
Wenn Opelaner träumen wollen, dann gehen sie in ihr Werksmuseum in Rüsselsheim. Hier stehen die großen Erfolge der Vergangenheit: Ein feuerroter Opel GT zum Beispiel, schnittig und sportlich. Oder ein weißer Opel Kapitän, verziert mit Blattgold. Es waren Autos wie diese, die immer wieder dafür sorgten, dass man in Rüsselsheim die vermeintlich gute alte Zeit beschwor – und darüber ein wenig die Gegenwart vergaß.
Auf dem Autosalon in Genf zeigt Opel nun, dass man auch ganz rational kann. Mit dem Karl haben sie ein neues Einstiegsmodell mitgebracht, das nicht nur einen sehr deutschen Namen hat, sondern auch knapp kalkuliert ist. Mit einem Einstiegspreis von 9.500 Euro soll der Kleine den Konkurrenten wie dem VW Up oder dem Kia Picanto einheizen – und den Opel-Absatz kräftig ankurbeln. Immerhin ist das Segment in Europa das drittgrößte. Nur das SUVs sind in der Zulassungsstatistik noch erfolgreicher.
Schon vor dem offiziellen Start deutet sich an, dass der Karl durchaus das Potenzial zum Bestseller hat. Obwohl die meisten Autokäufer bisher nicht mehr als ein Prospekt und ein paar Fotos von ihm gesehen haben, liegen schon 15.000 Bestellungen für den Kleinen vor – allein in Deutschland. Damit dürfte der Karl auf Anhieb erfolgreicher sein als das bisherige Einstiegsmodell Agila, das sich im Gesamtjahr 2014 in Europa etwa 12.000 Mal verkauft hat.
„Unsere Kleinwagen spielen eine wichtige Rolle bei unseren Wachstumszielen“, sagt Opel-Vertriebschef Peter Christian Küspert. Fast jeder dritte Opel wird in diesem Segment verkauft. Und die Modellpalette ist gerade runderneuert worden.
Um den stylischen Adam hat Opel eine ganze Modellfamilie gebaut, die auf über 130.000 Bestellungen kommt. Der Corsa ist auch noch kein halbes Jahr alt und hat mit über 120.000 Vorbestellungen ebenfalls die Erwartungen übertroffen.
Die Messlatte für den jüngsten Zuwachs liegen darum hoch: Bei den neuen Modellen Adam und Mokka können sich die Eroberungsraten, also der Anteil der Autokäufer, die vorher keinen Opel gefahren haben, sehen lassen. Sie liegen bei über 60 Prozent.
So hoch dürfte sie beim Karl wohl nicht ausfallen. Denn auch erfahrene Opel-Fahrer sollen mit dem neuen Modell gelockt werden. In dem Segment sind viele Zweitwagen unterwegs, der Markt gilt als umkämpft. Als Bonus soll es das in den USA verbreitete „OnStar-Sytem“ vom Mutterkonzern GM, das beispielsweise einen Diebstahlschutz und mobiles Wifi ermöglicht, im ersten Jahr kostenlos dazu geben – allerdings nur für die höheren Ausstattungsvarianten.
Dabei schwingt auch die Hoffnung mit, dass die Käufer auch bereit sind, für den Karl ein bisschen mehr Geld als den Einstiegspreis in die Hand zu nehmen. Ohnehin geben sich die Opelaner große Mühe, trotz des geringen Kaufpreises nicht in eine Reihe mit Billigheimern wie Dacia gestellt zu werden. „Nicht der Preis, sondern die Ausstattung entscheidet“, sagt Opel-Chef Karl-Thomas Neumann.
Schon bei der Ankündigung des neuen Modells via Twitter hatte Neumann betont, dass der kein Billigmodell sei, sondern ein echter Opel – mit deutscher Ingenieurskunst. „Alles, was Sie als Kunde sehen und anfassen, wurde in Rüsselsheim entwickelt und designed“, betont auch Martin Golka, Kleinwagen-Experte bei Opel.





So richtig deutsch ist der Karl trotz seines Namens aber nicht. Technisch setzt er auf dem Chevrolet Spark auf, der vom Mutterkonzern GM in Südkorea entwickelt wurde. Und genau dort wird der Opel Karl auch gebaut. Anders als beim Adam bietet das neue Einstiegsmodell der Opelaner darum auch deutlich weniger Möglichkeiten zur Individualisierung.
Immerhin dauert es zwei bis drei Monate um einen Karl aus Korea nach Deutschland zu schiffen – da darf man bei den Spezifikationen nicht zuviel Auswahl geben. Der Käufer hat die Wahl aus drei Ausstattungslinien und zehn Farben.