Ist also etwa Volkswagen der große Wurf gelungen, wenn die Wolfsburger in wenigen Monaten das C-SUV T-Roc – im Vergleich zur Europa-Version um einige Zentimeter gestreckt – und etwas später das B-SUV T-Cross auf den Markt bringen? Laut der Studie müsste die Antwort ein klares „Jein“ sein. Ja, kleinere, aber hochwertige SUV legen derzeit kräftig zu. Noch stärker aber wachsen die chinesischen Marken bei den Einsteiger-SUV, die zwischen 50.000 und 100.000 Yuan (6500 bis 13.000 Euro) kosten – sie machen in diesen Segmenten 89 Prozent des Marktes aus.
Darüber hinaus gibt es vier Faktoren zu bedenken, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden werden:
- Die Elektromobilität wird wichtiger, in China wohl schneller als in Europa. Die chinesischen Autobauer produzieren bereits heute 23 Prozent ihrer Fahrzeuge mit Elektroantrieb (fünf Prozentpunkte mehr als im Vorjahr). Im Falle unseres Beispiels sind aber weder der T-Roc noch der T-Cross für E-Antriebe vorbereitet.
- Die Markenloyalität nimmt ab: Sie lag in China schon länger unterhalb des internationalen Durchschnitts. Bei McKinsey gaben aber nur 12 Prozent der Autokäufer an, beim nächsten Autokauf ihrer Marke treu zu bleiben – ein weiterer Rückgang um sieben Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Premiummarken schneiden hier nur unwesentlich besser ab.
- Die Ansprüche an Connectivity-Lösungen steigen. Ein Drittel der befragten Kunden in China sagte, dass eine In-Car-Connectivity entscheidend sei – in Deutschland sagt das nicht einmal jeder fünfte Kunde. Die Zahlungsbereitschaft für die Vernetzung ist in China aber deutlich geringer als in Deutschland – sie wird einfach als Standard gesehen.
- Das Auto verliert auch in China seine Bedeutung als Statussymbol. 52 Prozent der Befragten gab ein, sich ein Leben ohne eigenes Auto vorstellen zu können. 38 Prozent würden ihr Auto abgeben, wenn sie dafür im Gegenzug kostenlose Mobilitätsangebote nutzen könnten. Zudem sind die Chinesen deutlich optimistischer bei autonomen Autos (sie kommen für über 60 Prozent infrage, aber nur 31 Prozent in Deutschland).
Abgesehen von der Markenloyalität, die in China historisch anders gewachsen ist als im Auto-Land Deutschland, sind das alles Themen, die VW, Daimler und Co auch in Deutschland umtreiben – wenn auch in leicht anderen Ausprägungen. Doch in China wird der Wandel sehr wahrscheinlich schneller vollzogen als in Deutschland. Und damit das angestammte Geschäftsmodell, das heute noch für prächtige Gewinne taugt, schneller aussortiert werden müssen.
Fahrzeugproduktion und -absatz in China seit 2008
Produktion: 6,74 Millionen Autos und 2,56 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 6,76 Millionen Autos und 2,63 Millionen Nutzfahrzeuge
Quelle: Statista.de
Produktion: 10,38 Millionen Autos und 3,41 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 10,33 Millionen Autos und 3,31 Millionen Nutzfahrzeuge
Produktion: 13,9 Millionen Autos und 4,37 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 13,76 Millionen Autos und 4,3 Millionen Nutzfahrzeuge
Produktion: 14,49 Millionen Autos und 3,93 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 14,47 Millionen Autos und 4,03 Millionen Nutzfahrzeuge
Produktion: 15,52 Millionen Autos und 3,75 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 15,5 Millionen Autos und 3,81 Millionen Nutzfahrzeuge
Produktion: 18,09 Millionen Autos und 4,03 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 17,93 Millionen Autos und 4,06 Millionen Nutzfahrzeuge
Produktion: 19,92 Millionen Autos und 3,8 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 19,7 Millionen Autos und 3,79 Millionen Nutzfahrzeuge
Produktion (Januar-März): 5,31 Millionen Autos und 0,89 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz (Januar-März): 5,31 Millionen Autos und 0,85 Millionen Nutzfahrzeuge
„China wird in absehbarer Zeit ein Must-Win-Markt für Automarken bleiben“, bilanzieren die Studienautoren. „Da die chinesischen Konsumenten weiterhin anspruchsvoller werden, müssen Autohersteller ihre Erfolgsformeln neu erfinden, um sie zu überraschen und zu erfreuen.“ Das bedeute, hochmoderne Konnektivitätsoptionen zu liefern, digitale Innovationen zu verfolgen, Elektrofahrzeuge anzubieten und im aufsteigenden Gebrauchtwagenmarkt grundlegende Schritte einzuleiten. „Mit zunehmender Konkurrenz von chinesischen Marken, digitalen Playern und Mobilitätsfirmen, kann es sich kein traditioneller Autokonzern leisten, die umfangreichen Maßnahmen, die sie heute nehmen sollten, abzulehnen“, so die Studienautoren. „Das gestrige "leichte" Wachstum in China ist eine Erinnerung – der Erfolg von morgen erfordert einen anderen Einsatz von Fähigkeiten und Ideen.“