Der Sinn der ganzen Veranstaltung ist Experten klar: Akio Toyoda ist angetreten, den von VW-Chef Martin Winterkorn erklärten Angriff zu parieren. 2018, so hatte Piëchs Statthalter in Wolfsburg 2007 erklärt, solle der Volkswagen-Konzern mit seinen zwölf Marken von Skoda bis Lamborghini den Branchenprimus Toyota überholen und weltgrößter Autobauer werden.
Und tatsächlich scheint es Toyoda zu gelingen, dem größten europäischen Autobauer die Aufholjagd mindestens zu erschweren. Nach einer Verdreifachung des Nettogewinns im abgelaufenen Geschäftsjahr will der japanische Riese mit seinen Marken Toyota, Lexus, Daihatsu, Hino und Scion in diesem Jahr den Gewinn um weitere 40 Prozent steigern. Der Umsatz soll um 6,5 Prozent zulegen. Da wird VW kaum mithalten können. Die Wolfsburger wollen 2013 den Umsatz zwar steigern, bleiben aber eine genaue Prognose schuldig. Und der Gewinn werde auf dem Niveau des Vorjahres stagnieren, musste VW-Chef Winterkorn zuletzt eingestehen.
Jubiläum - Toyota wird 75
Kiichiro Toyoda überzeugt in den 1930er Jahren seinen Vater, einen Textilfabrikanten und Erfinder des automatisierten Webstuhls, ein zweites Unternehmen zu gründen. Seine Vision: Die Massenfertigung von Autos. Am 3. November 1937 entsteht die Toyota Motoring Company.
75 Jahre später ist Toyota mit mehr als 200 Millionen produzierten Fahrzeugen weltweit der größte Automobilhersteller und unterhält Niederlassungen in mehr als 170 Ländern.
Mit 39 Millionen verkauften Autos ist der Toyota Corolla das meistverkaufte Fahrzeug in der Automobilgeschichte. Es wird in der elften Generation produziert. Der VW Golf bringt es auf 25 Millionen verkaufte Modelle.
Die "Kaizen" genannte Firmenphilosophie stammt aus dem Hause Toyota. Damit ist der stetige Verbesserungsprozesse in der Produktion gemeint.
In Paris zeigt Toyota Europe auf der Avenue des Champs Elysées die Ausstellung "Rendez-Vous Toyota". Bis Dezember können Besucher die beliebtesten Toyota-Modelle der letzten 75 Jahre sehen. Mit dabei sind Klassiker wie ein Toyota Land Cruiser FJ25 des Jahres 1958 oder der Toyota 2000 GT von 1967, von dem es weltweit nur noch wenige Exemplare gibt.
Wichtigster Grund für Toyodas Optimismus ist die lockere Geldpolitik in Japan. Peter Fuß, Partner bei der Unternehmensberatung Ernst & Young: "Der schwache Yen stärkt die stark exportabhängige Automobilindustrie." Doch die japanischen Autokonzerne hätten auch ihre Hausaufgaben gemacht: "Hohe Qualitätsvorgaben, Effizienzoffensiven und eine intelligente Preispolitik zeigen nun Erfolge."
Zweiter Frühling
Das erste Quartal 2013 zeigt, wie sich die Schere zwischen Toyota und Volkswagen öffnen könnte: Bei Toyota stieg der Gewinn um 111 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro, in Wolfsburg dagegen brach er um 26 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro ein. VW rangiert mit einer Umsatzrendite von fünf Prozent nur noch im Mittelfeld der Branche, Toyota muss sich mit 8,6 Prozent dagegen nur BMW und Hyundai geschlagen geben.
Dabei schien es eine Weile so, als hätte Toyota dem Generalangriff aus Wolfsburg nur wenig entgegenzusetzen. Millionenfache Rückrufe in den USA, zusammengebrochene Lieferketten infolge der Naturkatastrophen in Japan und Thailand, die enorme Aufwertung der Landeswährung Yen sowie anti-japanische Unruhen in China spielten VW eine gewisse Zeit in die Hände. Doch die Japaner steckten die Tiefschläge weg, und der leidgeprüfte Konzernchef sieht nun die Zeit gekommen, ungehindert zum Gegenangriff blasen zu können. "Nach vier Jahren Winter ist endlich der Frühling ausgebrochen", sagt Toyoda.
Der Mann auf der Poleposition des weltweiten Autogeschäfts hat Toyota bereits gründlich umgekrempelt. Die Fertigung wurde weiter verschlankt, die Arbeit am Hybrid, dem kombinierten Antrieb aus Elektro- und Verbrennungsmotor, intensiviert, die Fahrzeugarchitektur standardisiert und das Management internationalisiert. Das Unternehmen sucht schneller die Nähe zum Kunden und braucht weniger Zeit für Entscheidungen. Vor allem aber sorgt Toyoda dafür, dass sich der Familienkonzern wieder auf sein Kerngeschäft fokussiert, gute Autos zu bauen.