Tesla Technisch top, finanziell flop

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Starker Anstieg beim Konzern-Umsatz

Teslas gesamter Businessplan steht und fällt mit dem Model 3, daraus hat Musk nie einen Hehl gemacht. "Unsere Mission ist der emissionsfreie Massenverkehr", dieser Satz ist Teil jeder Produktankündigung, überhaupt jedes öffentlichen Auftritts des Visionärs. Einlösen kann das Versprechen nur das im April 2016 vorgestellte Model 3, halb so teuer wie die beiden bisherigen Tesla-Modelle. Rund eine halbe Million Vorbestellungen hat Tesla für das Mittelklasse-Elektroauto weltweit. "Die Gewinnmarge beim Model 3 ist kleiner als bei den beiden anderen Modellen; wenn Tesla überleben soll, muss es das Model 3 in sehr großen Stückzahlen bauen", sagt Joseph Spak, Analyst von RBC Capital.

Die Tesla-Ingenieure haben deshalb mit einer ganzen Reihe von Traditionen im Autobau gebrochen, um das Model 3 schnell und zugleich günstig bauen zu können. So verzichtet Tesla auf die teure Aluminiumkarosserie der beiden Oberklassemodelle, verwendet für das Model 3 Stahlblech. Beim Hochfahren der Massenproduktion, in der Tesla keine Erfahrung hat, kam es deshalb zu Problemen mit den Schweißpunkten.

Inzwischen hat Tesla die Sache im Griff. Auch auf eine aufwendige Vorserienproduktion verzichteten die Kalifornier, sie gingen von den Prototypen gleich in die eigentliche Fertigung. Das spart einige Monate Zeit.

Die Tesla-Chronik

Das Model 3 trägt damit im ersten Quartal immerhin bereits 27 Prozent zum Konzernumsatz bei – Tendenz weiter stark steigend. Die ursprünglich für Ende 2017 angepeilten 5000 Model 3 pro Woche verspricht Musk nun für Ende Juni 2018. Der Gesamtumsatz stieg im ersten Quartal überraschend stark: um 26 Prozent auf 3,4 Milliarden Dollar; hier hatten die Analysten im Mittel nur mit rund 3,2 Milliarden Dollar gerechnet.

Die Börse reagierte richtungslos auf die durchwachsenen Zahlen. Nach anfänglicher Euphorie gab die Tesla-Aktie zunächst in den USA nachbörslich um rund vier Prozent nach; inzwischen ist sie jedoch im europäischen Handel wieder erholt und oszilliert rund um die 300-Dollar-Marke.

Rasanter Cash-Verbrauch bereitet Sorgen

Musk wiederholte sein Versprechen von Mitte April, wonach das Unternehmen noch im zweiten Halbjahr 2018 die Profitabilitätsschwelle erreichen soll. Allerdings ist nach wie vor fraglich, wie genau das gelingen soll. Zwar lag die Rohmarge in der Autoproduktion in den ersten drei Monaten bei 20 Prozent – ebenfalls besser als von Analysten zuletzt erwartet. Allerdings steigen zugleich die Kosten für Service und Aftermarket – ein Bereich, der wegen der verhältnismäßig geringen Kundenzahl bei den Luxusmodellen S und X bei Tesla bislang nur sehr rudimentär vorhanden ist.

Beim Service wie dem Aftersales-Support tut sich bereits der nächste riesige Kostenblock auf, und die Investitionen in den Produktionshochlauf des Model 3 dauern an. Einzelnen Studien zufolge hat Tesla folgerichtig an manchen Tagen des ersten Quartals bis zu 6600 Dollar Cash pro Minute verbrannt. „Diese Ziffer muss dringend nachhaltig verringert werden, wenn das Unternehmen mittelfristig überleben soll“, sagt Analyst Sullivan. „Und dazu muss Tesla nicht 5000, sondern 10.000 Model 3 pro Woche bauen“, so der Analyst.

Musk weiß natürlich um diese Rechnungen und versprach denn auch am Mittwoch erneut, er habe „null Zweifel“, dass Tesla die versprochenen 10.000 Model 3 pro Woche „ab Ende des Jahres“ bauen könne. Das bleibt ein technischer wie finanzieller Kraftakt.

Aktuell hat Tesla bereits mehr als zehn Milliarden Dollar Schulden angehäuft und im gerade abgelaufenen ersten Quartal rund eine Milliarde seiner Barmittel verbraucht. Das Tempo des Geldverbrennens dürfte sich in den kommenden Wochen selbst im besten Fall noch nicht verringern, so dass Tesla wohl noch in diesem Jahr erneut frisches Geld besorgen muss. Aktuell verfügt das Unternehmen noch über 2,67 Milliarden Dollar an liquiden Mitteln.

Umso interessanter wäre daher Musks Antwort auf eine Analystenfrage gewesen, in der explizit nach dem Zeitpunkt der nächsten Kapitalerhöhung gefragt wurde. „Langweilig, langweilig, nächste Frage“, sagte Musk. Die Analysten waren perplex. Bleibt nur zu hoffen, dass Musk noch weiß, was er tut. Einfacher macht er es seinem Unternehmen so jedenfalls nicht.

Tesla und seine Verfolger
Tesla Model 3 Quelle: dpa
Nissan Leaf Quelle: AP
Jaguar i-Pace Quelle: Jaguar Land Rover
Audi e-tron quattro concept Quelle: dpa
Mercedes Concept EQ Quelle: AP
Mercedes Concept EQ-A Quelle: Daimler
Volkswagen I.D. concept Quelle: AP

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