Tesla Cybertruck Musks skurrile Offerte an die Highway-Cowboys

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Der Imagegewinn

Tesla-Fahrzeuge spalten die Gemüter. Nicht nur in Deutschland, sondern auch im Heimatland USA. Dort werden sie gern als Spielzeug von den „Sozialkommunisten von der Westküste“ verunglimpft. Als trojanisches Pferd einer arroganten Tech-Elite, die den Arbeitern in der Autoindustrie und Ölbranche ihre Jobs zerstören will und gleichzeitig den amerikanischen Lifestyle völlig entweihen. Highway-Cowboys sollen ihre PS-starken, dröhnenden Verbrenner gegen schlappe, vor sich hin summende Elektrokutschen eintauschen. Und irgendwann ihre Autos gar nicht mehr selbst steuern dürfen.

Besonders Pick-up-Loyalisten haben es deshalb auf Tesla abgesehen. Ganz renitente unter ihnen blockieren ab und an Tesla-Ladestationen mit ihren Trucks. Oder bremsen ganz gezielt Tesla-Fahrer aus, versuchen sie von der Straße zu drängen oder nebeln sie mit Auspuffgasen sein. Seit die Tesla-Kameras auch zum Aufzeichnen genutzt werden können, wimmelt es im Internet vor Videos, in denen Fahrer der Pick-ups ihren Frust ausleben.

Der Cybertruck könnte einen Sinneswandel auslösen. Er demonstriert, dass die elektrische Pick-up-Trucks in ihrer Leistung und Beschleunigung den Verbrennern haushoch überlegen sind. Und es diese Kraft zu einem Preis gibt, der mit dem von Verbrennern vergleichbar ist.

So sehen die Tesla-Angreifer aus
Canoo Minivan Quelle: Canoo
Lucid Air Quelle: Lucid Motors
Rivian R1T
FF91 Quelle: Faraday Future
Fisker SUV Quelle: Fisker

Trotzdem wird es Musk nicht leichtfallen, mit den Vorurteilen aufzuräumen. Das zeigt sich schon daran, dass Tesla momentan der einzige US-Autohersteller ist, der nennenswert Mitarbeiter einstellt, statt sie zu entlassen. Und zumindest momentan noch exklusiv in den USA produziert. Bislang ist es Tesla jedoch nicht gelungen, damit zu punkten. Und es stimmt auch, dass das Unternehmen für Verwerfungen sorgen wird. Nachdem Einzelhandelsriesen wie Walmart, Target und nun auch Amazon die Geschäfte in den Innenstädten weitgehend plattgemacht haben und durch Supercenter oder Kurierdienste ersetzt haben, sind in vielen US-Gemeinden die Tankstellen die letzten Bastionen einer zu Ende gehenden Epoche.

Doch diesmal ist Tesla beim Bekehren nicht allein. Ford und General Motors arbeiten derzeit ebenfalls an eigenen Elektro-Pick-ups, die Ende nächsten Jahres auf den Markt kommen könnten. Wobei die traditionellen Hersteller gleichzeitig Hybrid-Versionen offerieren wollen, um ihren treuen Fans den Übergang von Benzin auf Strom zu erleichtern.

Erstmals trifft Tesla zudem auf einen heimischen Herausforderer, der sich ebenfalls ganz auf Elektroautos spezialisiert hat. Das Start-up Rivian, dessen Hauptquartier in Detroit liegt, mitten im Herzen der traditionellen amerikanischen Autobranche, ist mit 2,2 Milliarden Dollar Startkapital ausgestattet. 700 Millionen davon stammen von Amazon. Ford hat eine halbe Milliarde Dollar investiert.

Rivians Debüt ist der Elektro-Pick-up-Truck R1T, der im Herbst nächsten Jahres zum Preis ab 69.000 Dollar auf den US-Markt kommen. Das US-Wirtschaftsmagazin Forbes hält Rivian-Gründer R.J. Scaringe, jugendliche 37 Jahre alt, promovierter Maschinenbauer und frei von Allüren, für „Teslas schlimmsten Alptraum.“ Rechtzeitig zum Marktstart von Teslas Truck hat Scaringe ein paar Videos vom Test seines R1T in Südamerika veröffentlicht, inklusive einer Schotterpiste neben einem Cowboy. Demnach schaffte der vom Aussehen an einen Lada erinnernde Truck 502 Kilometer an einem Stück, ohne aufladen zu müssen.

Klar ist, dass die gesamte Konkurrenz bislang auf traditionelles Autodesign setzt. Tesla wird im Gegensatz zu seinen bisherigen Modellen echte Konkurrenz von anderen Herstellern haben. Doch zumindest mit seinem Antlitz hat es derzeit eine Alleinstellung.

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