Tauziehen um Automanager Duesmann Der Mann, der Audi und BMW retten könnte

Markus Duesmann soll Audi-Chef werden, aber sein jetziger Arbeitgeber BMW lässt ihn nicht gehen. Quelle: imago images

Markus Duesmann soll Audi-Chef werden, aber sein jetziger Arbeitgeber BMW lässt ihn nicht gehen. Wie der Automanager zwischen die Fronten geraten ist.

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Zukunft lässt sich nicht vorhersehen. Markus Duesmann bekommt das gerade zu spüren. Jahrelang hatte der ehemalige Einkaufschef von BMW davon geträumt, Chef eines Autokonzerns zu werden. Volkswagen-Chef Herbert Diess, der selbst lange bei BMW arbeitete, stellte Duesmann den Chefposten bei Audi in Aussicht – und warb ihn vor einem Jahr ab. In Ingolstadt soll er schnellstmöglich anfangen. Eigentlich schien der Karriereturbo besiegelt, Duesmann am Ziel seiner Träume.

Doch so schnell wird Duesmann Audi nicht zu Hilfe eilen können. Zwar kündigte der Manager vor rund einem Jahr bei BMW, doch die Münchner lassen ihn seither nicht ziehen, belegten ihn gar mit einer Wettbewerbssperre. „Ich habe noch nie erlebt, dass jemand, der gehen will, derart festgehalten wird“, sagt ein Kenner der Autobranche. Für BMW ist die Sache logisch: Duesmann trage schließlich noch viel relevantes Wissen mit sich, erzählt man sich in München. Und Audi ist als Premiumautobauer eben ein direkter Konkurrent. So wie es aussieht, wird Duesmann wohl nicht vor Oktober 2020 in Ingolstadt anfangen können.

Das Tauziehen um Duesmann lähmt nun Audi. Denn dort sitzt mit Abraham Schot nach dem Ausscheiden des ehemaligen Audi-Chefs Rupert Stadler eine Interimslösung. Ein Mann, über den Audi-Gesamtbetriebsratschef Peter Mosch kürzlich sagte: „Schot ist jetzt im Moment der richtige Mann an der richtigen Stelle.“ Viele interpretierten das so, dass Mosch Schot angezählt habe. So oder so ist er nur Chef auf Abruf. Duesmann soll übernehmen.

Doch Audi muss warten und BMW fehlt ein Manager, der intern wie extern einen guten Ruf genießt, mit dem der Autobauer aber operativ nichts mehr anfangen kann. Im Prinzip kennt der Zwist daher nur Verlierer: Audi, BMW – und Duesmann selbst.

Denn die Welt hat sich in dem Jahr, seit der studierte Maschinenbauer bei BWM raus ist, weitergedreht. Harald Krüger hat kürzlich hingeworfen und will BMW so schnell wie möglich verlassen. Am 18. Juli kommen die BMW-Aufsichtsräte im US-Werk Spartanburg zusammen, um den neuen Vorstandschef zu küren. Wäre Duesmann nicht dem Ruf von Diess gefolgt, so wäre er vermutlich ein sehr aussichtsreicher Kandidat bei BMW. Es wäre eine einmalige Chance gewesen.

Noch heute reden sie in München in den höchsten Tönen von dem Motorenliebhaber. Er sei „höchst geschätzt“, ein „genialer Ingenieur“. Man bedauere, dass er sich damals verabschiedet habe. Allerdings kämpfe BMW nicht um ihn, tönt es dann doch etwas beleidigt.

Wirklich nicht?

Schließlich könnte Duesmann bei BMW jetzt ein riesiges Problem lösen. Denn aktuell gilt zwar BMW-Produktionschef Oliver Zipse als Kronprinz. Doch der ist schon 55 Jahre alt – und bei BMW gehen Vorstände eigentlich mit 60 in Rente. Mehr als gut eine Amtszeit könnte er also nicht leisten. Außerdem empfinden ihn Gesprächspartner als eitel, unnahbar und wenig empathisch. Er sei zwar hart in der Sache, aber auch undurchschaubar. Und der zweite Kandidat, Entwicklungschef Klaus Fröhlich, ist noch älter – ungefähr ein Jahr vor der BMW-Rente.

Duesmann ist im Juni 1969 geboren – und gerade erst 50 Jahre alt geworden. Erfahrung in der Autoindustrie hat er anders als andere BMW-Kandidaten auch über den Münchner Premiumautobauer hinaus gesammelt. Seine Karriere startete er 1992 bei Mercedes Benz als Konstrukteur für den V12 Serienmotor. Später leitete er für Mercedes die Entwicklung der Formel 1. Zu BMW kam Duesmann 2007, ebenfalls zur Formel 1, als Leiter der Antriebe. Über mehrere Stationen arbeitete er sich bis in den Vorstand vor, wo er im Oktober 2016 landete.

Trotzdem scheint er auf dem Boden geblieben, so berichten es ihm Nahestehende. Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS) schrieb mal über ihn, dass er immer noch gerne an Motoren schraube, „nur nicht mehr in öligen Garagen, sondern in seiner Vorstandsvilla. Wenn an einem Prachtexemplar aus seiner Motorradsammlung etwas fehlt, bockt er das Gefährt mitten im Wohnzimmer auf.“ Das Beweisfoto habe er auf dem iPhone. Und auch als Mensch gilt er vielen als bodenständig und Familienmensch. So begleitete er laut FAS seine Tochter an ihrem ersten Schultag, obwohl der auf die Eröffnung der wichtigsten Automesse der Welt gefallen sei, wofür sich traditionell der gesamte Vorstand herausputze.

Jetzt hatte Duesmann schon ein Jahr Auszeit. Er könnte die Monate seinen Hobbys gewidmet haben: Ausdauersport, Wandern, Radfahren. Vielleicht aber hat er sich auch auf höhere Aufgaben vorbereitet: Schließlich könnte er jetzt gleich bei zwei Premiumautobauern viele Probleme lösen – bei Audi oder BMW.

Mal sehen, ob die BMW-Aufsichtsräte am 18. Juli doch noch eine Überraschung aus dem Hut zaubern.

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