Tesla-Hauptversammlung Er will noch mehr: Musk kündigt große Fabrik-Neubauoffensive an

Tesla, Elon Musk Quelle: imago images

Bis zu zwölf Fabriken, 100 Millionen Fahrzeuge in den kommenden zehn Jahren, „verrückten Cash Flow“ und das wertvollste Unternehmen der Welt: Was Tesla-Chef Elon Musk seinen Aktionären alles verkündet hat.

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Es ist der Ort, wo sich Elon Musk wohlfühlt: In seiner Gigafactory in Texas, vor ihm wohlgesonnene Aktionäre, die ihn bejubeln, beklatschen und ihm öffentlich dafür danken, „die Welt zu einem besseren Ort zu machen“. Und nicht vor der Presse, die ihn nach seinem Geschmack zu sehr kritisiert. Oder Analysten, die laut Musk weder Teslas fahren noch deren Geschäft verstehen – im Gegensatz zu ganz normalen Anlegern. Oder aber aktivistische Aktionäre, die fordern, dass Tesla nicht die Arbeit von Gewerkschaften behindert, sondern einen Beitrag leistet, um Kinderarbeit in Kobalt-Minen auszumerzen.

Vor der Kulisse öffentlicher Huldigung lief der derzeit reichste Mann der Welt am Donnerstag auf der Tesla-Hauptversammlung bei bester Laune zu Hochform auf. Besonders bei dem, was er am liebsten tut: Witze machen und über die Zukunft philosophieren, am besten beides in Kombination.

Die Zukunft der Welt – so der inzwischen neunfache Vater – sehe er optimistisch, wenn erneuerbare Energien sich durchsetzen. „Ich treffe viele Leute, die denken, dass die Erde verloren ist“, so Musk. „Aber sie kann und wird gerettet werden.“

Nach dem Motto: Tue Gutes und verdiene Geld dabei. Tesla werde, wenn alles wie geplant umgesetzt wird, „zum wertvollsten Unternehmen der Welt aufsteigen.“ Beim Börsenwert ist Tesla mittlerweile wieder auf Kurs, die Hürde von einer Billion US-Dollar Unternehmenswert erneut zu überwinden. Am Donnerstag fehlten nur noch 33 Milliarden Dollar. Auch wegen des angekündigten Aktiensplits, bei dem Tesla-Aktionäre für jede Aktie zwei weitere bekommen sollen. Dies, so die vorläufige Auszählung, wurde am Donnerstag von den Aktionären genehmigt.

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Über die nächsten zehn Jahre will Tesla mehr als 100 Millionen elektrische Fahrzeuge bauen; und zugleich über die Solarsparte die Energie liefern, um diese Autos zu fertigen und zu laden. Tatsächlich, so verkündete Musk am Donnerstag stolz, hätten Teslas Solarpaneele das bereits erreicht – für immerhin drei Millionen Fahrzeuge seit Verkaufsstart. „Vor zehn Jahren haben wir weniger als 3000 Fahrzeuge hergestellt“, sagte Musk und präsentierte eine Hockeyschläger-Zuwachskurve bei der Autoproduktion über eine Dekade, „wie sie oft bei Präsentationen vor Wagnisfinanzierern gezeigt wird, aber fast nie eintritt“, so sein Kommentar.

Eine andere Grafik hingegen – die die dabei entstandenen Verluste darstellte – stehe für viele „psychische Schmerzen“. Seit zwei Jahren aber sei Tesla profitabel und „ich denke, dass es weiter nach oben geht“, so Musk. „Uns wurde gesagt, dass wir niemals Geld machen würden, was für eine Weile auch stimmte. Aber jetzt haben wir die höchsten Margen in der Industrie.“

Der Tesla-Chef bekräftigte das Ziel, in diesem Jahr rund 1,5 Millionen Fahrzeuge auszuliefern. Die nötige Batteriekapazität dafür sei gesichert. Im Jahr 2030 sollen dann jährlich 20 Millionen Teslas vom Band rollen. Das ist ehrgeizig. Denn es entspricht dem, was die beiden weltgrößten Autohersteller Toyota und Volkswagen derzeit insgesamt fertigen.

von Martin Seiwert, Stefan Hajek, Matthias Hohensee

Damit das funktioniert, will Tesla bis dahin neben Fremont, Texas, Shanghai und Brandenburg noch bis zu acht weitere Fabriken hochziehen. Jede Fabrik soll dabei eine Jahresproduktion von 1,5 Millionen bis zwei Millionen Fahrzeuge erzielen. Das werde auch dadurch gelingen, dass die Herstellung vereinfacht werde, beispielsweise beim Chassis. Beim Model 3 habe man noch 171 verschiedene, kleine Teile aus Metall gehabt, beim in Austin gefertigten Model Y nur noch zwei große Metallteile. Die Fertigung sei Teslas größter Wettbewerbsvorteil. „Alle Autos werden elektrisch sein und autonom fahren“, so Musk. „Aber unsere Fertigung zu kopieren, das wird sehr schwer sein.“

Auch für Übernahmen zeigte sich Musk offen. Man habe in der Vergangenheit nur selten zugekauft. Ausnahmen waren Solarcity und der deutsche Maschinenbauer Grohmann Engineering. Aber bei interessanten Unternehmen, vor allem aus dem Bereich Automobilfertigung und künstliche Intelligenz, werde man Zukäufe erwägen.

Die dafür nötigen Milliardeninvestitionen für neue Fabriken und eventuelle Übernahmen will Musk aus dem Cash Flow stemmen. Der werde „wahnsinnig sein“, wenn man das Problem mit dem autonomen Fahren in den Griff kriege und die nötige Software dafür anbiete. Das allerdings kündigt Musk schon seit vielen Jahren an, inklusive einer Flotte aus Robotaxis, bei der jeder Tesla-Eigentümer mitmachen kann. Am Donnerstag bekräftigte er sein Ziel, autonomes Fahren ohne menschlichen Eingriff noch dieses Jahr zu lösen. „Ich schwöre“, witzelte Musk mit einem Augenzwinkern.

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Auf einem Analystentag Ende September wird Tesla mehr Details über seinen Roboter Optimus verkünden. Dessen Potential sei größer als das gesamte Fahrzeuggeschäft von Tesla, bekräftigte Musk. Humanoide Roboter würden „die gesamte Wirtschaft auf den Kopf stellen“, weil es dadurch keinen Mangel an manueller Arbeitskraft mehr geben werde.

Spekulationen über Zusammenarbeit mit Herbert Diess

Die Stimmung im Raum dämpfte sich nur einmal, als Musk eingestand, dass die im November 2019 bei der Präsentation des Cybertrucks genannten Preise höher sein würden, wenn das Fahrzeug 2023 in Texas vom Band laufe. Das sei der Inflation geschuldet. Und es sieht so aus, als ob Musk hier keine Ausnahmen für Vorbesteller machen wird. Etwas, was sich wahrscheinlich nur Tesla mit seiner loyalen Fangemeinde leisten kann.

In den USA wird darüber spekuliert, ob Musk den scheidenden Volkswagen-Chef Herbert Diess für Tesla anheuert. Bei seinem Weltraumunternehmen SpaceX hat Musk als Operativchefin Gwynne Shotwell an seiner Seite, die seit Jahren gut mit ihrem unberechenbaren Boss harmoniert. Sie ist allerdings nicht für ein großes Ego bekannt, im Gegensatz zu Musk und Diess.

Musk äußerte sich am Donnerstag nicht zu Diess, allerdings auf eine Frage zu seiner Nachfolge: Er sehe seine Zukunft langfristig bei Tesla, vor allem bei Dingen, „die mit Produktdesign und Fertigung zu tun haben“. Das lässt allerdings Raum für die Frage, ob er das Operativgeschäft abgeben könnte.

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Wie auch immer – Musk sieht seine Zukunft bei Tesla. Außer „wenn ich von Außerirdischen entführt werde oder auf meinen Heimatplaneten zurückkehre“, flachste Musk, dem Verschwörungstheoretiker und Scherzbolde andichten, nicht von dieser Welt zu sein.

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