Einem Superstar des Silicon Valley bläst der Gegenwind ins Gesicht: Tesla-Chef Elon Musk steht nach einem tödlichen Unfall mit dem Fahrassistenten „Autopilot“, einem gewagten Übernahmeplan und einem umstrittenen Aktienverkauf in der Kritik wie selten zuvor. Der schillernde Tech-Unternehmer reagiert dünnhäutig und kündigt kryptisch einen „geheimen Masterplan“ an.
„Gerichtsverfahren könnten irgendwann entscheiden, ob Tesla und Musk relevante Fakten zurückgehalten haben, als sie im Mai Aktien verkauften“, schrieb die bekannte „Fortune“-Journalistin Carol Loomis in der vergangenen Woche. Daraufhin platzte Musk der Kragen. Der Artikel sei „BS“ (Abkürzung für „Bullshit“), mit dem das Magazin Kasse machen wolle, twitterte der Tesla-Chef.
Die Angelegenheit könnte aber durchaus einige Brisanz bergen. Es geht um die Frage, ob das Unternehmen seine Investoren früher über den Unfall hätte informieren müssen, bei dem bereits am 7. Mai ein Tesla-Fahrer ums Leben gekommen war. Das Besondere an dem Crash ist, dass der computergesteuerte Fahrassistent eingeschaltet war.
Misunderstanding of what "beta" means to Tesla for Autopilot: any system w less than 1B miles of real world driving https://t.co/WG5vnFvegI
— Elon Musk (@elonmusk) 10. Juli 2016
Der Fall löste eine breite Diskussionen um den sogenannten „Autopiloten“ aus. Experten trauen Technik grundsätzlich zu, Menschen irgendwann weitgehend als Fahrer ersetzen zu können – noch sind die komplett selbstfahrenden Autos allerdings Testwagen.
Tesla war im vergangenen Jahr mit seinem Fahrassistenz-System vorangeprescht. Es schien ein großer Erfolg, bis einige Unfälle bekanntwurden, allen voran der Crash mit Todesfolge. Nun ermittelt die US-Verkehrsbehörde NHTSA, die nun alle möglichen Informationen zum „Autopilot“-System anforderte. Und einem Bericht des „Wall Street Journal“ zufolge geht zudem die Börsenaufsicht SEC der Frage nach, ob Anleger rechtzeitig informiert wurden.
Besonders umstritten ist vor diesem Hintergrund, dass Tesla am 18. Mai neue Aktien im Wert von 1,4 Milliarden Dollar verkauft hatte. Hat die Firma ihren Anleger dabei etwas verschwiegen? Tesla verteidigt sich – die Untersuchung des Unfalls habe zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung erst begonnen, die Log-Daten des Crash-Fahrzeugs seien noch nicht ausgewertet gewesen. Zudem habe der Aktienkurs gar nicht unter dem Unfall gelitten.
Das Thema bleibt jedoch kontrovers. Und bis zum Ende der Untersuchungen abschalten will Tesla das System auch nicht. Den Fahrern solle in einem Blogeintrag aber besser erklärt werden, wie es funktioniere und wie sie sich dabei verhalten sollten, sagte Musk dem „Wall Street Journal“. „Viele Leute verstehen nicht, was es ist und wie man es einschaltet.“ Tesla habe das System so schnell wie möglich auf den Markt bringen wollen, „weil wir wussten, dass es unterm Strich Leben retten wird“, erklärte der Tech-Milliardär.
Die fünf Stufen des automatisierten Fahrens
Der Fahrer lenkt, bremst und beschleunigt selbständig. Einfache Systeme wie Abstandshalter unterstützen ihn.
Das elektronische System übernimmt bestimmte Funktionen wie etwa das automatische Einparken oder das Spurhalten. Der Fahrer bleibt aber weiter in der Verantwortung, die Hände bleiben am Lenkrad.
Das Fahrzeug fährt weitgehend autonom, der Fahrer muss nicht mehr alles dauerhaft überwachen. Er darf die Hände vom Lenkrad nehmen, muss aber in der Lage sein, nach Vorwarnung die Kontrolle wieder zu übernehmen.
Der Fahrer kann noch übernehmen, ist aber nicht mehr erforderlich, um das Auto zu steuern. Elektronische Systeme können alle Verkehrssituationen automatisch bewältigen.
Das Lenkrad entfällt, das Auto wird nur noch vom System gesteuert.
„Tesla hat sich mit vielen Innovationen rund um autonomes Fahren weit nach vorne gewagt, ist dabei aber auch nicht unerhebliche Risiken eingegangen“, sagt Experte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM). Mit dem Fahrerassistenzsystem seien bei den Kunden hohe Erwartungen geschürt worden - vielleicht zu hohe. Musk selber betonte im „Wall Street Journal“, Tesla haben keine Pläne, das „Autopilot“-System abzustellen - weil es „unterm Strich“ Leben rette.