Tesla-CEO Elon Musk gibt im Streit mit der amerikanischen Aufsichtsbehörde SEC keine Ruhe. Donnerstag griff er wieder einmal zum Handy, um die Kontrolleure via Kurznachricht zu provozieren. Die „Shortseller Enrichment Commission“, wie er die SEC auf Twitter herablassend bezeichnete, mache „unglaubliche Arbeit“. Und der Namenswechsel treffe den Nagel auf den Punkt.
Tatsächlich steht SEC für Securities and Exchange Commission. Die Behörde kontrolliert den Wertpapierhandel in den USA. Genau deshalb war Musk erst kürzlich mit der Börsenaufsicht aneinandergeraten. Ihm wird vorgeworfen, den Tesla-Börsenkurs durch falsche Informationen, die er ebenfalls auf Twitter verbreitet hatte, im August künstlich in die Höhe getrieben zu haben. Dem Unternehmen drohen deshalb Klagen in Milliardenhöhe.
Eigentlich wollten die SEC und Tesla den Streit gütlich beilegen. Die Börsenaufsicht verlangte, dass Musk vom Verwaltungsratsvorsitz des Unternehmens zurücktritt und eine Strafe von 40 Millionen Dollar zahlt. CEO des Unternehmens kann er bleiben.
Just want to that the Shortseller Enrichment Commission is doing incredible work. And the name change is so on point!
— Elon Musk (@elonmusk) 4. Oktober 2018
Musk akzeptierte die Einigung unter der Maßgabe, dass ihm kein Fehlverhalten vorgeworfen wird. Diese sogenannte „no-admit, no-deny“-Einigung könnte durch den Tweet des Tesla-Chefs nun jedoch wieder zur Disposition stehen. Teil einer solchen Vereinbarung ist üblicherweise nicht nur, dass das betroffene Unternehmen nicht formal als schuldig bezeichnet wird, sondern auch, dass im Umkehrschluss der Behörde nicht nachgesagt wird, ihre Untersuchung sei gegenstandslos gewesen.
Mit seinem Tweet könnte Musk nun gegen diesen Teil der Vereinbarung verstoßen haben – zumal der Vergleich zwischen SEC und Tesla noch nicht rechtskräftig ist. „Die Börsenaufsicht und ihre Anwälte werden noch vor Sonnenuntergang mit ihren Anwälten telefoniert haben“, so der ehemalige SEC-Anwalt Stephen Crimmins zum „Wall Street Journal“. „Die Einigung ist definitiv gefährdet.“
Im schlimmsten Fall für Musk könnte die Behörde das Einigungspaket nun erneut aufschnüren und seine Rolle bei Tesla weiter einschränken. Dass es soweit kommt, ist allerdings alles andere als wahrscheinlich. Experten gehen nicht davon aus, dass der Tweet des CEO den Vergleich grundsätzlich in Frage stellt. Für besonders klug hält ihn allerdings niemand. Auch die Anleger sind nicht begeistert. Nach Musks Kurznachricht sank der Tesla-Kurs weiter ab.
Dabei hatte es zunächst so ausgehen, als hätte das Unternehmen den Streit mit der Aufsichtsbehörde abgehakt. Am Donnerstag vermeldete Tesla, dass das Unternehmen sein Produktionsziel für das Model 3 im dritten Quartal erreicht habe, wenngleich es bei der Auslieferung noch hake.
Auch an anderer Stelle läuft es noch nicht rund. So verzichtete das Unternehmen beim jüngsten Software-Update darauf, die mit Spannung erwartete Autopilot-Funktion freizuschalten. Sie soll Tesla-Modelle selbständig auf dem Highway überholen, automatisch die Spur wechseln und Abfahrten nehmen lassen. Musk kündigte an, das Feature in einigen Wochen nachzureichen. Beobachter werteten den Schritt als Zeichen, dass der CEO künftig vorsichtiger sein will. Der provokante Tweet vom Donnerstag stellt diese Lesart allerdings in Frage.
Angesichts der jüngsten Kurznachrichten-Entladung rückt auch ein auf den ersten Blick eher nebensächlicher Aspekt der Einigung zwischen SEC und Tesla in den Fokus. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, fordert die Börsenaufsicht, dass das Unternehmen einen „erfahrenen Anwalt“ damit beauftragt, künftig alle Social-Media-Aktivitäten der Tesla-Chefetage zu überprüfen.
Dies sei eine „ungewöhnliche Auflage“, zitiert Bloomberg Stanford-Professor Joseph Grundfest. „Aber jede Auflage, die Musk dazu bringt, sich darauf zu konzentrieren, das bestmögliche Unternehmen für seine Anleger aufzubauen, ohne sich von ‚Pädo‘- oder ‚Finanzierung gesichert‘-Tweets ablenken zulassen, ist nicht die schlechteste Idee der Welt.“