Super Charger für E-Autos Elektrisch über den Brenner: Porsche baut Schnellladenetz in die Alpen

In Europa will Porsche den Aufbau eines eigenen Ladenetzes vorantreiben – und eine Ladenetzschneise in die Alpen schlagen. Quelle: Presse

Das Jahr für Porsche läuft erfolgreich, aber der Autobauer muss zunehmend Tesla fürchten. Nun wollen die Stuttgarter die Strategie des Konkurrenten teilweise kopieren – und eine Ladenetzschneise in die Alpen schlagen.

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Ob die Marketingabteilung bei Porsche jemals gezählt hat, wie viele Fahrer der Premiummarke jedes Jahr über den Brenner fahren? Der Pass auf 1370 Meter über Meereshöhe, wo sich die Grenze zwischen Österreich und Italien befindet, ist offenbar so etwas wie eine Einfahrtschneise für Sportwagen-Fahrer. Über eine vierspurige Autobahn geht es für sie ab in den Skiurlaub etwa in die italienischen Dolomiten oder von Süden kommend in die Gegend um Innsbruck.

In der Welt von Porsche bekommt der Brennerpass künftig eine besondere Bedeutung. Dort will die Premiummarke des Volkswagen-Konzerns einen neuen Ladepark eröffnen. Bis zu zwölf Schnellladesäulen, exklusiv für Fahrer eines Porsche-Elektroautos. So sollen Besitzer etwa des Elektroautos Taycan ihr Fahrzeug besonders schnell laden können – ohne, dass sie sich die Ladesäulen mit Fahrern anderer Elektroautos teilen müssen.

Der Brenner ist nur einer von rund 100 Standorten in Europa, die Porsche mit einem Ladepark bewirtschaften will – idealerweise mit angeschlossenem Café. So soll ein exklusives Super-Charger-Netz für eine exquisite Klientel entstehen, mit einer Ladegeschwindigkeit, die die Konkurrenz in den Schatten stellen soll. Derzeit sucht das Unternehmen geeignete Standorte. Zehn bis 15 Stationen sollen in Deutschland entstehen, „vor allem in Richtung der alpinen Skigebiete“, sagt ein Sprecher.

Im Ansatz kopiert Porsche damit die Strategie des ärgsten Konkurrenten Tesla. Der US-Elektropionier hat in Europa flächendeckend in Schnellladesäulen investiert und damit den Käufern weitestgehend ihre Reichweitenangst genommen. Porsche muss Tesla inzwischen gar fürchten. Die Amerikaner haben Porsche erstmals beim Absatz in Deutschland überholt. Bis Ende Oktober meldete Tesla fast 26.000 Neuwagenzulassungen und kam auf einen Marktanteil von 1,3 Prozent. Porsche kam in den ersten zehn Monaten auf lediglich rund 20.000 Fahrzeuge und ein Prozent Marktanteil. Das neue Werk in Grünheide dürfte Tesla weiteren Schub geben.

Dass Porsche nun ein eigenes Netz vorantreibt, dürfte auch damit zu tun haben, dass das Unternehmen mit dem Netz öffentlicher Ladeparks bislang nicht uneingeschränkt glücklich ist. Porsche setzt wie die Schwestermarken aus dem VW-Konzern auf die Ladeoptionen des Anbieters Ionity – einem Gemeinschaftsunternehmen von VW, Daimler, BMW und Ford. Ionity hat entlang der europäischen Autobahnen ungefähr 400 Ladeparks gebaut. Doch selbst VW-Chef Herbert Diess bemängelte während eines Urlaubstrips im August die Säulen-Qualität von Ionity: „kein WC, kein Kaffee, eine Säule außer Betrieb/defekt, traurige Angelegenheit. Das ist alles andere als ein Premium-Ladeerlebnis, Ionity!“, meckerte der Konzernboss seinerzeit. Außerdem musste Diess einen Ladepark wegen Überfüllung links liegen lassen.

Das soll Porsche-E-Fahrern künftig nicht passieren. Vor allem auf dem Weg in die Alpen sollen Fahrer etwa des Taycan oder des Elektro-Macan keine Probleme haben, schnell nachzuladen. Und vor allem will Porsche neue Maßstäbe setzen. Pro Ladepark verspricht Porsche bis zu zwölf Säulen mit High Power Charging (HPC)-Technologie – einer Entwicklung von Porsche Engineering. Damit wird Gleichstrom mit einer Leistung von bis zu 350 Kilowatt (kW) in die Batterie gedrückt. So viel Energie kann kaum ein Auto aufnehmen. Ein Porsche Taycan verträgt selbst nur rund 270 kW, ist damit aber das derzeit am schnellsten ladende Großserienauto. In fünf Minuten wird ausreichend Energie für 100 Kilometer Fahrleistung geladen. Der Tesla Model 3 Long Range nimmt Strom mit rund 250 kW auf, der Mercedes-Benz EQS lädt mit 200 kW, der Audi e-tron mit 150 kW und den Volkswagen ID.4 kann man optional mit bis zu 125 kW Ladeleistung bekommen.

Porsche setzt damit neue Maßstäbe. Anfang 2020 hat der Premiumautobauer bereits einen Schnellladepark in der Nähe des Kundenzentrums in Leipzig eröffnet. Dort sorgen ebenfalls zwölf Ladesäulen mit bis zu 350 kW Ladeleistung für schnelles Aufladen. Einen Teil der Säulen nutzt Porsche exklusiv, die anderen wurden anderen Marken gegenüber geöffnet.

Für Porsche spielen die Elektrofahrzeuge eine immer größere Rolle. Schon heute fährt fast jedes fünfte verkaufte Porsche-Auto rein elektrisch. Unternehmenschef Oliver Blume will in den nächsten fünf Jahren 15 Milliarden Euro in E-Autos investieren, etwa in die neue Elektroversion des Einsteigermodells Macan. Bis 2025 sollen bei Porsche 50 Prozent der Autos elektrisch angetrieben sein, bis 2030 gar 80 Prozent. Schon in diesem Jahr markierte der vollelektrische Taycan eine Zeitenwende. In den ersten neun Monaten dieses Jahres hat Porsche mehr davon verkauft als von der Sportwagen-Ikone 911er.

Die Modelloffensive kann sich Porsche leisten. Kaum ein Autobauer glänzt mit einer derart üppigen Umsatzrendite. Von den rund 26 Milliarden Euro fließen mehr als 15 Prozent in den operativen Gewinn. Das ist knapp drei Mal soviel wie Audi oder Mercedes. Gegenüber BMW und Tesla sehen die Finanzzahlen noch besser aus. Auch sonst sehen die Zahlen gut aus. Der Umsatz stieg in den ersten neun Monaten kräftig um 15,4 Prozent, der operative Gewinn hat sich nahezu verdoppelt. 

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Den Aufbau eines eigenes Ladenetzes will Porsche aber nur in Europa vorantreiben. In den USA setzt die VW-Tochter weiterhin auf Electrify America. Das Unternehmen betreibt Ladesäulen, die von Fahrern aller Marken genutzt werden können. Je nach Status der Mitgliedschaft kostet eine Kilowattstunde ab 31 Dollar-Cent. Das Netz soll bis Jahresende auf 800 öffentliche Ladeparks mit rund 3500 Säulen ausgebaut werden. Electrify America geht zurück auf den Dieselskandal. VW hatte sich zu Investitionen in die Ladeinfrastruktur verpflichtet - ein Glücksfall für Porsche. 

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