Tesla Bitte mehr Konzentration aufs Wesentliche, Elon Musk!

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Teslas eigentliches Problem ist nicht der Autopilot

Ohnehin lenkt die Diskussion ab von Teslas eigentlichen Problemen: Immer mehr deutet darauf hin, dass Elon Musk sich verzettelt. Schon droht das mit viel Brimborium angekündigte Model X zum nächsten Flop zu werden. Die Bestellungen liegen unter den Erwartungen. Offenbar ist die Zielgruppe für ein bis zu 150.000 Dollar teures, rein elektrisches SUV doch kleiner, als von Musk und seinen Marktstrategen gedacht.

Der Erfolg, nein, das Überleben Teslas als eigenständiger OEM hängt davon ab, dass Musk es schafft, den Massenmarkt für rein elektrisches Fahren (ohne die ökonomisch und ökologische Mogelpackung Plug-in-Hybrid) zu knacken.

Die Tesla-Chronik

Dazu muss das Model 3 schnell und ohne große Mängel auf den Markt. Das war immer Musks ursprünglicher Masterplan. Er hat viele Kunden und auch die Aktionäre überzeugt. Seit dem Börsengang im Juni 2010 hat sich die Tesla-Aktie knapp verelffacht.

Doch Musk stellt ihr Vertrauen auf eine harte Probe nach der anderen. Anstatt die ohnehin extrem knappen und weiter schwindenden Ressourcen Zeit, Produktionskapazitäten und Geld sinnvoll für das Massen-E-Auto einzusetzen, kauft Musk die defizitäre Solar-Installationsfirma Solar City. Musk ist Co-Gründer und sein Cousin der Chef, Interessenkonflikte bei der teuren Übernahme dürfen also zumindest andiskutiert werden.

Statt die knappen Produktionskapazitäten in Fremont, Kalifornien, für das technisch ausgereifte Oberklasseauto Model S zu nutzen und die dringend benötigten neue Fertigungskapazitäten in Fremont, Europa und Asien für das Mittelklasseauto Model 3 schnell aufzubauen, schiebt Musk das Model X dazwischen. Das ist ein Auto für eine kleine Nische, das nie und nimmer in der Lage sein wird, das dringend benötigte Wachstumskapital einzuspielen.

Massenmarkttaugliche Modelle

Die Zeit drängt: Andere Hersteller entwickeln, aufgeschreckt vom Vorbesteller-Erfolg von Teslas Model 3 und den diversen Diesel- und CO2-Skandalen, mit Hochdruck eigene, reichweitenstärkere und damit massenmarkttaugliche E-Modelle.

Oberste Priorität sollte das Model 3 haben sowie die Batteriefabrik Giga Factory. Der Vorsprung, mit dem Model S das einzige Auto auf dem Markt zu haben, das dank seiner Reichweite alltagstauglich ist, wird nicht ewig halten.

Tesla braucht – gemessen an seiner Größe – Unsummen an Geld, um das Fernziel Massen-E-Auto zu erreichen. 400.000 Model 3 wurden in den ersten Wochen nach der Präsentation am 1. April bestellt. Das ist mehr als ein Achtungserfolg und sorgt bei der Konkurrenz für Unruhe. Doch Tesla verbrennt Geld, und braucht ständig neues, umso besser wäre es, es nicht in unwichtigen Seitenprojekten zu verschleudern. 2016 machte Tesla 890 Millionen Dollar Verlust, das Barkonto schrumpfte um über zwei Milliarden Dollar.

Seine Kosten für die Gigafactory schätzt Tesla selbst auf drei bis vier Milliarden Dollar. Die Bank Barclays hat den Kapitalbedarf Teslas für die kommenden fünf Jahre auf elf Milliarden Dollar veranschlagt, für Batterie- und Autofabriken sowie Forschung und Entwicklung.

Tesla braucht eine wohlgesinnte Börse

Zuletzt gab es selbst von Tesla-freundlichen Großanlegern und Investmentbanken kritische Kommentare. Musk täte gut daran, sie nicht zu verprellen. Er braucht sie. Die Börse ist seine Lebensversicherung.

Nur über dicke Kapitalerhöhungen über die Märkte kann sich Tesla, wenn überhaupt, die vielen Milliarden besorgen, die das Unternehmen für die Produktion des Model 3 benötigt. Bei der letzten Kapitalerhöhung im Frühjahr machte Goldman Sachs zuvor gute Stimmung und lobte in Studien die langfristigen Chancen.

An solchen Fürsprechern und Aktienkäufern hängt Teslas langfristiges Überleben. Die Luxusmodelle Model S und X waren nur Mittel zum Zweck. Alle Kraft auf das Model 3, sollte die Devise sein. Nicht auf Autopiloten, Solarzellen und Geländewagen, die stören nur.

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