Rüsselsheim Hier werden Maschinen aus dem Opelwerk auf Ebay verramscht

Quelle: imago images

Roboter, Werkzeugmaschinen, ein Kran: Im Auftrag von Opel verkauft ein Dienstleister derzeit viele Maschinen aus Rüsselsheim auf Ebay Kleinanzeigen. Bei vielen Mitarbeitern entsteht der Eindruck, dass ihnen bald die Arbeitsgrundlage entzogen werden könnte.

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So klein, wie es der Name Ebay Kleinanzeigen eigentlich suggeriert, sind die Anzeigen auf dem Portal derzeit nicht. Denn seit einigen Tagen gesellen sich zu den privaten Anzeigen auch solche von SGR Products. Der Dienstleister verkauft gebrauchte Maschinen und Anlagen aus Betriebsauflösungen, der Erneuerung von Maschinenparks oder Standortverlagerungen. Und seit rund zwei Wochen, sagt ein Insider, habe SGR auch den Auftrag zur Demontage vieler Maschinen des Autobauers Opel in Rüsselsheim.

Und so finden sich auf Ebay Kleinanzeigen derzeit eine Radialbohrmaschine für 2080 Euro, eine Drehmaschine für 15.990 Euro oder ein Zweiträger-Brückenlaufkran für 178.500 Euro. Letzterer kann elf Tonnen Gewicht tragen und hat eine Spannweite von circa 15,5 Metern. Opel bestätigt, dass man derzeit Maschinen im Rahmen des Transformationsprozesses über eine auf Weiterverkauf von Anlagen spezialisierte Firma anbiete. Opel teilte mit, dass die Maschinen seit rund einem Jahr nicht mehr im Einsatz gewesen seien.

Maschinen aus der Schmiede und dem Werkzeugbau 

Die Maschinen, sagt ein Insider, kämen aus der Schmiede und dem Werkzeugbau. Opel will die Arbeitsgeräte in den Hallen demontieren und verkaufen – und stoße damit viele Mitarbeiter vor den Kopf, sagt ein Insider. Aktuell verbreiteten sich die Links zu den Anzeigen unter den Beschäftigten wie ein Lauffeuer. Viele erreiche die Nachricht in der Urlaubszeit. Und sie sehen nun live, wie der Ausverkauf bei Opel weitergeht. 

Die Stimmung sei unterirdisch, sagt der Insider – denn viele befürchteten, dass mit dem Verkauf der Maschinen ihnen nun bald womöglich auch die Grundlage für ihre Arbeit entzogen werde. „Die Maschinen bei Ebay Kleinanzeigen reinzustellen, wo man nicht einmal Geld für die Annonce zahlen muss, zeigt die mangelnde Wertschätzung von Opel gegenüber seinen Mitarbeitern“, sagt ein Mitarbeiter. Zumal die Maschinen billig seien, „die werden richtig verramscht“. SGR-Inhaber Sebastian Grafen sagte dazu, dass es sich um Marktpreise handele: „Der Auftrag wurde im Rahmen einer Ausschreibung von unserem Partnerunternehmen rechtmäßig erworben.“ Sein Unternehmen wolle die Maschinen nun im Sinne einer nachhaltigen Verwertung einem neuen Eigentümer zuführen. „Die Maschinen werden nicht nur auf Ebay, sondern auch auf anderen kostenpflichtigen Handelsportalen angeboten“, so Grafen.

Der Verkauf der Maschinen sorgt intern für Aufregung, weil Schmiede und Werkzeugbau zu den so genannten Fokusbereichen von Opel gehören. Mitarbeiter aus Bereichen, die diesen Gruppen zugeordnet sind, sollen etwa mithilfe einer Transfergesellschaft dazu bewogen werden, sich einen neuen Job zu suchen. Als weiterer Anreiz, Opel freiwillig zu verlassen, soll auch eine sofortige Freistellung mit fortlaufenden Bezügen überzeugen. Vielen Beschäftigten aus den Fokusbereichen wurde bereits nahegelegt, Opel schnellstmöglich über eine Abfindung, Altersteilzeit, Vorruhestand oder eine Transfergesellschaft zu verlassen. Opel hat schon lange betont, dass die Aufträge in diesen Bereichen wegfallen würden. 

Viele Mitarbeiter sind nun über den Verkauf der Maschinen empört, sie fühlen sich einmal mehr unter Druck gesetzt und haben das Gefühl, dass bald auch die Maschinen verkauft werden könnten, an denen sie arbeiten: Schließlich hatte Opel-Chef Michael Lohscheller bereits öffentlich mit betriebsbedingten Kündigungen gedroht. Dabei gelte doch die Beschäftigungssicherung, argumentieren Mitarbeiter. So wurde der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen zuletzt Anfang 2020 bis Juli 2025 verlängert. Mitarbeiter bis einschließlich Jahrgang 1963 bekamen die Möglichkeit, an einem Altersteilzeitprogramm oder dem Programm zum Vorruhestand teilzunehmen. „Das Abfindungsprogramm basiert auf dem Prinzip der doppelten Freiwilligkeit, sprich Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen einvernehmlich zustimmen“, hieß es dazu in einer Pressemitteilung. Doch jetzt zweifeln Beschäftigte einmal mehr daran, dass alles so freiwillig geschehen soll.

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In der Tat sehen viele Maschinen so aus, als wären sie in die Jahre gekommen: So ist die „HEYLIGENSTAEDT 230E/1000 Drehmaschine“ für 3250 Euro im Jahr 1964 gebaut worden. Der orangene Industrieroboter mit Steuerung von ABB ist aus dem Jahr 2003 und sieht aus, als müsste er besser noch mal geputzt werden.

Das alles, so scheint es, passt nicht mehr zu einem Autobauer, der ab 2028 in Europa zur modernen und hippen Elektromarke werden will.

Hinweis: In einer früheren Version des Artikel hieß es, dass jede Maschine nur von einer Handvoll Menschen bedient werden könne. Die Leute würden jetzt etwa am Strand dabei zusehen können, wie ein Teil ihres Arbeitsplatzes bei Ebay zum Verkauf stünde. Opel wollte sich dazu zunächst nicht am Tag der Erstpublikation dieses Artikels nicht äußern. Am Dienstag (27.7.) meldete sich der Autobauer mit einer neuen Stellungnahme und schrieb: „Die Maschinen sind bereits seit rund einem Jahr nicht mehr bei uns im Einsatz gewesen. Es handelt sich damit nicht um Maschinen, die in jüngster Zeit in der Produktion oder im Bereich Tool & Die Operations (TDO) genutzt wurden. Entsprechend waren an diesen Maschinen im vergangenen Jahr auch keine MitarbeiterInnen beschäftigt. Es ist in der Industrie grundsätzlich gängige Praxis, dass nicht mehr benötigte Maschinen weiterverkauft werden.“

Mehr zum Thema: Was bleibt nach der Fusion von PSA mit Fiat Chrysler bloß von Opel? Die Megafusion wird die deutsche Traditionsmarke weiter unter Druck setzen: Ein erbarmungsloser Wettkampf mit Fiat droht.

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