Private Ladesäulen Wie Deutschland die E-Auto-Prämie besser nutzen könnte

Ubitricity Quelle: Ubitricity

Bislang wurde nur ein Bruchteil der E-Auto-Prämie abgerufen. Ein Experte bringt eine andere Verwendung der Gelder ins Spiel: private Ladesäulen zu fördern. Was der Plan bringen könnte.

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46.897 – so viele Anträge auf die E-Auto-Prämie sind bislang beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) eingegangen. Die Fördermittel reichen für mehr als 300.000 Autos mit Elektromotor. „Für diese Förderung stehen insgesamt 600 Millionen Euro zur Verfügung“, sagte Bafa-Präsident Andreas Obersteller der „Welt“. „Bis heute sind rund 65 Millionen Euro gebunden.“

Der Bund schießt beim Kauf eines Elektroautos (egal ob mit Batterie oder Brennstoffzelle) 2000 Euro zu, bei einem Plug-in-Hybrid 1500 Euro. Der Hersteller muss dem Käufer mindestens den gleichen Betrag als Nachlass gewähren, womit der Wagen mindestens 4000 Euro beziehungsweise 3000 Euro günstiger wird. Befristet ist die Förderung bis Mitte 2019.

Doch so weit wird es laut Obersteller wohl nicht kommen. „Aktuell spricht einiges dafür, dass die Mittel nicht bis zum Ende der Förderung Mitte 2019 ausgeschöpft sind“, sagte Obersteller. Der Bafa-Präsident regte deshalb an, das Geld anderweitig zur Förderung der Elektromobilität einzusetzen: „Die neue Bundesregierung könnte einen Teil des Budgets umwidmen und für die Förderung privater Ladeinfrastruktur bereitstellen. Diese Unterstützung könnte beispielsweise von Handwerkern, Hotelbetrieben oder Wohnanlagen genutzt werden.“

Der Ausbau öffentlicher Ladenetze lahmt – vor allem, weil sich das Geschäftsmodell für Ladesäulenbetreiber derzeit nicht lohnt. „Ab einer Million E-Autos wird es für alle Marktteilnehmer nach unserer Einschätzung wirtschaftlich sehr interessant“, sagt Jonas Lohmann, der beim Oldenburger Energieversorger EWE das Kompetenzcenter Mobilität leitet. Tatsächlich sind in Deutschland nur rund 35.000 Autos mit reinem E-Antrieb unterwegs – bei einem Fahrzeugbestand von 45,8 Millionen Autos.

Das Laden zu Hause kann schwierig werden

Das Problem: Ohne sichere Lademöglichkeit sind Elektroautos einfach nicht ausreichend attraktiv. Ob ein Elektroauto alltagstauglich ist, wenn man ausschließlich an öffentlichen Ladesäulen Strom bezieht, hat WirtschaftsWoche Online im vergangenen Jahr getestet. Das Urteil kann sich aber schnell ändern, es ist viel Bewegung im Markt. Beispiel EWE: 2014 hat das Unternehmen mit 30 Ladesäulen angefangen und betreibt derzeit 220 Säulen. Für dieses Jahr seien 400 geplant.

Praktischer ist eine Wallbox in der eigenen Garage. Für Hausbesitzer ist das meist relativ einfach umsetzbar, hier ist es primär eine Frage der Kosten für die Anschaffung und die neu zu verlegenden Leitungen. Eine Förderung könnte die Hemmschwelle senken.

Elektroautos im Kostenvergleich

Für Autofahrer, die in einer Wohnung leben, ist die Lage ungleich komplexer – vor allem, wenn es sich nicht um ein Mehrfamilienhaus im Einzelbesitz, sondern um eine Wohneigentümergemeinschaft handelt. Doch dort liegt für die Elektromobilität ein enormes Potenzial: Laut dem Dachverband Deutscher Immobilienverwalter (DDIV) gibt es hierzulande mehr als neun Millionen solcher Wohnungen mit rund vier Millionen dazugehöriger Pkw-Stellplätzen – und damit vier Millionen potenzielle Ladepunkte.

Doch einfach auf eigene Kosten eine Ladesäule in der Tiefgarage oder dem Gemeinschaftsparkplatz auf dem Hinterhof zu errichten, ist nicht erlaubt. Die Eigentümergemeinschaft muss zustimmen und meist auch für die Aufrüstung der Gemeinschaftsflächen zahlen. Doch wie diese Zustimmung erfolgen muss, ist noch nicht klar geregelt. „Selbst die Rechtsprechung und die Experten sind sich nicht einig, wie der Einbau einer Ladeinfrastruktur beschlossen werden muss“, sagt DDIV-Geschäftsführer Martin Kaßler.

Wie lade ich mein Elektroauto?

Ist der Aufbau der Ladesäule eine „bauliche Maßnahme“ oder eine „Modernisierung“? Im ersten Fall müssen alle Miteigentümer zustimmen, im zweiten reicht eine Drei-Viertel-Mehrheit. Da die rechtliche Bewertung unklar ist, rät Kaßler, den Widerstand Einzelner nicht zu ignorieren, weil das im Extremfall in einem Gerichtsprozess enden könnte.

Sind Straßenlaternen die Lösung?

Selbst wenn alle Betroffenen zustimmen und über die Aufteilung der Kosten einig sind, droht noch eine weitere Hürde: Gerade in älteren Häusern sind die Stromleitungen nicht für das Laden von Elektroautos ausgelegt – egal ob per Wallbox oder einfach an der Haushaltssteckdose. Ein einzelnes E-Auto ist meist noch kein Problem, bei mehreren Autos am Stromnetz könnte der alte Anschluss schnell überlasten. Ein Ladelastmanagement, das den Strom gezielt an die angeschlossenen Autos verteilt, ist teuer. Und regelmäßiges Umparken ist keine praktikable Lösung. Bleibt die Möglichkeit, ein neues Stromnetz in das Haus einzubauen – doch auch das treibt die Kosten in die Höhe.

Eine andere Möglichkeit wäre es, bereits vorhandene Stromquellen entlang der Straßen zu nutzen: die Straßenlaterne. Abgesehen vom nordrhein-westfälischen Düsseldorf (eine der wenigen Städte weltweit, die ihre Straßen noch mit Gaslaternen beleuchtet) steht theoretisch alle paar Meter ein Stromanschluss parat, der angezapft werden kann.

Drei aktuelle Elektroautos im Vergleich
Renault Zoë, Nissan Leaf, Hyundai Ioniq Quelle: Bernd Ebener für Edison
Bernd Ebener für Edison Quelle: Bernd Ebener für Edison
Bernd Ebener für Edison Quelle: Bernd Ebener für Edison
Bernd Ebener für Edison Quelle: Bernd Ebener für Edison
Bernd Ebener für Edison Quelle: Bernd Ebener für Edison
Bernd Ebener für Edison Quelle: Bernd Ebener für Edison
Bernd Ebener für Edison Quelle: Bernd Ebener für Edison

Das Berliner Start-up Ubitricity hat dazu eine Steckdose entwickelt, mit der eine Laterne nachgerüstet werden kann. Der Anschluss ist bewusst simpel gehalten, verfügt anders als gängige Ladesäulen über keinen Strommesser und Internetanschluss. Der aufwändigere Teil der Technik sitzt in dem „SmartCable“ genannten Kabel, das sich per Mobilfunk mit dem Internet verbindet und die Abrechnung erledigt. Der Kunde schließt einen Vertrag mit Ubitricity ab, bekommt dann das SmartCable zugeschickt und kann sich dann an den bereits nachgerüsteten Laternen Strom zapfen. Abgerechnet wird automatisch. Die Kosten liegen je nach Modell zwischen 500 und etwa 1800 Euro.

Inzwischen hat auch Siemens in Ubitricity investiert. „Die Ubitricity-Technologie hat uns überzeugt“, sagte Siemens-Elektroauto-Manager Moritz Ingerfeld im November. „Sie nutzt gezielt die Digitalisierung im Energiebereich und erlaubt völlig neue Geschäftsmodelle im Zukunftsmarkt der Energiedienstleistungen für die Elektromobilität.“ Die Technik selbst ist nicht auf Straßenlaternen beschränkt. Mit dem Ansatz, die aufwändige Technik in das Kabel zu verlegen, könnten auch Parkplätze vor Supermärkten oder öffentliche Parkhäuser deutlich günstiger nachgerüstet werden als mit teuren Ladesäulen.

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Eine etwas aufwändigere Lösung hat der Energieversorger EnBW bereits vor einiger Zeit entwickelt. „SM!GHT“ ist eine Kombination aus Straßenlaterne, Ladesäule, WLAN-Sender, Verkehrssensor und Notrufsäule. Die smarten Laternen, die ebenfalls aus einem Start-up hervorgegangen sind, stehen bereits im australischen Caloundra, in Prag und in Stavanger. Es muss aber nicht immer die teure Komplettlösung sein: Die Module sich auch einzeln erhältlich und sollen auch in vorhandene Laternen nachgerüstet werden können. Eine solche EnBW-Straßenlaterne mit 4,50 Meter Höhe kostet 8500 Euro. Bei einer Höhe von sechs Metern beträgt der Preis 9500 Euro.

Mit einigen 100 Millionen Euro aus dem Fördertopf für die Kaufanreize könnte also bei der privaten Infrastruktur einiges bewegt werden – sofern sie für diesen Zweck freigegeben würden.

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