Selbstfahrende Autos "Vor einigen Jahren hatte man noch richtig Angst"

Kaum ein Tag verging 2016 ohne Nachrichten zu Roboterwagen-Projekten. Die Autobranche rüstet sich für einen radikalen Umbruch ihres Geschäfts - und die Rivalität mit neuen Wettbewerbern.

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Uber startet Roboterwagen-Fahrten mit Passagieren
Nutzer des Fahrdienst-Vermittlers Uber in der US-Stadt Pittsburgh können seit dem 14. September mit selbstfahrenden Autos unterwegs sein. Die Roboterwagen kommen auf Bestellung über die Uber-App. Die Überraschungsfahrten seien „den loyalsten Uber-Kunden“ vorbehalten, erklärte das Unternehmen in einem Blogeintrag. Quelle: AP
Am Steuer sitzt zur Sicherheit ein Uber-Mitarbeiter, den Fahrgästen wird zudem auf einem Tablet im Innenraum angezeigt, wie das Auto die Umgebung sieht. Quelle: AP
Uber Quelle: AP
Uber Quelle: REUTERS
Uber Quelle: AP
Uber Otto Quelle: AP
Als erstes hatte im August das Start-up NuTonomy Tests selbstfahrender Autos mit Fahrgästen an Bord in Singapur begonnen Quelle: dpa

In Pittsburgh und Singapur kann man seit wenigen Monaten einen Vorgeschmack auf den Verkehr der Zukunft bekommen. Bestellt man dort einen Wagen per App, könnte ein Roboterauto aufkreuzen. Klar, vorne sitzen noch Mitarbeiter, die die Fahrt überwachen und notfalls eingreifen können - aber man bekommt ein Gefühl dafür, wie es ist, sich einem Computer als Chauffeur anzuvertrauen. Der Fahrdienst-Vermittler Uber und das Start-up NuTonomy sind die ersten, die Passagiere mitfahren lassen.

Die traditionellen Autobauer liefern die Fahrzeuge dafür - und wollen das Feld nicht neuen Rivalen überlassen. Ford, BMW, die Opel-Mutter General Motors - alle kündigten im auslaufenden Jahr eigene selbstfahrende Fahrzeuge bis 2021 an. Und ein Großangriff aus dem Silicon Valley hat sich noch nicht materialisiert. „Vor einigen Jahren hatte man noch richtig Angst, jetzt hat sich die Stimmung beruhigt“, die Industrie habe sich gesammelt, sagt ein ranghoher Branchenmanager. Und die Tech-Konzerne scheuten die langen Entwicklungszeiten und niedrigen Margen im Autogeschäft.

„Apple und Google wollen nicht Autobauer werden, sondern sie sehen die Möglichkeit, Dienste in Fahrzeugen anzubieten“, sagte jüngst Renault- und Nissan-Chef Carlos Ghosn. Das deckt sich mit der Entwicklung der Spekulationen um die Autopläne von Apple, zu denen es nie eine Bestätigung gab, die aber seit über rund zwei Jahren viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Der Bus der Zukunft fährt (fast) von allein
Daimler Bus der Zukunft Quelle: Daimler
Daimler selbstfahrender Bus Quelle: Daimler
Die Jungfernfahrt fand jetzt in Amsterdam statt: Auf einer rund 20 Kilometer langen Strecke absolvierte der Future Bus mit CityPilot seine erste autonome Fahrt im Stadtverkehr. Der Bus fährt auf einem Teilstück der längsten Expressbus-Linie Europas (Bus Rapid Transit, BRT) bis zu 70 km/h. Der Fahrer ist an Bord und überwacht das System, wird dabei aber erheblich entlastet. Quelle: Daimler
Der CityPilot ist eine Weiterentwicklung des Lkw-Systems HighwayPilot, Quelle: Daimler
Future Bus Quelle: Daimler
Der CityPilot umfasst sowohl aktuelle Assistenzsysteme, die zum Beispiel für die Reisebusse von Mercedes-Benz verwendet werden, als auch zusätzliche Systeme, die teilweise von der Daimler-Trucks-Sparte übernommen und für den Stadtverkehr weiterentwickelt wurden. Die Ausstattung umfasst Fern- und Nahbereichsradar, eine Vielzahl von Kameras sowie das satellitengesteuerte Ortungssystem GPS . Zukunftsweisend ist die intelligente Vernetzung der Kameras und Sensoren. Durch sie entsteht ein präzises Bild der Umgebung und der exakten Position des Omnibusses. Quelle: Daimler
Vor dem Bus leuchtet eine spezielle Ampel auf. Quelle: Daimler

Zunächst hieß es, Apple habe mehrere Prototypen gebaut und peile eine Markteinführung zum Jahr 2020 an. Inzwischen soll der iPhone-Konzern von der Idee, eigene Fahrzeuge zu verkaufen, wieder Abstand genommen haben, viele Mitarbeiter des Projekts mussten sich nach neuen Jobs umsehen. Apple wolle sich nun eher auf die Entwicklung von Software für selbstfahrende Autos fokussieren, heißt es nun seit Sommer.

Dabei versucht Google schon seit Jahren, seine seit 2009 entwickelten Roboterwagen-Technologien bei einem Partner aus der Autobranche unterzubringen. Bisher gibt es gerade einmal einen Test mit dem Umbau von 100 Chrysler-Minivans. Dabei schickt der Internet-Konzern seit 2014 kleine selbstfahrende Zweisitzer aus eigener Entwicklung auf die Straße.

Stattdessen setzen Player aus der Branche lieber auf die Entwicklung eigener Alternativen. So taten sich jüngst die Zulieferer MobilEye und Delphi mit Intel zusammen, um Autoherstellern ein günstiges System zum autonomen Fahren „für einige tausend Dollar“ zu bieten. Und auch Volvo und der Zulieferer Autoliv wollen die Branche beliefern. Tesla baut in alle neuen Wagen schon mal Kameras und Sensoren ein, auf die später die nachrüstbare Roboterwagen-Software zugreifen soll.

Auch Uber meint es über die Tests mit umgebauten Fords und Volvos in Pittsburgh hinaus ziemlich ernst. Der oft als Taxi-Schreck kritisierte Fahrdienst-Vermittler kaufte für 700 Millionen Dollar das von ehemaligen Google-Experten gegründete Start-up Otto, das Lastwagen für autonomes Fahren ausrüsten will. Mit dem Transport von 50 000 Dosen Bier in einem Roboter-Lastwagen von Otto beanspruchte Uber im Oktober bereits die Krone der weltweit ersten kommerziellen Lieferung mit einem selbstfahrenden Fahrzeug für sich. Der Wagen fuhr 120 Meilen (rund 193 Kilometer) auf einer Autobahn im Bundesstaat Colorado.

Vielleicht werden auf dem Weg in den Alltag aber auch Roboterautos von selbstfahrenden Mini-Bussen überholt. Solche elektrischen Shuttles für wenige Passagiere testen Anbieter wie Navya gerade bereits in einzelnen Städten in verschiedensten Ländern.

Testfahrt im Roboterbus

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