Tesla Technisch top, finanziell flop

Tesla-CEO Elon Musk bei der Präsentation des Roadster 2 in Kalifornien 2017. Quelle: REUTERS

Der US-Elektroauto-Pionier Tesla hat in der vergangenen Nacht die Zahlen für das erste Quartal 2018 vorgelegt. Sowohl Bären als auch Bullen fühlen sich durch die Ergebnisse bestätigt. Was die Zahlen wirklich bedeuten.

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Die mit Spannung erwarteten Quartalszahlen des Elektroautoproduzenten Tesla zeigen: technisch ist das kalifornische Unternehmen der Konkurrenz noch immer weit voraus. Auch die anfänglich schwerwiegenden Probleme beim Aufbau der ersten Massenfertigung in der Geschichte des Autobauers scheinen Firmengründer Elon Musk und seine Ingenieure in den Griff zu bekommen. Die Produktionszahl für das Massenmarktmodell Model 3 steigen inzwischen deutlich, der Umsatz des Unternehmens legte in den ersten drei Monaten 2018 überraschend stark zu.

Ganz anders das Bild bei den Finanzen. Tesla macht so viel Verlust wie noch nie zuvor in einem einzelnen Quartal in der knapp fünfzehnjährigen Geschichte des Unternehmens: 784 Millionen Dollar waren es im ersten Quartal. Das entspricht einem Verlust von 3,35 Dollar je Aktie, Analysten hatten sogar mit noch etwas mehr gerechnet.

Dennoch werfen die erneut tiefroten Zahlen die drängende Frage auf, ob Musk die technischen Probleme rechtzeitig löst, bevor dem Unternehmen die finanziellen Mittel ausgehen. Die Verzögerung beim Model 3 hat viel Geld gekostet. Während Musk selbst am Mittwochabend erneut schwarze Zahlen noch in diesem Jahr versprach, gehen die meisten Analysten davon aus, dass Tesla noch einmal den Kapitalmarkt anzapfen und sich eine Kapitalerhöhung über bis zu zwei Milliarden Dollar besorgen muss. Der Ausgang des Experiments, einen Massenhersteller quasi aus dem Nichts aufzubauen – noch dazu mit einer vollkommen neuen und unerprobten Technologie – ist nach wie vor völlig offen.

Sollte Tesla noch mal Geld von der Börse benötigen, wäre das allerdings seit Mittwoch nicht unbedingt einfacher geworden. Musk reagiert zunehmend gereizt auf kritische Analystenfragen, was diese offenbar inzwischen übelnehmen. Durchaus berechtigte Nachfragen einzelner US-Analysten, etwa zum Cashflow und zur Profitabilität des Unternehmens, ließ Musk teilweise einfach unbeantwortet, bezeichnete sie als „eher auf der langweiligen und trockenen Seite.“ Stattdessen pflückte er sich einzelne gefälligere Fragen von privaten Kleinanlegern heraus, die diese ihm zuvor per Twitter übermittelt hatten.

„Professionell ist das nicht“, sagt Dave Sullivan, Analyst bei AutoPacific. „‘Trocken‘ kann man auch mit ‚unbequem‘ übersetzen“, spottet Sullivan: „Ich hoffe, Musks Fans sind nicht so wasserscheu, denn wenn es so weitergeht, wird Musk sie in den Regen führen.“

Große Fortschritte beim Model 3

Dabei gäbe es durchaus Positives zu berichten. Anders als von zahlreichen Skeptikern vorhergesagt, bekommt Tesla offenbar die Probleme beim Start seiner ersten Massenfertigung immer besser in den Griff. Vom Model 3, das für einen Basispreis (ohne Mehrwertsteuer) von rund 35.000 Dollar zu haben sein soll, hat Tesla zuletzt immerhin 2700 Stück pro Woche produziert. Allerdings gibt es bisher nur eine deutlich teurere Version mit größerem Akku (75 KWh) und Premium-Interieur.
In Europa wird das Model 3 frühestens Ende des Jahres zu haben sein und dann mit Zoll und Steuern mindestens rund 45.000 Euro kosten.

2700 Stück pro Woche sind zwar noch immer nur gut die Hälfte des ursprünglichen Ziels von 5000 Model 3 pro Woche, aber schon ein Vielfaches der ersten Produktionswochen. Damals hatten Produktions- und Automobilexperten grundlegende Zweifel daran geäußert, dass Tesla überhaupt eine Massenproduktion auf die Beine stellen kann. „Diese Frage kann man inzwischen eindeutig bejahen“, sagt Markus Wiederstein, Produktionsexperte beim Berater Polarix Partners. Der Kauf des rheinland-pfälzischen Ingenieursdienstleisters Grohmann und das Anwerben zahlreicher hochrangiger Produktions- und Softwareexperten (auch von deutschen Premiumherstellern) scheint sich auszuzahlen, trotz teilweise noch immer hektischer Entscheidungswege und improvisierter Übergangslösungen, von denen Insider nach wie vor berichten.

Viel riskiert – und gewonnen?

Vom Model 3 hängt entscheidend ab, ob Tesla überhaupt als Unternehmen profitabel werden kann. Nur mit einer Massenproduktion macht zum Beispiel die bis zu sieben Milliarden Dollar (in der finalen Ausbaustufe) teure, hochautomatisierte Batteriezellenfabrik in Nevada Sinn. Weitere rund vier Milliarden Dollar hat Tesla in die hochautomatisierte Autoproduktion in Fremont, Kalifornien, investiert, etwa in Schweißroboter, Lackierautomaten, Stanzen und Pressen.

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