Tesla-Aktie erreicht neue Rekorde Musk: „Wachstums-Unternehmen zahlen keine Schulden zurück“

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„Auch ohne das Model Y ist die Nachfrage stark“

Musk hat vorgebaut. Das Vorziehen des Model Y, dessen US-Start ursprünglich erst für den Herbst dieses Jahres erwartet worden war, dürfte die Nachfrage in den USA in diesem und kommenden Quartalen beleben. Das Model Y deckt das derzeit populäre Segment der kleinen SUV ab. Schon allein der wesentlich bessere und leichter zugängliche Kofferraum könnte etliche Model-3-Eigentümer zum Umstieg bewegen. Was wiederum den Gebrauchtmarkt mit Model-3-Fahrzeugen ankurbeln wird, zumal es neuerdings in Kalifornien auch eine Förderung für gebrauchte Elektrofahrzeuge gibt, wenn die Käufer bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreiten.

Doch das bringt zugleich neue Herausforderungen für Tesla bei der Ladeinfrastruktur und dem Bereitstellen von Ersatzteilen mit sich. Denn es steigert die Zahl von Elektroautobesitzern. „91 Prozent von Elektroautoeigentümern würden wieder eins als nächsten Wagen kaufen“, so eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung McKinsey über den weltweiten Elektroautomarkt. „Auch ohne das Model Y ist die Nachfrage stark“, beharrt Musk.

Die Wachstumsstory von 2020 wird jedoch China sein. Dort hat die Fabrik in Shanghai ihre Produktion aufgenommen. Derzeit ist die Auslieferung wegen dem Coronavirus etwas verzögert, teilte Finanzchef Zach Kirkhorn am Mittwoch mit. Die Autoren der McKinsey-Studie schätzen, dass die Nachfrage nach Elektroautos in China im vergangenen Jahr bei 1,2 Millionen Fahrzeugen lag. In den USA waren es mit 310.000 Fahrzeugen nur etwa ein Viertel davon. Zwar hat das Reich der Mitte auch viermal so viele Einwohner. Doch das Haushaltseinkommen in den USA liegt weit höher. Der Wille chinesischer Konsumenten, sich ein Elektroauto zuzulegen, ist weit stärker ausgeprägt, konstatieren die McKinsey-Berater anhand von Umfragen.

Ab Ende 2021, wenn die Elektroautoförderung der Bundesregierung und der Ausbau der Ladeinfrastruktur ins Rollen kommt, will Tesla mit Fahrzeugen „Made in Germany“ weitere Herzen von deutschen und anderen europäischen Autokäufern gewinnen. Das Werk in Berlin-Brandenburg soll 2021 die ersten Fahrzeuge ausliefern. Auch wenn Brandenburg eventuell zwecks der globalen Bekanntheit von Berlin zurückstecken muss: Im Konferenzgespräch am Mittwoch sprach Musk von „Giga-Berlin“.

Die weiter heiß diskutierte Frage bleibt jedoch, ob der Börsenwert von Tesla von über 100 Milliarden Dollar gerechtfertigt ist. Beispielsweise gemessen an seiner Jahresproduktion, die ein Bruchteil dessen vom niedriger bewerteten Volkswagen-Konzern beträgt.

Ja, meint Catherine Wood, Chefin des Investmentfonds Ark Invest. Wegen der Kombination als Anbieter von Elektroautos, selbstfahrenden Autos und Solar-Energieproduzent bewertet sie Tesla als Technologieunternehmen und nicht nur als Autohersteller.

Wood meint, dass Tesla in den nächsten fünf Jahren eine Bewertung von einer Billion Dollar erreichen, sich die Aktie also verzehnfachen könne. Arne Alsin von Worm Capital sieht das ähnlich und verweist zudem auf das Wachstumspotential im Ausland. „Tesla ist momentan im Aktienmarkt die beste Investmentchance“, wirbt er.

Rein theoretisch sind die Wachstumschancen immens. Die Berater von McKinsey sehen eine weltweite Marktdurchdringung mit Elektroautos von gerade mal 2,5 Prozent im vergangenen Jahr. 2016 lag sie noch unter einem Prozent. Aber obwohl die Kosten für Akkus in den vergangenen zehn Jahren massiv gesunken sind, ist der Preis von Elektroautos auch für Mittelklasse-Haushalte noch zu hoch. Was allerdings auch für Verbrenner gilt. Deren Nachfrage ist im vergangenen Jahr weltweit um mindestens vier Prozent gefallen.

Der Verbraucheranwalt und ehemalige Präsidentschaftskandidat Ralph Nader hält den Jubel um Tesla hingegen für absurd. „Tief in den Schulden, weniger als 400.000 Autos im vergangenen Jahr verkauft, herausgefordert von verschiedenen Elektroauto-Konkurrenzmodellen und eine Bewertung, die die von Volkswagen überschreitet, obwohl dort über zehn Millionen Fahrzeuge im vergangenen Jahr verkauft wurden“, fasst Nader seine Skepsis in einem Tweet zusammen. Er geht noch weiter: Wenn die Blase am Aktienmarkt platzt, werde es an Tesla als Auslöser festgemacht werden, orakelt er.

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