Starke Zahlen, neue Kontroversen Musk keilt gegen Corona-Maßnahmen

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Musk ist eben kein normaler Firmenchef

„Gib den Leuten ihre Freiheit zurück“, twitterte Musk noch vor Verkünden der Zahlen und feuerte die kontroverse Debatte um Ausgangsbeschränkungen weiter an. Er legte mit einem raren Lob für Texas nach. Der Ölstaat hatte Tesla in den vergangenen Jahren regelmäßig Steine in den Weg beim Verkauf von Teslas Elektrolimousinen gelegt. „Bravo, Texas“, jubelt Musk nun, weil Gouverneur Greg Abbott gerade beim Hochfahren der Wirtschaft vorprescht.

Was gerade in Amerika geschehe, setzte Musk hörbar emotional bei der Vorlage der Quartalszahlen fort, „werde dem Land sehr schaden.“ Was gerade geschehe, sei nicht im Einklang mit den Gründen, „warum Leute nach Amerika gekommen sind.“ Musk selbst ist Südafrikaner, siedelte Ende der 1980er erst nach Kanada, dem Geburtsland seiner Mutter über, um dann Mitte der 1990er sein erstes Unternehmen im Silicon Valley zu starten.

Die Einschränkung der Freiheit gehe zu weit. Wenn Menschen ihr Haus nicht verlassen wollen, sei das okay, so Musk. Allerdings nicht, wenn das verboten und ihnen mit Arrest gedroht werde. „Das ist faschistisch, das ist nicht demokratisch.“ Da in den USA die derzeitigen Ausgangssperren den jeweiligen Landesregierungen unterliegen, greift Musk damit den Gouverneur seiner Wahlheimat Kalifornien an, ohne ihn direkt beim Namen zu nennen.

Solche Aussagen beweisen, dass Musk kein normaler Unternehmenschef ist und Kontroversen nicht aus dem Weg geht, sondern sie sogar provoziert. Es wird nicht nur eine Debatte über den Faschismus-Begriff auslösen, sondern auch Tesla schaden. Zufall oder nicht: Kurz nach seinem Ausbruch brach der Konferenzcall für mehrere Minuten zusammen.

Doch der Tesla-Chef ging noch weiter: So regte er ein großes Infrastrukturprogramm an. Der Zustand vieler Straßen und Flughäfen sei nur „peinlich“. Musk hatte für dieses Jahr angepeilt, eine halbe Million Fahrzeuge zu verkaufen. Ob diese tatsächlich einen Käufer finden, steht in den Sternen. Die Kapazität dafür, so bekräftigte er, sei jedoch vorhanden. Im nächsten Jahr soll die Zahl auf eine Million Fahrzeuge verdoppelt werden.

Die Priorität liegt nun eindeutig auf Personenkraftwagen. Die Auslieferung des Sattelzuges Tesla Semi ist auf das nächste Jahr verschoben und liegt damit nun zwei Jahre hinter Plan.

Keine Frage, Teslas Historie ist eine Kette von ständigen Herausforderungen. Das laufende zweite Quartal, mit dem geschlossenen Stammwerk, ist allerdings ein neuer Höhepunkt.

Doch die gesamte Autobranche ist von Covid-19 und der Rezession betroffen. Tesla könnte davon profitieren, wenn sich die Herausforderer mit ihren Elektromodellen jetzt noch mehr Zeit lassen. Zumal der sinkende Benzinpreis die Nachfrage drückt.

Ob Regierungen angesichts der schweren wirtschaftlichen Probleme und Mehrausgaben zum Stützen der Wirtschaft und Gesellschaft sich weiterhin Elektroautoprämien leisten können, ist jedoch fraglich. Zudem könnten viele der lukrativen Gutschriften, die Tesla für den Verkauf seiner emissionsfreien Autos von anderen Herstellern erhält, wegfallen. Im ersten Quartal 2020 waren das immerhin 354 Millionen Dollar, nach 216 Millionen Dollar in den ersten drei Monaten 2019. Weniger dieser Gutschriften wegen allgemein zähem Autoverkauf, gekoppelt mit einbrechender Nachfrage nach Elektroautos aufgrund sinkender Benzinpreise, warnt Alyssa Altman, Analystin des Beratungshauses Beratungshaus Publicis Sapient, könnten zu „einem jähen Ende von Teslas Erfolgssträhne führen.“ Doch das ist schon oft prognostiziert worden.

Musk ist wie immer optimistisch. „Während andere Unternehmen ihre Investitionen senken, machen wir das Gegenteil.“ In „spätestens drei Monaten, vielleicht schon im nächsten Monat“ will er den Bau der nächsten großen Fabrik bekanntgeben, diesmal in den USA. Sie soll den Cybertruck fertigen und das lukrativste Fahrzeugsegment der USA aufmischen.

Teslas Fortschritte bei Fahrassistenzsystemen gehen derweil voran. Seit kurzem können Teslas mit dem aktuellsten Fahrcomputer auch Verkehrsschilder und Ampeln erkennen und darauf reagieren. Noch in diesem Jahr, kündigte Musk an, werde man das automatische Fahren auch als Abo anbieten. „Wir glauben jedoch weiterhin, dass der Kauf dieser Funktion finanziell sinnvoll ist, weil sie den Wert des Wagens steigert“, versicherte Finanzchef Kirkhorn eilig. Momentan kostet das Upgrade mindestens 4000 Dollar.

„Tesla ist eine der wertvollsten Automarken“, meint Karl Brauer, Verleger des Kelley Blue Books, dem US-Pendant der Schwacke Liste. Die Loyalität seiner Kunden, für die Tesla berühmt ist, so Brauer, werde in der Krise sehr helfen.

Hedgefonds-Spekulanten wie David Einhorn, die seit Jahren einen Bankrott von Tesla vorhersagen und meinen, dass mit der Buchhaltung etwas nicht stimme, dürften weiter warten. Covid-19 wird Autobauer in die Knie zwingen, aber Tesla wird wohl nicht darunter sein.

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