Porsche-Holding Der Generationswechsel kommt – ein bisschen

Porsche-Holding: Der Generationswechsel im Aufsichtsrat kommt Quelle: dpa

Bei der mächtigen Porsche-Holding steht die nächste Generation vor dem Einzug in den Aufsichtsrat. Warum der Nachwuchs trotzdem eine Weile in der zweiten Reihe sitzen bleiben wird.

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Von seinem Büro aus kann Wolfgang Porsche den Wandel genau beobachten. Selbst der alte Backsteinbau im Zentrum des Porsche-Werks in Stuttgart-Zuffenhausen bleibt nicht verschont. Um die Produktion des Elektroautos „Mission E“ auf dem Gelände unterbringen zu können, wird derzeit das komplette Werk umgebaut. Direkt unter dem einflussreichen Vertreter der VW-Eigentümerfamilien Porsche/Piëch werden im Erdgeschoss künftig Neuwagen an Kunden übergeben. Der alte Raum für Kundenevents musste einer Produktionshalle weichen. Draußen lärmen unablässig die Baumaschinen vorbei, damit der erste Elektro-Porsche wie geplant 2019 in Serie gehen kann.

„Wandel“ ist derzeit ein häufig gebrauchtes Wort in Stuttgart. Porsche versucht, die Dieselaffäre abzuschütteln und sich mit E-Auto und digitalen Angeboten als Treiber des Mobilitätswandels zu profilieren. Als Aufsichtsratsvorsitzender der VW-Dachgesellschaft Porsche SE versucht Wolfgang Porsche, den ungleich größeren Kulturwandel bei Volkswagen zu begleiten. Auf der Hauptversammlung der Porsche SE am Dienstag will er den Wandel in den eigenen Reihen vorantrieben – und die nächste Generation aus der Familie nachrücken lassen.

Ob die Neuausrichtung bei der Porsche SE so groß ist, wie das Wort „Generationswechsel“ klingt, muss sich in der Zukunft zeigen. Von der vierten Generation der Familien sollen künftig Josef Michael Ahorner (57), Stefan Piëch (47) und Peter Daniell Porsche (44) in das Gremium einziehen, das damit von sieben auf zehn Mitglieder erweitert wird. Die Neuen rücken nicht für die Alten nach, sondern kommen lediglich dazu. Wolfgang Porsche, am vergangenen Donnerstag 75 Jahre jung geworden, hält weiter die Zügel in der Hand.

Welchen Einfluss die Jungen haben werden oder ob die formale Beförderung in den PSE-Aufsichtsrat im Alltag verpufft, steht in den Sternen. Ebenso offen ist, wer sich als Stimme der vierten Generation hervortut. In der dritten Generation war die berühmte deutsch-österreichische Auto-Dynastie immer wieder durch familieninterne Grabenkämpfe aufgefallen – allen voran Wolfgang Porsche und der einstige Familien-Patriarch Ferdinand Piëch.

Zwar zeichnen sich auch in der vierten Generation jeweils ein starker Vertreter der beiden Familienzweige ab, ein lang anhaltender Zwist scheint aber unwahrscheinlich. Denn in einem wichtigen Punkt über die Ausrichtung der Dachgesellschaft PSE, über die die Familien gut 52 Prozent der VW-Anteile kontrollieren, herrscht Einigkeit: Die jungen Unternehmer wollen einen neuen Wertekanon für Volkswagen. Wirtschaftlicher Erfolg ja, aber nie auf Kosten des Anstands – damit liegen sie auf einer Linie mit dem neuen VW-Chef Herbert Diess.

Auf Seiten der Piëchs hat sich der 47-jährige Stefan, Sohn von Hans Michel Piëch, in den vergangenen Jahren unbemerkt von der Öffentlichkeit als einer der wichtigen Nachfolger in der Auto-Dynastie profiliert. Nach dem Abgang seine Onkels Ferdinand könnte er die neue Nummer Eins des Piëch-Stamms werden.

Stefans Einfluss beruht auf seiner Erfahrung als Medienunternehmer (Chef der börsennotierten „Your Family Entertainment“), vor allem aber auf seinem enorm hohen Anteil an der Porsche SE: Weil Stefans Vater zusätzlich zu seinen eigenen Anteilen an der Porsche SE 2017 auch noch einen Großteil der Anteile seines Bruders Ferdinand übernahm, ist Stefans Familienarm nun der mit Abstand mächtigste im Clan. Insider sprechen Stefan Piëch nicht nur wegen seines hohen Aktienanteils Chancen auf einen Sitz im Volkswagen-Aufsichtsrat zu.

Im Porsche-Clan ist die Nachfolge noch offen

Auf Seiten des Porsche-Clans ist noch nicht entschieden, wer dereinst von Wolfgang Porsche übernimmt. Ein möglicher Kandidat ist Peter Daniell, weil er – wie Medienunternehmer Stefan Piëch – für eine neue Denkweise steht. Im Familienclan wird gerne gelästert, der Waldorf-Pädagoge investiere von seinen VW-Gewinnausschüttungen mitunter so viel in soziale und gesellschaftliche Projekte, dass ihm und seiner Familie kaum genug zum Leben bleibe.

„Ich will meinen Reichtum teilen, statt nur eine neue Yacht zu kaufen“, soll er einmal im Familienkreis gesagt haben. Worauf die anderen entgegnet hätten: „Wenn wir alle so wären wie du, lieber Daniell, dann würde es uns heute nicht so gut gehen.“ Peter Daniell sieht das anders: „Wenn alle in der Wirtschaft so wären, dann würde es allen auf der Welt gut gehen.“

Aktionärsverteilung der Volkswagen AG

Was nicht heißen soll, dass Peter Daniell ein sozial gesinnter Traumtänzer wäre. Er weiß zu gut, dass ein Konzern wie Volkswagen eine klare Orientierung auf wirtschaftlichen Erfolg braucht, aber eben mit klaren, moralischen Leitplanken. Auch für ihn persönlich steht das Mäzenatentum längst nicht mehr im Vordergrund, er ist Unternehmer und Investor. In den vergangenen Jahren investierte er über seine PDP Holding in vielerlei Bereiche, darunter Abfallentsorger und IT-Unternehmen, aber auch in Ökobier und ein „bio-zertifiziertes Wirtshaus“. Porsches Investments, heißt es bei der Salzburger PDP Holding, sollten „zum gesellschaftlichen Nutzen beitragen“.

Damit tickt er anders als Ferdinand Oliver Porsche. Der 57-jährige Rechtsanwalt steht stärker als sein Cousin Peter Daniell für den klassischen Auto-Zögling und Benzin-Junkie: Bei seinen eigenen Porsches lässt er angeblich vom Veredler Ruf gerne noch ein paar PS mehr aus den Motoren herauskitzeln.

Erkennt nicht nur die eigenen Produkte gut, sondern auch die familieneigenen Betriebe. Früher führte er die Porsche Design Management GmbH, ist seit 2003 Vorstand der Familie Porsche AG Beteiligungsgesellschaft in Salzburg. Und er sitzt schon heute in den wichtigen Aufsichtsräten Porsche (sowohl der AG als auch der Holding), bei Audi, Volkswagen Truck & Bus und nicht zuletzt Volkswagen. Und hat von diesen Positionen aus schon den ein oder anderen (familieninternen) Machtkampf aus der zweiten Reihe miterlebt.

Zudem hat er einen mächtigen Für-Sprecher – seinen Onkel Wolfgang. Dieser hat durchaus eine Vorstellung, wer seine Arbeit fortführen könnte, erzählte er kürzlich der „Automobilwoche“: Ferdinand Oliver. „Er kennt diese Unternehmen sehr gut. Ihm würde ich diese Rolle voll und ganz zutrauen“.

Bislang ist Aufhören jedoch kein Thema für Wolfgang Porsche. Er wird noch in dem Backsteinbau in Zuffenhausen sitzen, wenn die Kunden unter ihm nicht mehr nur ihren röhrenden Sportwagen zum ersten Mal anlassen, sondern auch wenn sie beinahe lautlos in einem Elektroporsche davonrollen. Solange die Gesundheit es zulässt, will er aktiv bleiben – Anfang des Monats wurde er für fünf weitere Jahre im VW-Aufsichtsrat bestätigt.. „Ich glaube schon, dass ich den angestoßenen Wandel noch mitüberwachen sollte“, sagte er kürzlich dem „Stern“.

Bis dahin wird die vierte Generation auf die zweite Reihe beschränkt sein. Allem Wandel zum Trotz.

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