Deutsche Autozulieferer investieren am meisten in Forschung und Entwicklung und kaufen Software- und Elektronikwissen ein. In Zukunftsfeldern haben sie sich nach einer Studie der Unternehmensberatung PwC auch mit Übernahmen verstärkt. Bei digitalen Dienstleistungen sollten sie jetzt aber mit Autoherstellern die Kräfte bündeln: „Will sich die deutsche Automobilindustrie hier mittelfristig nicht die Butter vom Brot nehmen lassen, wird das nur durch stärkere Kooperation von Top-Zulieferern und Herstellern möglich sein“, sagte PwC-Branchenexperte Henning Rennert.
„Die deutschen Zulieferer haben die Umbrüche in der Autobranche bislang gut gemeistert“, sagte PwC-Partner Richard Viereckl. Im vergangenen Jahr hätten sie 221 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet und ihren Weltmarktanteil von 24 Prozent behauptet. Um „ihre Position als Innovations- und Qualitätsführer zu festigen“, investierten sie im Durchschnitt 5,7 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung – der größte deutsche Zulieferer Robert Bosch kam in den vergangenen drei Jahren sogar auf über 9 Prozent. Die europäischen Konkurrenten gaben im Schnitt 3,7 Prozent aus, die asiatischen und amerikanischen Zulieferer nur gut 3 Prozent.
„Im zukünftigen Spannungsfeld elektrischer, autonomer, vernetzter und geteilter Autos müssen alle Player erst noch Kompetenzen aufbauen“, sagte Rennert. „Zudem setzen internationale Wettbewerber insbesondere aus China gerade zum Sprung an.“
Die größten deutschen Autozulieferer
Freudenberg
Auf Platz 10 schafft es 2017 der Zulieferer mit einem Unternehmensumsatz von 4,21 Milliarden Euro. Das entspricht einer Umsatzsteigerung von 40,1 Prozent zum Vorjahr. Freudenberg liegt damit international auf Platz zwei der Wachstumschampions. Mehr Wachstum konnte nur der chinesische Zulieferer Weichai Power mit 68 Prozent erzielen. Freudenberg beliefert die Automobilindustrie mit Produkten aus den Bereichen Dichtungs- und Schwingungstechnik sowie Vliesstoffe und Filtration. Das Unternehmen steckt aber auch hinter Haushaltsprodukten wie Vileda und O-Cedar.
Quelle: Berylls
Eberspächer
4,48 Milliarden Euro Umsatz machte der Automobilzulieferer 2017. Das sind 3,6 Prozent mehr als 2016. Das Wachstum verdankt Eberspächer insbesondere der steigenden globalen Nachfrage nach Abgasreinigungstechnologien. In dem Geschäftsbereich „Exhaust Technology“ konnte Eberspächer den Umsatz um 4 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro steigern.
Brose
Auf Platz 8 der größten Automobilzulieferer Deutschlands liegt Brose. Mit einem Umsatz von 6,31 Milliarden Euro bleibt das Unternehmen aus Coburg international weiterhin auf Platz 40. Brose beschäftigt derzeit 26.000 Mitarbeiter in 23 Ländern und will weiter wachsen. Brose-Chef Kurt Sauernheimer kündigte Zukäufe im Wert von 2,5 Milliarden Euro an.
Hella KG Hueck
In der Automobilsparte bündelt Hella die drei Komponenten Entwicklung, Herstellung sowie Vermarktung. Der Konzern profitierte insbesondere von der hohen Nachfrage nach Licht- und Elektronikprodukten. 2017 erreichte das Unternehmen aus Lippstadt einen Umsatz von 6,39 Milliarden Euro. Seit 2015 ist der Konzern im MDax gelistet.
Thyssen-Krupp Automotive
Mit einer Umsatzsteigerung von 12,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr schafft die Automobilsparte von Thyssen-Krupp 2017 den Sprung unter die 30 größten Zulieferer weltweit. Damit beträgt der Umsatz des Unternehmens 7,73 Milliarden Euro. Zu Thyssenkrupp Automotive gehören weltweit acht Standorte mit 1500 Mitarbeitern.
Schaeffler
Seit 2015 ist der Familienkonzern aus Herzogenaurach noch wenig erfolgreich an der Börse. Dem auf Präzisionstechnik spezialisierten Zulieferer steht derzeit ein großer Umbau bevor, um den Sprung ins Elektrozeitalter zu schaffen. Bisher ist das Unternehmen noch mit rund 50 Prozent vom Verbrennungsmotor abhängig. In Folge des Umbaus werden 950 Stellen wegfallen. Den Umsatz konnte Schaeffler 2017 mit 5,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern und erreicht mit 10,87 Milliarden Euro Umsatz den fünften Platz im Deutschland-Ranking.
Mahle
Das Stuttgarter Unternehmen besteht aus vier Geschäftsbereichen: Motorsysteme und -komponenten, Filtration und Motorperipherie, Geschäftsbereich Thermomanagement, Geschäftsbereich Aftermarket und Division Mechatronik. 2017 machte der Autozulieferer insgesamt 12,78 Milliarden Euro Umsatz (2016: 12, 32 Milliarden).
ZF Friedrichshafen
Auf den vierten Platz schafft es ein deutsches Unternehmen: ZF Friedrichshafen verzeichnet einen Jahresumsatz von 33,53 Milliarden Euro und steigt danke eines Wachstums von 3,6 Prozent um einen Platz auf. 1915 gründete die Zeppelin-GmbH zusammen mit einer Zahnräderfabrik das Unternehmen am Bodensee gegründet mit dem Ziel, Zahnräder nach einer neuen Technologie herzustellen.
Continental
Auch der zweitplatzierte kann seine Vorjahresplatzierung halten. Der 1871 gegründete Konzern entwickelte sich von einem reinen Reifenhersteller zu einem der führenden Automobilzulieferer weltweit: 235.000 Mitarbeiter arbeiten an 400 Standorten in 61 Ländern, seit 2012 wird Conti im Dax gehandelt. Mit einer Beteiligung der Schaeffler Holding in Höhe von 46 Prozent ist Continental ein Schwesterunternehmen der Schaeffler AG. 44,01 Milliarden Euro Umsatz verzeichnete das Unternehmer im 2017 und damit 8,5 Prozent mehr als im Vorjahr.
Bosch
1886 in Stuttgart gegründet, ist Bosch zu einem multinationalen Unternehmen mit 450 Tochtergesellschaften gewachsen. Neben Gebrauchsgütern und Industrietechnik ist Bosch 2004 in den Bereichen Automobilelektronik und -mechatronik erstmals zum weltgrößten Automobilzulieferer gewachsen. 2012 fielen die Deutschen kurzzeitig hinter Denso und Continental Automotive auf den dritten Platz zurück, konnten aber drei Jahre später ihre Spitzenposition zurückgewinnen. Dank eines Wachstums von 7,8 Prozent und einem Jahresumsatz von 47,38 Milliarden Euro bleibt Bosch auch in diesem Jahr auf dem ersten Platz. 2017 war die Automobilsparte für 61 Prozent des gesamten Konzernumsatzes des Unternehmens verantwortlich.
Fast alle deutschen Zulieferer hätten in den vergangenen Jahren mit Beteiligungen und Übernahmen ihre Kompetenzen ausgebaut, vor allem bei Software, aber auch bei Elektrik und Elektronik. Trotz der hohen Ausgaben für Forschung und Entwicklung erreichten sie bei den Gewinnmargen fast das Niveau der Konkurrenz, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten PwC-Studie.
Große Zulieferer wie Robert Bosch und Continental digitalisierten ihre Produkte oder erweitern ihr Angebot mit Dienstleistungen wie Flottenmanagement, Kartendaten oder Ridesharing. Auf diesem Gebiet träten Zulieferer neuerdings sogar in direkte Konkurrenz zu den Autoherstellern und zielten selbst auf Autofahrer als Kunden. Aber kapitalstarke Softwarekonzerne wie Google und Microsoft hätten diesen Markt schon erobert, seien in vielen Bereichen kompetenter und investierten zudem noch weit mehr in Forschung und Entwicklung. Wenn die deutsche Autoindustrie sich auf diesem Gebiet mitmischen wolle, müsse sie ihre Kräfte bündeln, sagte Rennert.