Subvention für Elektroautos Die Kaufprämie ist ein ordnungspolitischer Sündenfall

Die Bundesregierung will den bislang mauen Absatz von E-Autos mit üppigen Kaufprämien von bis zu 4000 Euro anheizen. Die Subvention ist teuer und unnötig. Und die Ziele werden ohnehin verfehlt.

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Ein Elektroauto steht an einer Stromtankstelle Quelle: dpa

Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) ist ein Meister von Sprachbildern. Die Unterstützung der Elektromobilität etwa durch Kaufprämien sei vergleichbar mit der Entwicklung des Airbus in Europa. Damals wollte man nicht, dass Dreiviertel des Marktes von einem amerikanischen Unternehmen beherrscht würde. Heute sei man „in ähnlicher Lage“, sagte Gabriel bei der Vorstellung staatlicher Kaufanreize für die Elektromobilität in Berlin. Das Auto werde derzeit „neu erfunden“. Man müsse aufpassen, dass die Entwicklung nicht von Unternehmen bestimmt werde, die ihren Sitz außerhalb Europas haben.

Die Bundesregierung hat sich deshalb zu massiven Subventionen für Hersteller von Elektroautos durchgerungen. Insgesamt zahlt der Bund bis 2020 eine Milliarde Euro. 600 Millionen Euro davon werden Käufern von batteriebetrieben Fahrzeugen als Prämie gewährt. Für das reine E-Auto gibt es 4000 Euro, für Hybride 3000 Euro. Die Hälfte davon zahlt jeweils der Hersteller.

Die Autoindustrie hat die Subvention nicht verdient

Die Entscheidung der Bundesregierung ist ein ordnungspolitischer Sündenfall. Die Argumente gegen die Subvention sind so vielfältig wie überzeugend.

1. Die Politik fördert Produkte einer einzelnen Branche. Das ist wettbewerbsverzerrend. Mit den Argumenten der CO2-Reduktion müssten auch anderen Branchen unterstützt werden. Zum Beispiel die Bahn. Die fährt sogar rein elektrisch. Zudem will die Deutsche Bahn ihren Anteil erneuerbarer Energien im Bahnstrom bis 2020 auf 45 Prozent erhöhen. Das ist vorbildlich.

2. Die Subvention wird zu irrwitzigem Verhalten der Autoindustrie führen. Für Elektroautos mit einem Wert von mehr als 60.000 Euro soll es nämlich keine Prämie geben. Doch man darf gespannt sein, wie viele Modelle demnächst 59.999 Euro kosten werden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht von einer Liste von Fahrzeugen, die gefördert werden können. Die Preisstrategen der Konzerne haben das Rechnen sicher schon begonnen.

3. Die Autoindustrie hat es nicht verdient. Erst am Freitag offenbarte ein Bericht der Untersuchungskommission zum Volkswagen-Skandal, wie dreist die Hersteller rechtliche Möglichkeiten ausschöpften, um die Anlagen zur Reduzierung von Stickoxiden auszuschalten. Nun werden 630.000 Fahrzeuge zurückgerufen. Auch Gabriel kritisierte die deutsche Autoindustrie heute für ihr dauerhaft regressives Verhalten in der Vergangenheit. Geld gibt es trotzdem – in Form der Kaufprämien.

Autobauer wollen sich nicht an der Prämie beteiligen

4. Die Autoindustrie hat es nicht nötig. Elektromobilität gilt als Zukunftstechnologie. Es ist das ureigene Interesse von Unternehmen, bei neuen Technologien Marktführer zu werden. Es gibt daher keinen Grund, die Autohersteller, die im vergangenen Jahr Milliardengewinne eingefahren haben, großzügig zu unterstützen. Übrigens weigerten sich die Hersteller Volkswagen, Daimler und BMW sogar, die Hälfte einer Kaufprämie von 5000 Euro zu übernehmen. Ihnen schwebte offenbar vor, dass der Staat noch tiefer in die Tasche greift. Dreist.

Diese Elektroautos gibt es zu kaufen
Smart fortwo electric drive Quelle: Daimler
VW e-Up! Quelle: Volkswagen
BMW i3BMW ist mit dem i3 einen mutigen Schritt gegangen: Die Münchner haben nicht nur ein futuristisches Design gewagt, sondern auch gleich eine Kohlefaser-Karosserie in Serie gebracht. Alle anderen Elektroautos auf dem Markt basieren auf mehr oder weniger mutig gezeichneten Stahl- und/oder Alu-Karosserien. Deutlich über 2000 i3 sind bereits auf deutschen Straßen unterwegs. Dabei fällt er stärker auf als andere Elektroautos, denn sein extrovertiertes Design polarisiert. Minuspunkt: Beim Laden ist der Elektro-BMW nicht der allerschnellste, da er nicht mit den dafür nötigen Schnelllade-Standard unterstützt. In der Preisliste steht der i3 ab 34.950 Euro.Leistung: 170 PSAkku: 18,8 kWhReichweite: 190 km Quelle: BMW
Nissan Leaf Quelle: Nissan
Volkswagen e-Golf Quelle: Volkswagen
Renault Zoë Quelle: Renault
Mitsubishi EV/Peugeot iOn/Citroën C-Zero Quelle: Mitsubishi

5. Die Ziele bleiben unklar. Man müsse einen Leitmarkt in Deutschland aufbauen und zeigen, dass man die neue Technologie beherrsche, sagte Gabriel. „Wir machen aktive Industriepolitik“, so der SPD-Chef. Doch wenig später sagte Schäuble: „Wir fördern die Elektromobilität und nicht die deutschen Unternehmen“. Der Widerspruch zeigt, wie ziellos die Bundesregierung herum eiert. Ohne klaren Fokus kann man keine Politik machen. Und eine Million Elektrofahrzeuge bis 2020, wie einst als Ziel vorgegeben, sind ohnehin nicht mehr erreichbar. Mit den Kaufprämien würden nur noch 500.000 Elektrofahrzeuge erreicht werden können, ließ Gabriel durchblicken.

Investition in Ladeinfrastruktur ist sinnvoll

So oder so: Das Windhundrennen ist eröffnet. Käufer von Hybriden und Elektroautos erhalten nur so lange Geld vom Staat, bis die 600 Millionen Euro ausgeschöpft sind.



Nicht alles, was die Bundesregierung heute entschieden hat, war übrigens schlecht: 300 Millionen Euro investiert der Staat bis 2020 in die Ladeinfrastruktur. Das ergibt Sinn. Auch die weiterhin hohe Forschungsförderung für die Entwicklung der Batterietechnik der neusten Generation ist industriepolitisch ein Muss. So holt man Wertschöpfung, die bislang vor allem in Asien stattfindet, nach Deutschland. Kaufprämien für Elektrofahrzeuge, wo sich deutsche Autohersteller inzwischen ganz nebenbei an die weltweite Spitze geschoben haben, sind überflüssig.

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