Aber kann Ellison wirklich ausreichend Distanz wahren, wenn er derart begeistert ist? Seine Lebensmaxime „Sachen selbst durchdenken und nicht annehmen, dass Experten automatisch recht haben“ könnte auch von Musk stammen.
Ellisons Wunsch, es allen und ganz besonders dem Establishment zu zeigen, hat sicher auch mit seinem Werdegang zu tun. Seine kränkelnde Mutter gab ihn im Alter von neun Monaten zu Verwandten, die ihn adoptierten. Nach Abbruch seines Studiums ging er 1966 nach Berkeley, wo er sich als Programmierer verdingte. 1977 gründete er mit Geschäftsfreunden ein eigenes Softwareunternehmen, das sich auf moderne Datenbanksysteme spezialisierte – und dessen wichtigster Kunde und Geldgeber zunächst die CIA war. In den folgenden Jahren setzte sich Oracle, ähnlich wie SAP, als Standard bei Geschäftssoftware durch. „Es gab durchaus bessere Produkte“, erinnert sich der Silicon-Valley-Managementberater Geoffrey Moore. „Aber Larry ist ein begnadeter Verkäufer, der stets auf Wachstum drängt.“
Mit ähnlicher Leidenschaft ist auch Musk bei der Sache – und das auch dann, wenn es finanziell knapp wird. Wie Musk hat auch Ellison um ein Haar alles verloren, in den frühen Neunzigerjahren geriet Oracle wegen Problemen mit einer neuen Generation seiner Datenbank in Geldnot. Doch das ist lange her. Mit einem geschätzten Vermögen von 60 Milliarden Dollar steht der Oracle-Gründer in der Rangliste der reichsten Bewohner des Silicon Valley aktuell ganz vorne. Und das zeigt er auch: Ellison besitzt Jets, zwei Jagdflugzeuge, mehrere Superyachten und hat in Hawaii gleich eine ganze Insel gekauft. Im Jahr 2000 setzte er mit einem Heer von Anwälten durch, dass Flugzeuge in San José auch nachts landen dürfen. Fortan konnte er jederzeit mit seiner Gulfstream V auf der Landebahn aufsetzen.
Zahlreiche Liebschaften haben früher die Kolumnen der Tageszeitung „San José Mercury News“ gefüllt. Ellison ist bisher viermal verheiratet gewesen, zuletzt mit der Schriftstellerin Melanie Craft. Das Bild eines Egomanen beförderte auch der US-Journalist Mike Wilson mit seinem 2003 erschienenen Enthüllungsbuch „Der Unterschied zwischen Gott und Larry Ellison“. Auf das Werk will der Oracle-Gründer auch heute noch nicht angesprochen werden.
Tatsächlich kultiviere dieser sein Image als Bad Boy, sei im persönlichen Umgang aber wesentlich netter, als man annehmen würde, sagen Weggefährten. Fachlich halten die ihn ohnehin für über jeden Zweifel erhaben. „Es gibt niemanden, von dem ich mehr gelernt habe als von Larry“, schwärmt etwa Marc Benioff, der früher selbst bei Oracle arbeitete und als Gründer von Salesforce selbst zum Milliardär wurde. Ellison hatte auch in Salesforce investiert. „Larry ist nach all den Jahrzehnten hier im Valley immer noch einer der genialsten Köpfe“, sagt auch Tom Siebel, der sein gleichnamiges Unternehmen im September 2005 für 5,8 Milliarden Dollar an Oracle verkauft hat.
Heikel wird es nur, wenn sich Ellisons Leidenschaften für Software und Segeln in die Quere kommen. So wie im Jahr 2013. Da musste ein anderer, sichtlich peinlich berührter Top-Manager, dem zahlreich erschienenen Publikum bei der wichtigen Kundenmesse Oracle OpenWorld verkünden, dass der Gründer des Unternehmens leider ausgerechnet heute unabkömmlich sei. Tatsächlich feuerte der in der Nähe der Golden Gate Bridge von seiner Yacht aus sein Team beim Rennen um den America’s Cup an. Während immer mehr Kunden schimpfend den Vortragssaal verließen, gewann das Boot das Rennen – und später trotz eines zuvor gewaltigen Rückstands auf Wettbewerber Neuseeland auch die begehrte Trophäe.
Auch die Szene könnte von Musk stammen. Wie Larry hat auch Elon keine Probleme damit, Weggefährten und Kunden vor den Kopf zu stoßen. Er geht einen sehr eigenen Weg – in Zukunft mit einem neuen, starken Freund.