Model 3 Autos an Käufer übergeben
Ein Mann betritt eine Bühne, um ein Produkt vorzustellen. Er ist leger gekleidet, bemüht eine lockere Tonalität, die Präsentation löst frenetischen Beifall aus. Das Produkt wird zwar erst später für alle zu kaufen sein, aber einige wenige haben es schon. Sie feiern es und der Hersteller warnt rechtzeitig: Es könnte zu Lieferengpässen kommen.
Das Publikum kennt ein solches Schauspiel von Apple und den iPhone-Vorstellungen. Der Mann, der die Klaviatur des Weckens von Begehrlichkeiten fast genauso gut beherrscht wie Steve Jobs, heißt Elon Musk. Das Produkt, das er er vorstellt, ist Teslas neues E-Auto. 30 Fahrzeuge des jüngsten Modells – schlicht 3 genannt – wurden nach der Show am Wochenende den neuen Eignern übergeben. Und die Rezeption des Model 3 ähnelt den Kritiken nach der Präsentation der iPhones – Begeisterung allenthalben.
Einige Rezensenten schilderten ihre ersten Eindrücke – von ausführlichen Tests zu sprechen mag mangels Zeit und Nutzung für länger als 24 Stunden schwer sein. Und alle sind begeistert. Das amerikanische Portal qz.com machte sich auf die Suche und urteilt: „Es ist schwer eine schlechte Rezension zu finden.“





Es sind dann auch in erster Linie nicht die vielleicht zu erwartenden Automagazine, die sich frühzeitig mit einem Urteil an die Öffentlichkeit wagen, sondern jene Publikationen, die es gewohnt sind, technische Geräte binnen kürzester Zeit einzuordnen.
In der Online-Ausgabe des Magazins Wired hält Autor Jack Stewart das Model 3 für gelungen genug, um den Punkt zu markieren, an dem sich jeder den Umstieg von Verbrennungsmotor zu Elektroantrieb vorstellen könne – und nicht nur jene, die dies aus Gründen des Umweltschutzes tun oder Elektroantrieb per se begrüßen.
Bloombergs Testfahrer Tom Randall konstatiert nach seiner Testfahrt, dass Model 3 im Gegensatz zu seinen Vorgängern sich auch dank seiner Ausstattung an die Menschen wendet, die das Auto täglich nutzen wollen – dazu zählen laut Randall viele Cupholder, Ablagefächer in den Türen und Stauraum. Die Materialien der Armlehnen fühlten sich an als seien sie „geeignet für Missbrauch.“
Entsprechend warm anziehen müssten sich die Wettbewerber wie Mercedes oder BMW in deren Gewässern fische. Das Model 3 sei ein unmittelbarer Angriff auf den 3er-BMW und die C-Klasse von Mercedes.
Gewiss scheint, dass es kaum einem der deutschen Fahrzeuge bislang gelungen ist, so viel Euphorie auszulösen. „Das Model 3 von Tesla ist das wichtigste Fahrzeug des Jahrhunderts“, urteilt Motor Trend und fasst zusammen: „Ja, die Übertreibung ist notwendig.“
Die Tesla-Chronik
Zwei Teams um den US-Ingenieur Martin Eberhard und den Milliardär Elon Musk entwerfen die Vision eines Elektrofahrzeugs, das mit Akkus angetrieben wird. Auf der Basis des Prototyps T-Zero. Neben Musk stecken auch die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page und der eBay-Gründer Jeff Skoll Geld in das Projekt.
Drei Jahre arbeitet Tesla am ersten Modell, im Juli 2006 stellt das Unternehmen den Roadster vor. Der zweisitzige Sportwagen auf der Basis des britischen Leichtgewicht-Roadster Lotus Elise verfügt über einen 215 kW (292 PS) starken Elektromotor, der seine Energie aus 6.831 Lithium-Ionen-Notebook-Akkus bezieht.
Im August 2007 tritt der damalige CEO Martin Eberhard zurück, im Dezember 2007 verlässt er das Unternehmen komplett. Am Ende landet der Streit der Gründer fast vor Gericht – bis eine außergerichtliche Einigung erzielt werden kann.
Musks finanzielle Mittel alleine reichen zum Wachstum nicht mehr aus. Mit Daimler und Toyota steigen zwei große Autokonzerne bei Tesla ein. Trotzdem schreibt das Unternehmen weiterhin Millionenverluste.
Lange war der Bau einer eigenen Limousine unter dem Codenamen „WhiteStar“ geplant. Auf der IAA in Frankfurt feiert das Model S, eine 5-sitzige Limousine die Premiere. Anfangs übernimmt Lotus die Fertigung. Ab 2011 wird das Modell in einer ehemaligen Toyota-Fabrik in Freemont gebaut. Pro Jahr werden zunächst 10.000 Modelle gefertigt.
Tesla erhält vom US-Energieministerium einen Kredit über 450 Millionen Dollar. Das Geld investiert das Unternehmen in den Aufbau einer eigenen Fertigung.
Musk wagt den Börsengang. Mit einem Ausgabepreis von 17 Dollar geht der Elektrohersteller in den Handel – und macht den Gründer wieder reich. Über Nacht erreicht erreichen die Anteile von Musk einen Wert von 650 Millionen Dollar, obwohl das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt noch nie Gewinne gemacht hat.
Tesla veröffentlicht Pläne einen eigenen SUV an den Start zu bringen. Das Model X soll im Sommer 2015 erstmals ausgeliefert werden und die Modellpalette von Tesla erweitern. Am Ende verzögern sich die Pläne, die Produktion des Model X läuft erst im Herbst an – und das nur schleppend.
Endlich schreibt Tesla schwarze Zahlen. Auch den Millionenkredit des Staats zahlt das Unternehmen neun Jahre früher als es nötig gewesen wäre. Mit der Ausgabe neuer Aktien und Anleihen nimmt das Unternehmen rund eine Milliarde Dollar ein. Der Aktienkurs des Unternehmens beläuft sich mittlerweile auf 147 Dollar. Damit ist das Unternehmen an der Börse mehr wert als Fiat.
Im Mai haben die Bauarbeiten in Reno, Nevada, für die weltgrößte Batteriefabrik begonnen. Hier will Tesla nicht nur die Akkus für seine Elektroautos und auch sogenannte "Powerwalls" für den Hausgebrauch montieren, sondern auch die Batteriezellen selbst aus Rohstoffen herstellen. Das Investitionsvolumen beträgt fünf Milliarden Dollar, als Partner ist Panasonic mit im Boot.
Tesla gibt Pläne bekannt, mit dem Model 3 ein kompaktes Auto für den Massenmarkt auf den Markt bringen zu wollen. Der Wagen, der rudimentär erstmals im März 2016 gezeigt wurde, soll rund 35.000 Dollar kosten und soll über eine Reichweite von 320 Kilometern (200 Meilen) verfügen.
Nach der Vor-Premiere des Model 3 im März steht zur Jahresmitte ein weiterer Meilenstein an: In der Gigafactory werden die ersten Batteriezellen gefertigt. Diese sind zwar vorerst für die PowerWall-Heimakkus gedacht, bringen das Unternehmen aber einen Schritt näher an die Massenfertigung des Model 3.
Ende Juni 2017 übergibt Tesla die ersten 30 Model 3 an ihre Besitzer übergeben - allesamt sind Tesla-Beschäftigte. Die ersten 30 von mehr als einer halben Million Vorbestellungen, die Tesla erst einmal lange abarbeiten muss.
Tesla erreicht am 1. Juli das Produktionsziel für seinen Hoffnungsträger Model 3. In den sieben letzten Tagen des zweiten Quartals seien 5031 Fahrzeuge hergestellt worden, teilt der Konzern. Vom Erfolg der Serienfertigung beim Model 3 hängt ab, ob sich Tesla mit seinen 40.000 Beschäftigten vom unrentablen Nischenplayer zum profitablen Hersteller wandeln kann.
Matthes DeBord von der amerikanischen Ausgabe von Business Insider hat ebenfalls im Model 3 Platz genommen und ist sich sicher: „Ich bin gerade den Tesla Model 3 gefahren und er ändert alles – die ganze Welt wird einen haben wollen.“
So wie das iPhone. Mehr Smartphones verkauft aber seit Jahren Samsung.