Opel Der Milliardenpoker um das Krisenunternehmen

Seite 2/3

Ein Deal mit vielen Fragezeichen

Für PSA wiederum wäre Opel kein guter Kauf, „denn beide Konzerne sind in ähnlichen Segmenten tätig, bauen ähnliche Fahrzeuge – sie würden sich gegenseitig Konkurrenz machen“, sagt Analyst Frank Schwope von der Nord/LB. Zudem Opel nicht einmal ein funktionierendes Deutschlandgeschäft, in dem die Franzosen schwach sind, mitbrächte. Mehr als 22 Prozent seiner Autos verkauft Opel in Deutschland, 2016 wurden jedoch laut Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen knapp 43 Prozent davon auf Hersteller oder Händler zugelassen. Solche Autos werden anschließend mit hohen Rabatten in den Markt gedrückt. Hohe Rabatte bedeuten aber geringe Margen und im Fall Opel Verluste.

Wie wenig Opel noch in Opel ist
Opel Adam Quelle: Opel
Opel Karl Quelle: Opel
Opel Corsa Quelle: Opel
Opel Mokka X Quelle: Opel
Opel Ampera-e Quelle: Opel
Opel Astra Quelle: Opel
Opel Cascada Quelle: Opel

Die letzte vorliegende Bilanz der Adam Opel AG lässt den Betrachter gruseln. Zum 31. Dezember 2015 weisen die Opelaner Verluste von gut sieben Milliarden Euro aus. Damit war mehr als das komplette Eigenkapital von knapp 5,6 Milliarden Euro aufgebraucht. Opel war zum 31. Dezember 2015 mit 16,6 Prozent überschuldet, inklusive unterdotierter Pensionsrückstellungen sogar um 22,1 Prozent. Ein klares Zeichen für eine mögliche Insolvenz. Allerdings führte ein Finanzierungskonzept, eine Sicherstellung des Liquiditätsbedarfs bis Anfang 2018 und eine aus dem Geschäftsplan bis 2019 abgeleitete positive Fortbestehungsprognose dazu, dass „nach Insolvenzordnung keine Überschuldung“ vorlag, wie es im Jahresabschluss heißt.

Der Bilanzverlust über sieben Milliarden Euro ist längst nicht der einzige Ballast, den Opel mit sich schleppt. Rückstellungen summierten sich auf gut 6,2 Milliarden Euro. Demgegenüber stand als Vermögen wenig. An langfristigen Anlagen wie Unternehmensbeteiligungen oder Lizenzen bilanzierte die Adam Opel AG gerade einmal knapp 4,4 Milliarden Euro. Läppische 100,9 Millionen Euro lagen in der Kasse. Was will man mit so einem Unternehmen? PSA könne es vor allem darum gehen, Synergien beim Einkauf, in der Verwaltung und in der Entwicklung zu heben. Opel droht dann der Aderlass. PSA-Chef Tavares ist ohnehin bei den Gewerkschaften als Sanierer gefürchtet, seitdem PSA in vier Jahren 17.000 Stellen reduzierte.

Der französische Patient

PSA könnte immerhin auf einen Schlag seine Absatzzahlen erhöhen. „Stückzahlen sind nicht unsere Priorität“, sagte Tavares aber noch vor einem Jahr. Der Portugiese präsentierte damals am Pariser Sitz des Autoherstellers seinen Plan „Push to Pass“. Von ehrgeizigen Wachstumszielen beim Autoverkauf war da nicht die Rede. Stattdessen wollte Tavares die Konkurrenz mit neuen Technologien angreifen. Ein weiterer Pfeiler, den er nannte: die Internationalisierung. „Die zu hohe Abhängigkeit von Europa hat das Unternehmen beinahe mit dem Leben bezahlt“, erinnerte er an die PSA-Krise von 2013, die vor Tavares’ Antritt eine rettende Geldspritze des chinesischen Investors Dongfeng und des französischen Staates nötig machte.

Wird aus der Zusammenarbeit zwischen Opel und dem französischen PSA-Konzern mehr? Peugeot und Citroën prüfen eine Übernahme von Opel. Doch noch ist vieles unklar. Die Fakten in der Übersicht.
von Sebastian Schaal

Deshalb erstaunt es umso mehr, dass PSA das Europageschäft von GM übernehmen will. Zwar verkaufen sich PSA-Modelle besser in Südeuropa, während sie in Deutschland unterdurchschnittlich oft zu sehen sind. Ein Zusammenschluss würde dennoch einen Wettbewerb mit Modellen ähnlicher Ausstattung und Preisklassen auf dem europäischen Markt bedeuten. Und ob ein anderer möglicher Vorteil greift, ist zweifelhaft: „Opel durfte zuletzt in China keine Autos mehr unter dem eigenen Label verkaufen, weil GM dort andere Marken wie Buick favorisierte“, sagt Schwope. Das Gleiche gilt für den US-Markt. China ist der größte Automarkt der Welt, Amerika der profitabelste. Könnte Opel dort einsteigen, wäre das eine Chance. Die allerdings müsste der neue Eigentümer teuer finanzieren.

Ob PSA das kann? Nach dem ersten Halbjahr 2016 betrug die Nettofinanzposition zwar sechs Milliarden Euro. Schwope schätzt aber, dass allein Opel bei einer Übernahme drei bis sieben Milliarden Euro wert sein könnte. Allerdings würde sich der Käufer, resultierend aus der desaströsen Opel-Bilanz, auch Lasten über gut neun Milliarden Euro ans Bein binden. Es sei denn, GM spränge ein und löste einen Teil dieser Last ab, was etwa bei den Pensionsrückstellungen denkbar wäre.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%