Technik austricksen Warum es Autodiebe leicht haben

Seite 3/3

Sechs Minuten bis zum laufenden Motor

Das Praktische für den Autodieb: Während ein konventioneller Funkschlüssel nur beim Druck auf die Taste funkt, suchen Auto und „Keyless Entry“-Schlüssel nahezu ununterbrochen nacheinander. Diese Kommunikation kann der Dieb aufzeichnen, indem er auf einem Parkplatz mit einem Funkempfänger in der Tasche wartet. Mit diesen Daten gaukelt er dem Auto später vor, der Schlüssel sei in der Nähe. Er muss also nicht einmal mehr das Schloss beschädigen.

Eine mögliche Liste mit Daten aus dem Auto

„Das Problem liegt oft bei den Funkschlüsseln“, sagt auch Technikexperte Heinz-Gerd Lehmann vom ADAC. „Darauf ist der Code für das Schloss gespeichert, genauso wie der Transponder der Wegfahrsperre.“ Sobald der Dieb diese Daten auslesen kann, muss er das Fahrzeug nicht einmal mehr beschädigen, um ins Innere zu kommen.

Eines dieser Funksysteme hört auf den Namen „Hitag2“, hergestellt von NXP Semiconductors. Das System wird seit 1996 eingesetzt und aktuell etwa im Audi A8, zahlreichen BMW-Modellen sowie dem Porsche Cayenne eingebaut. Für eine Forschergruppe von der Radboud Universität im niederländischen Nijmegen war es kein Problem, „Hitag2“ zu knacken.

Elektroautos sind bei Dieben unbeliebt

„Wir haben mehrere schwere Sicherheitslücken in Hitag2 und seiner Verwendung in der Automobilindustrie gefunden“, sagt Forscher Roel Verdult. „Diese Schwächen erlauben es einem Gegner innerhalb von Sekunden auf den geheimen Schlüssel zuzugreifen, wenn eine Funkverbindung zwischen Schlüssel und Fahrzeug besteht. Wenn nur eine Kommunikation mit dem Auto möglich ist, dauert es etwa sechs Minuten.“

Doch auch andere Systeme sind nicht unbedingt sicherer. Zusammen mit Flavio Garcia von der Universität Birmingham ist es Verdult gelungen, das System „Megamos Crypto“ zu knacken. Der VW-Konzern setzt Megamos unter anderem in den Luxusautos von Bentley und Lamborghini ein, aber auch einigen Volumenmodellen.

Erst per einstweiliger Verfügung gelang es Volkswagen, die Veröffentlichung der Arbeit zu verhindern, da sie laut dem Gericht es jemandem erlauben könnte, „vor allem einer kriminellen Bande mit den richtigen Werkzeugen, das Sicherheitssystem eines fremden Autos zu durchbrechen und es zu stehlen“. Im Falle von „Hitag2“ ist das nicht gelungen, die Ausführungen der Forscher sind ohne Probleme im Internet zu finden.

Während es die aktuelle Sicherheitstechnik bei vielen teuren Autos ganz offenbar nicht auf Dauer zuverlässig vor einem Diebstahl schützen kann, hilft Hightech an einer anderen Stelle: beim Antrieb. Die wohl sicherste Möglichkeit ist derzeit, ein Auto mit Elektroantrieb zu fahren. Die Diebe lassen derzeit die Finger von den neuen Stromern – noch.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%