Sparprogramm bei Volkswagen Irgendwann bringt bei VW auch Sparen nichts mehr

Volkswagens ID.4 kostet deutlich mehr als ein vergleichbares BYD-Modell. Quelle: REUTERS

Der frühere VW-Chef Diess wollte massiv sparen, wurde deshalb vom Betriebsrat abgesägt. Dumm nur, dass damit dass Kostenproblem nicht verschwunden war. Jetzt ist die Lage schlimmer als je zuvor. Ein Kommentar. 

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Preise sind eine feine Sache: Nackte Zahlen, bloß ein paar Ziffern, und doch erzählen sie manchmal ganze Geschichten. Ein Beispiel: Die hochmoderne Mittelklasse-Limousine Seal von BYD kostet in China umgerechnet rund 25.000 Euro. Das Mittelklasse-SUV ID.4 von Volkswagen kostet in Deutschland in ähnlicher Ausstattung wie der BYD Seal mindestens 45.000 Euro. 20.000 Euro mehr für das deutsche Produkt, obwohl es 20 Zentimeter kürzer und bei der Batterietechnik unterlegen ist. 

Nun sind chinesische Preise eigentlich nicht mit den Preisen in Deutschland vergleichbar, denn im Reich der Mitte kosten Autos generell deutlich weniger als hierzulande. Und chinesische Autos gibt es bei uns wiederum meist nicht zum Schleuderpreis. Trotzdem erzählen die beiden Preise eine wahre Geschichte. 

BYD erzielt seine Umsätze vor allem in China mit spektakulär günstigen Autos. VW verlangt für die meisten seiner weltweit verkauften E-Autos so hohe Preise wie beim ID.4. Und doch erwirtschaftet BYD einen höheren Gewinn (rund vier Prozent Umsatzrendite) als die Marke VW (rund drei Prozent). 

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von Thomas Stölzel, Martin Seiwert

Die wirklichen Konkurrenten von VW heißen also nicht mehr Toyota, Stellantis oder General Motors. Es sind chinesische Anbieter, die konkurrenzlos günstig E-Autos bauen können, weil sie die gesamte Wertschöpfungskette vom Batterierohstoff bis zum Autovertrieb kontrollieren. Und es sind neue Player wie Tesla, die den Wolfsburger Traditionskonzern mit ihren minimalen Overhead-Kosten und ihren revolutionär günstigen Produktionsmethoden in die Enge treiben. 

Deshalb will Thomas Schäfer, Chef der Marke VW, nun Milliarden sparen. In einer E-Mail an Mitarbeiter schrieb er kürzlich: „Wir sehen, dass unsere Marke wirtschaftlich noch nicht solide genug aufgestellt ist.“ Das ist, was man eine Untertreibung nennt. Eigentlich hätte er schreiben müssen: „Andere bieten ähnlich gute Autos für die Hälfte an. Ich muss Ihnen nicht erklären, dass das nicht mehr lange gut gehen kann. Irgendwann ist der Zug abgefahren, dann helfen Sparprogramme auch nichts mehr.“

VW wird in China belächelt

Vor allem für einen ehemaligen VW-Granden dürfte der Vorgang eine Genugtuung sein: Herbert Diess. Der frühere Chef der Marke VW und des Volkswagen-Konzerns peitschte mehrere Sparrunden durch, an der letzten aber scheiterte er. Er stellte im Herbst 2021 die Größe der Belegschaft im Stammwerk Wolfsburg in Frage, löste damit einen Krieg mit dem mächtigen VW-Betriebsrat aus, in dem er im Sommer 2022 unterlag. Betriebsratschefin Daniela Cavallo hatte ihm zuvor die Grenzen aufgezeigt: „Von unserer Seite bestünde derzeit keine Bereitschaft über die bestehenden Programme zur Kostensenkung hinaus.“ Damit hatte sie sich durchgesetzt – vorerst.  

Jetzt, gut ein Jahr später, klingt Cavallo so: „Die starken Geschäftszahlen des Konzerns erschweren derzeit den Blick dafür, dass wir vor allem im Volumengeschäft auf eine sehr schwierige Phase zusteuern. Die Märkte flauen ab, der Wettbewerb wird härter.“ Also jetzt doch sparen? Ein bisschen vielleicht: „Tarifliche Einschnitte oder Abstriche bei unserer Beschäftigungssicherung sind mit uns nicht zu machen.“ 

Chinesische E-Auto-Hersteller, so erzählte mir kürzlich ein Experte des dortigen Automarkts, nähmen deutsche Anbieter inzwischen gar nicht mehr ernst: „Sie sagen, bei E-Autos sind wir als Chinesen unter uns, da spielen Volkswagen und Co. einfach keine Rolle mehr.“ Das gleiche gelte bei Hightechthemen wie dem Autonomen Fahren. 

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VW, einstmals der große Autochampion in China, wird dort nun also belächelt. Nur so eine Vermutung: Könnte es sein, dass das auch für die halbherzigen Sparbemühungen der Wolfsburger gilt?

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