Tesla Investor Day Musks neuer Masterplan: Nachhaltigkeit ohne Konsum-Verzicht

Quelle: imago images

Elon Musk hat seinen aktualisierten „Masterplan“ vorgestellt: Die gesamte Transportbranche soll auf Elektroantrieb umgestellt werden und mit ihr die Wirtschaft auf nachhaltige Energie – ganz ohne Wachstumsverzicht.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Was macht man, wenn man Chef des wertvollsten Autoherstellers der Erde ist und vor Investoren und der Weltöffentlichkeit seinen neuesten „Masterplan“ vorstellen will? Tesla-Chef Elon Musk testet bis in die frühen Morgenstunden mit einem Vertrauten Funktionen seines Kurznachrichtendienstes Twitter. Kurz bevor er auf die Bühne in seiner Fabrik in Texas steigt, philosophiert er mit Silicon Valley Investor Marc Andreessen via Twitter noch kurz über die Wirkung von Alkohol und verspricht der Frage nachzugehen, warum ein US-Senator von seinem Kurznachrichtendienst blockiert wurde.

Das Twittern scheint für Musk die beste Methode zu sein, um sich vor großen Auftritten zu entspannen. Jedenfalls wirkt er frisch und konzentriert, als er die dritte Version des Masterplans für sein Tech-Imperium präsentiert, die Blaupause für das laufende Jahrzehnt. Um ihn zusammenzufassen: Musk ist überzeugt, dass die gesamte Weltwirtschaft auf nachhaltige Energieversorgung umgestellt und von fossilen Brennstoffen befreit werden kann. Laut seiner Kalkulation würden dafür 240 Terawattstunden an Batteriekapazität für Autos und stationäre Speicher ausreichen, was etwa 480-mal so viel ist, wie im vergangenen Jahr weltweit an Akkus hergestellt wurde.

Dazu will er zunächst den gesamten Transportsektor auf Elektroantrieb umstellen und mit Tesla dabei vorangehen. Außerdem müsse man große Mengen an Batterie-Speichern produzieren, um die Stromversorgung rund um die Uhr sicherzustellen. Auch Wasserstoff, oft von Musk geschmäht, spielt dabei eine Rolle. Aber nur als Quelle für industrielle Produktion, nicht beim Transport. Ausnahme: Raketen, die aufgrund von physikalischen Grenzen nicht elektrisch abheben können. Aber man könnte die benötigte Energie durch synthetischen Treibstoff liefern, hergestellt durch das Spalten von Wasserstoff aus Wind- und Sonnenkraft. Auch Frachtschiffe und Flugzeuge könnten elektrisch angetrieben werden, „wir müssen sie nur anders konstruieren.“

Beim Tesla Investor Day hat Elon Musk wieder mal viel versprochen. Wie viel davon darf man glauben? Das Meiste? Die Hälfte? Gar nichts? Musk ist ein technisches Talent, aber eben auch ein Lügenbaron. Ein Kommentar.
von Martin Seiwert

Dieser Wandel werde, so behauptet Musk, entgegen den Prophezeiungen der Wachstumskritiker ohne Verzicht oder noch mehr Raubbau an der Erde gelingen. „Wir müssen keine natürlichen Lebensräume zerstören. Es ist auch nicht nötig, dass wir sparsam sind und keinen Strom mehr verbrauchen oder frieren müssen“, doziert Musk. Mehr noch: Mit nachhaltiger Energie könne man eine Zivilisation unterstützen, „die weit größer ist als die acht Milliarden Menschen, die wir derzeit auf der Erde haben.“

Musk räumt allerdings ein, dass man für den Umstieg auf nachhaltige Energie weiterhin Bodenschätze abbauen muss. Doch der Eingriff sei sehr viel geringer als der durch das Fördern von fossilen Brennstoffen. Einwände, es gäbe nicht genug Lithium, Kobalt oder Nickel, um die nötigen Batterien herzustellen, lässt er nicht gelten. Tatsächlich gebe es davon mehr als genug. Auch von Eisen, das Tesla hauptsächlich in seinen Akkus verwenden will. Die nächste Generation der Tesla-Fahrzeuge soll zudem mit Motoren mit Permanentmagneten ausgestattet werden, die ganz ohne seltene Erden auskommen sollen.

Seltene Erden

Der Strom werde durch die elektrischen Fahrzeuge auch nicht knapp oder müsse rationiert werden. Denn elektrische Fahrzeuge seien viel effizienter als Verbrenner. „Das Tesla Model 3 ist viermal so effizient wie das meistverkaufte Fahrzeug der Welt, der Toyota Corolla“, bekräftigt Tesla-Technikchef Drew Baglino. Außerdem würden Autos künftig viel stärker genutzt, wenn sie dank autonomen Fahren rund um die Uhr unterwegs sein können, statt die meiste Zeit herumzustehen.

Doch wie lange wird es dauern, bis diese Vision Wirklichkeit wird? Musk ist bekannt dafür, viel zu versprechen, aber mit dem Erfüllen zu hadern. An einer Stelle seines Vortrags gibt der Unternehmer zu, dass er zwar die Wahrheit sage, sich aber mit der Zeit verschätzen könnte. Anschließend bekräftigt er: „Die nachhaltige Energiewirtschaft ist auf dem Weg. Das ist kein Wunschdenken und es wird noch zu unseren Lebzeiten passieren.“ Musk ist 51 Jahre alt.

Lesen Sie auch: Elon Musks größter Irrtum

Es ist ironisch, dass ausgerechnet der Chef eines Fahrzeugkonzerns, der auch noch im Ölstaat Texas beheimatet ist, die Energiewende massiv vorantreibt, während sich die Jünger der Letzten Generation in deutschen Städten auf die Fahrbahn kleben, um den Verkehr zu behindern. Zumal da Musk sein Ziel mit dem massiven Ausbau der Produktion von Elektroautos erreichen will. In Texas bekräftigten er und sein Finanzchef Zach Kirkhorn, dass man daran festhalte, im Jahr 2030 rund zwanzig Millionen Fahrzeuge herzustellen, verteilt auf etwa zehn Modelle. Das ist doppelt so viel wie die beiden größten Fahrzeughersteller der Welt – Toyota und Volkwagen – im vergangenen Jahr an Autos gefertigt haben, mit einer wesentlich größeren Modellpalette.

So wurde Elon Musk zum Multimilliardär

Momentan haben die vier Tesla-Fabriken im Silicon Valley, in Shanghai, Berlin und Texas eine Kapazität von zwei Millionen Autos pro Jahr. Pünktlich zur Vorstellung des Masterplans Nummer Drei wurde am Mittwoch im Werk in Texas das viermillionste Fahrzeug seit der Gründung von Tesla vor 20 Jahren produziert. Tesla, prognostiziert Produktionschef Tom Zhu, werde noch eine ganze Reihe von Fabriken errichten. Die nächste soll in Mexiko entstehen, nahe Monterrey. Dort werde laut Musk die nächste Fahrzeuggeneration vom Band rollen. Wie sie genau aussieht, wollte er am Mittwoch nicht verraten. In der Planung sollen ein Minibus sein, ein Roadster sowie der sogenannte Tesla 2, ein Elektroauto zum Preis von unter 30.000 Dollar. Doch er gab zu, dass der Wandel auch davon abhänge, „dass die Elektroautos erschwinglich sein müssen, nur den Wunsch nach ihnen zu wecken, reicht nicht aus“. Dies werde gelingen, da die Fertigungskosten der nächsten Generation durch Skaleneffekte und kontinuierliche Verbesserungen um rund 50 Prozent im Vergleich zur aktuellen Modellpalette gesenkt werden könnten.

Auch die Betriebskosten für die Nutzer werde man weiter senken. In Texas, der neuen Heimat von Tesla, will man im Juli ein Programm testen, bei dem Tesla-Besitzer ihre Fahrzeuge nachts zum Pauschalpreis von 30 Dollar pro Monat aufladen können. Das ist möglich, da in Texas vor allem nachts viel überschüssige Windenergie zur Verfügung steht. „In dieser Branche überlebt man oder stirbt man, gemessen daran, wie man in der Lage ist, seine Kosten in den Griff zu bekommen“, konstatiert Finanzchef Zach Kirkhorn. Das gegenwärtige Model 3 werde beispielsweise dreißig Prozent günstiger hergestellt als beim Produktionsstart 2017. Zudem werde man die Produktion bei künftigen Fahrzeugtypen so umstellen, dass mehrere Menschen oder Roboter gleichzeitig an ihnen arbeiten können, ohne sich in die Quere zu kommen, bei einem um vierzig Prozent verringerten Platzbedarf in der Fabrik.

Tesla-Chef Elon Musk will Anfang März seinen dritten großen Masterplan nach „E-Auto“ und „autonomes Fahren“ verkünden. Aber Achtung: Die Liste seiner gebrochenen Versprechen ist lang. Eine repräsentative Auswahl.
von Martin Seiwert

Ob man Musk Vision zustimmt oder nicht, er will jedenfalls eine Menge Geld in die Hand nehmen, um sie umzusetzen. Kirkhorn rechnet mit 150 bis 175 Milliarden Dollar, um die Fertigung bis 2030 auf 20 Millionen Fahrzeuge sowie eine Terawattstunde Akku-Jahresproduktion hochzufahren. Davon habe man bereits 28 Milliarden Dollar investiert. Er plant, all das aus dem Cashflow zu finanzieren. Ob dies gelingt, wird auch davon abhängen wie sich Tesla auf dem größten Automarkt der Welt, China, schlägt. Ein Analyst fragt, ob man sich Sorgen darum mache, dass die zunehmenden geopolitischen Spannungen zwischen China und den USA die Investitionen gefährden. Musk reicht die Frage an seinen Produktionschef Zhu weiter, der die Fertigung in Shanghai erfolgreich leitete und nun für alle Gigafabriken weltweit verantwortlich ist. „Versuch nicht, zu stark zu schwitzen“, scherzt Musk bei der Weitergabe der politisch heiklen Frage.

Zhu, ein gebürtiger Chinese, weicht der Frage nicht aus. „Wir haben eine Menge Arbeitsplätze in China geschaffen“, sagt Zhu. „Solange wir im Land gebraucht werden, sehe ich keine Probleme“. Erfolgreich pariert – Zhu, der als Workaholic gilt, wird als möglicher Nachfolger von Musk an der Spitze von Tesla gehandelt.

Die Präsentation vor Investoren – die erste dieser Art – sollte Zuversicht über Teslas Wachstumschancen verbreiten. Der Fahrzeugkonzern braucht neue Impulse, nur der für dieses Jahr versprochene Start des Pickup Trucks Cybertruck, für den Hunderttausende Bestellungen vorliegen und das Hochfahren der Fertigung der Sattelzugmaschine Tesla Semi, reicht den Analysten nicht. Beim autonomen Fahren gibt es zudem Zweifel, ob Teslas dieses allein mit Kameras in den Griff bekommt. Laut Ashok Elluswamy, der die Fahrassistenzsparte leitet, wurde das sogenannte full self driving von 400.000 Kunden erworben. Falls es jedoch nur ein Fahrassistenzsystem bleiben sollte, müsste Tesla wahrscheinlich die Kosten zurückerstatten.

Aktien Fünf gefallene Börsenstars mit der Hoffnung auf ein Comeback

Mehrere frühere Börsenlieblinge sind jetzt günstig zu haben. Ihre Kursschwäche hat Gründe – aber es gibt gute Argumente für eine Erholung. Fünf Turnaround-Ideen für Mutige.

Wohnungskauf So können Sie den Immobilienkredit steuerlich absetzen

Unser Leser bewohnt eine Eigentumswohnung in München. Mit seiner Frau möchte er in eine größere ziehen, die alte dann vermieten. Können sie Kreditkosten bei der Steuer geltend machen?

Goldhandel Bekommt das Finanzamt vom Goldverkauf etwas mit?

Können Privatanleger ihr Gold auch steuerfrei verkaufen, wenn es keinen Nachweis zum Kauf gibt? Würde das Finanzamt überhaupt etwas mitbekommen? Das rät ein Experte.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Da Musk und seine Führungsspitze sich über Details über künftige Fahrzeuge ausschwiegen, brachte die Präsentation des Masterplans zumindest an der Wall Street nicht den gewünschten Effekt: Im nachbörslichen Handel gab die Tesla-Aktie um rund fünf Prozent nach.

Lesen Sie auch: Warum ich Tesla-Aktien jetzt noch nicht mal mit der Kneifzange anfassen würde

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%