Beste Importmarke in der Leserwahl eines großen deutschen Automagazins, die wachstumsstärkste Marke Deutschlands und zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte über eine Million Autos verkauft: Skoda-Chef Winfried Vahland kann auf ein erfolgreiches Jahr 2014 zurückblicken.
Der Erfolg kommt nicht von ungefähr, Vahland hat seit 2010 die Marke entscheidend geprägt. Die tschechische VW-Tochter profitiert von der Baukasten-Technik des Wolfsburger Mutterkonzerns, hebt sich durch geschickte Differenzierungen bewusst ab und bietet eine gute Qualität zu einem fairen Preis. Die aktuellen Modelle gehen über die ursprünglichen Punkte wie den Preis und die Funktionalität hinaus. Autos wie der Octavia verkaufen sich auch deshalb immer besser, weil die Tschechen mit einem frischen und eleganten Design punkten.
Im Interview mit der WirtschaftsWoche spricht Vahland über das neue Markenflaggschiff Superb, warum Skoda keine Billigmarke ist und die SUV-Pläne der Tschechen.
Herr Vahland, Sie haben den neuen Skoda Superb auf dem Genfer Autosalon mit den Worten vorgestellt, er werde eine neue Ära einleiten. Was für eine Art Ära soll es sein?
Winfried Vahland: Es dreht sich um Design und Emotionalität. Wo es hingehen soll, hat schon unsere Studie Vision C voriges Jahr auf dem Genfer Automobilsalon angedeutet. Von einer Marke Skoda hatte man so was nicht erwartet. Ein viertüriges Coupé - das war provokant. Genauso wie die giftgrüne Farbe und das sportliche Design. Die Studie stand dafür, dass sich die Marke mehr designorientiert entwickelt, emotionaler wird und mehr wagt. All das sehen sie jetzt am Superb.
Wofür stand Skoda denn bisher?
Skoda hat sich in den vergangenen 25 Jahren durch Tugenden einen Namen gemacht wie Funktionalität und Praktikabilität, Raumangebot und große Preiswürdigkeit. Da schneiden wir nach wie vor als Beste in unserem Wettbewerbsumfeld ab.
Warum reicht es Ihnen nicht mehr, weiterhin mit den alten Tugenden gute Geschäfte zu machen?
Marken und Märkte entwickeln sich weiter. Skoda steht auch für Understatement. Das funktioniert in manchen Kulturräumen wie in der Schweiz, wo wir auf 6,5 Prozent Marktanteil kommen. In Graubünden in Davos, eine der reichsten Gegenden der Welt haben wir sogar einen Marktanteil von knapp 12 Prozent. Dort möchte man den Wohlstand nicht immer demonstrativ zeigen.
Zur Person - der Skoda-Chef
Winfried Vahland, 57, leitet seit 2010 die tschechische VW-Tochter Skoda. Seine Karriere startete der Wirtschaftsingenieur und Betriebswirt 1984 bei Opel, 1990 wechselte er zur VW-Tochter Audi. Nach Stationen in der VW-Zentrale und in Brasilien wurde er 2005 China-Chef von VW, bevor er zu Skoda ging.
Auch in China?
Nein. In China verkaufen Sie Autos nur über Emotionalität und Internationalität. Und auch in anderen Regionen hängt die Entscheidung für den Kauf eines Autos nicht unbedingt von der Technik allein, sondern zunehmend von der Marke und ihren Emotionen ab. Deshalb haben wir uns entschieden, die Marke Skoda stärker emotional aufzuladen und zu verjüngen. Mit dem Kleinwagen Fabia haben wir am unteren Ende der Modellpalette angefangen, mit dem Superb machen wir das nun auch am oberen Ende.
Wird Skoda dadurch künftig teurer?
Ein schönes Auto kostet keinen Pfennig mehr. Wir kommen aus einer Historie der Handwerks- und Ingenieurskunst in Tschechien, von dort stammt zum Beispiel böhmisches Kristall. Das finden sie in den Heckleuchten des neuen Superb wieder. Diese Liebe zum Detail, diese Qualität und Präzision erkennen Sie bei kaum einer anderen Marke. Wir können das, und es kostet keinen Cent mehr.
Mit dem Superb greifen Sie doch aber auch VW an, die Kernmarke Ihres Mutterkonzerns?
Nein. Skoda ist keine Premiummarke und wird keine Premiummarke, aber Skoda ist auch keine Billigmarke. Wir sind derzeit die profitabelste Volumenmarke in Europa und haben im vergangenen Jahr erstmals eine Million Autos verkauft. Damit stoßen wir in eine neue Liga vor.
In welchem Wettbewerbsumfeld sehen Sie sich mit der verjüngten und emotionalisierten Marke?
Unsere operativen Wettbewerber in Europa sind Opel, Ford, Renault, Peugeot, Citroën und Fiat. Dazu kommen die zwei strategischen Wettbewerber in Asien Hyundai und Kia.
Wo wollen Sie wachsen und ihren Konkurrenten das Leben schwer machen?
Wir werden zum einen die Basis auf unseren Stammmärkten in Europa weiter ausbauen, unser Ziel ist ein Marktanteil von über fünf Prozent bis zum Ende des Jahrzehnts gegenüber 4,4 Prozent heute. In einigen Ländern wie Deutschland, Österreich und der Schweiz liegen wir bereits drüber. Zum andern ist China der zweite große Markt für Skoda. Wir sind dort im vergangenen Jahr mit einem Absatz von insgesamt 280.000 Autos doppelt so schnell gewachsen wie der Gesamtmarkt. Die nächste große Zielmarke sind 500.000 Autos. Um es gleich vorwegzunehmen: Wir haben nicht vor, in die amerikanischen Märkte einzutreten. Wir haben alle Hände voll zu tun, unser Geschäft in unseren bestehenden Absatzregionen voranzubringen.
Wie schnell wollen Sie Ihr Ziel in China schaffen, bis 2020?
Vielleicht etwas früher, vielleicht etwas später. Das ist aber nicht wichtig. Wichtig ist, dass die Richtung stimmt und wir profitabel wachsen.
"Hybrid-Technik muss deutlich preiswerter werden"
Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in Russland?
Der Bodensatz ist noch nicht erreicht fürchte ich. Die Währung hat sich sehr turbulent entwickelt. Wir können nicht absehen, wann und wie sich das stabilisiert. Vor zwei Jahren haben wir 100.000 Autos in Russland verkauft. Voriges Jahr 80.000 und dieses Jahr werden es noch deutlich unter 80.000 sein. Darauf sind wir mit unserer Produktion in Russland flexibel eingestellt.
Wie viel verdankt Skoda hierbei der Zugehörigkeit zum VW-Konzern?
Der VW-Konzern hat die Marke Skoda nach der Übernahme 1991 wiederbelebt. Die erforderlichen Investitionen in Technologien der Zukunft, zum Beispiel in die Elektrifizierung oder in Assistenzsysteme, könnte eine Marke wie Skoda heute alleine nicht mehr schultern. Ob Hybridantriebe, neue Motoren oder Internationalisierung - da hilft der Konzernverbund sehr. Natürlich bezahlen wir auch dafür, aber alleine ginge es nicht.
Fast alle wichtigen Automarken gibt es mittlerweile als Hybridversion, also mit Elektro- und mit Verbrennungsmotor. Wann sehen wir den ersten Skoda mit Hybrid?
Den ersten Superb mit Hybrid-Antrieb bringen wir noch in diesem Jahrzehnt. Der Octavia wird mit aller Sicherheit in der nächsten Generation einen Hybridantrieb haben. Konkrete Termine lassen sich dafür noch nicht nennen.
Warum nicht früher?
Weil der Skoda Kunde heute nicht bereit ist, dafür den noch zu hohen Mehrpreis zu zahlen. Die Technik muss noch deutlich preiswerter werden. Wir müssen auf dem Gebiet nicht Vorreiter sein. Für den Superb sehen wir den Zeitpunkt aber in den nächsten Jahren kommen.
Soll und wird ein Skoda auch autonom fahren können?
Ja, der neue Superb kann es in Teilbereichen schon. Er kann nicht vollautomatisch fahren wie der in Kalifornien vorgestellte Audi A7, aber er kann im Stau selbstständig anfahren, beschleunigen und abbremsen. Sie können also im Stop-and-go-Verkehr entspannt hinterm Lenkrad sitzen, und das Auto bewegt sich ohne Ihr Zutun vorwärts.
Ist der Kunde eines Skoda überhaupt an so etwas interessiert und bereit, dafür mehr zu bezahlen?
Unsere Kunden sind anspruchsvoller geworden. Beim Octavia haben wir erstmals in großem Umfang Assistenzsysteme angeboten. Geschätzt hatten wir, dass etwa fünf Prozent der Kunden das Paket haben wollen. Die Nachfrage liegt aber heute bei über 20 Prozent. Der Nettoerlös, den wir beim Verkauf eines neuen Octavia erzielen, hat sich deutlich erhöht.
Dann könnten Sie das Paket doch in die Grundausstattung packen und das Auto teurer machen.
Nein, das wollen wir nicht, weil der Kunde selbst entscheiden will. Möchte er das günstigere Fahrzeug oder lieber eines mit Mehrausstattung. Aber wir sehen daran, dass Skoda Kunden bereit sind, mehr für einen Octavia und für die Technik zu bezahlen. Das macht mich auch so zuversichtlich beim Superb. Wir wollen damit ja Geld verdienen und mehr Autos verkaufen. Wir wollen vom neuen Superb etwa 25 Prozent mehr verkaufen als von beiden Vorgänger-Generationen zusammen. Der europäische Markt wächst nicht mehr so enorm, also werden wir mit dem Superb auf Eroberung gehen.
Skoda hat im vergangenen Jahr zahlreiche Preise eingeheimst, etwa als wachstumsstärkste Marke in Deutschland und beste Importmarke. Was wünschen Sie sich für 2015?
Ich wünsche uns, dass wir den Superb erfolgreich in den Markt bringen und danach starten, um das SUV-Segment zu erobern. Eine SUV-Familie, neben den Limousinen und Kombis, das wäre ein tolles drittes Standbein für Skoda.
Wie groß sind die Chancen, dass Sie damit noch in diesem Jahr auf den Markt kommen?
Ein SUV oberhalb des Yeti, unseres kompakten SUV, ist schon relativ konkret, obwohl noch nicht final beschlossen. Ich habe aber schon drin gesessen und bin ihn schon gefahren. Alles andere ist Gedankengut in unseren Köpfen.