall jedoch nicht einig geworden.

Eine Geisterstadt mitten im Ruhrgebiet
Ehemaliges Opel Werk Bochum Quelle: dpa
Abrissarbeiten bei Opel in Bochum Quelle: dpa
Ehemaliges Opel Werk Bochum Quelle: dpa
Ehemaliges Opel Werk Bochum Quelle: dpa
Ehemaliges Opel Werk Bochum Quelle: dpa
Ehemaliges Opel Werk Bochum Quelle: AP
Ehemaliges Opel Werk Bochum Quelle: dpa

Die habe den TÜV Nord als Betreiber der Transfergesellschaft am liebsten ganz loswerden wollen, wie Giesler anklingen lässt. „Es wurde nicht genügend Energie investiert, um die Kollegen und Kolleginnen für einen anderen Arbeitsmarkt fit zu machen“, sagt er. „Da gab es dann ein Speed-Dating mit 30 Arbeitgebern. Wenn jeder von denen zehn Leute sucht, werden also bestenfalls 300 vermittelt. Und was ist mit den übrigen 1000? Das war alles nicht nachhaltig.“

Trotzdem habe man von Seiten der Gewerkschaft darauf gehofft, dass es im zweiten Jahr der Transfergesellschaft, wenn der Schock bei der Belegschaft nachgelassen hat, mehr Opelaner vermittelt würden. „Doch das ist nicht passiert“, zieht Giesler Bilanz.
Oecking widerspricht: „Insgesamt haben wir bis jetzt 1002 Menschen vermittelt.“ Davon sind ihm zufolge 872 Vermittlungen bis zum Stichtag am 31. Dezember 2016 zustande gekommen, 103 Ex-Opelaner haben zum 1. Januar 2017 einen neuen Job aufgenommen. 27 haben sich selbstständig gemacht oder machen sich 2017 selbstständig. Das geht aus den Zahlen des TÜV Nord, Stand 13. Januar 2017, hervor.

Von den erfolgreich vermittelten ehemaligen Mitarbeitern war für ein Gespräch niemand bereit. „Sie möchten sich jetzt, verständlicherweise, auf ihre neue Arbeit konzentrieren und deshalb nicht in der Presse erscheinen“, hieß es von Seiten des TÜV Nord.

Unabhängig davon, wie es den Ex-Opelanern heute geht, ist der Fall Opel Bochum längst noch nicht abgeschlossen. Seit vier Jahren beschäftigt die Werksschließung unter anderem das Landgericht Darmstadt. Am Dienstag wird dort wieder verhandelt, ob es rechtens war, das Werk 2014 zu schließen. Geklagt hatte Rainer Einenkel, ehemaliges Aufsichtsratsmitglied der Adam Opel AG. Und das schon im August 2013, also gut anderthalb Jahre vor der endgültigen Schließung des Werkes. Ein Urteil fällt vermutlich nicht.

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