"Finanzhaie hatten Toyota gekapert", sagt Jim Press, langjähriger Toyota-Chef in den USA. Absatzzahlen und Profite wurden zum neuen Credo, Toyota galt als Bank mit angeschlossenem Autohaus. Das alte Motto "der Kunde zuerst" geriet in Vergessenheit, die einst radikale Orientierung auf Qualität wurde dem schnellen Geld geopfert. Dann aber kam 2007 die Finanzkrise, und der Umsatz brach um ein Fünftel ein. Toyota war träge geworden, konnte auf den Einbruch nicht schnell genug reagieren. Auf 22,7 Milliarden Dollar Gewinn im Jahr 2008 folgte 2009 ein Minus von 4,7 Milliarden Dollar - die ersten roten Zahlen seit 1950.
Schon vor diesem Desaster hatte die Konzernspitze die Entscheidung getroffen, Akio Toyoda zum jüngsten Toyota-Chef aller Zeiten zu machen. Formal hätte seine Familie mit ihren 0,8 Prozent Firmenanteilen keinen Anspruch auf die Konzernführung. Toyoda selbst hält nur 4,5 Millionen Aktien, die aktuell 208 Millionen Euro wert sind. Aber den Aufstieg hatte sich der studierte Jurist und Manager innerhalb wie außerhalb des Konzerns verdient. Er entwickelte - angeblich mit eigenem Geld - in den Neunzigern die bis heute populäre Online-Einkaufsmeile "Gazoo" mit Informationen über gebrauchte Toyotas. Zugleich trieb er die Produktion von Sportwagen voran. Das Amerika-Geschäft lernte er in den USA als Vertriebsmann und als Vize-Chef einer Fabrik von der Pike auf kennen. Später kurbelte er den Absatz in China an.
Toyota in der Poleposition
Verkaufte Fahrzeuge (1. Quartal 2013)
Toyota: 2.241.000
VW: 2.143.000
vor Zinsen und Steuern (Ebit) (1. Quartal 2013, in Mio. €)
Toyota: 4162
VW: 2344
Gewinn pro Mitarbeiter (1. Quartal 2013, in Mio. €)
Toyota: 38.152
VW: 20.936
Produzierte Hybridautos (2012)
Toyota: 1.266.239
VW: 17.807
Krise als Katalysator
Als Board-Mitglied von Toyota seit 2000 hatte der älteste Sohn des 88-jährigen Toyota-Ehrenvorsitzenden Shoichiro Toyoda den Angriff auf den einstigen Branchenprimus General Motors mit beschlossen und die Verkaufszahlen nach oben getrieben. Aber schon vor Ausbruch der Finanzkrise besann er sich: Toyoda schmeckte der Jubel über die hohen Absatz- und Gewinnzahlen nicht mehr. Er wollte lieber "aufregendere" Autos bauen und drängte auf eine beschleunigte Dezentralisierung des Konzerns mit seinen weltweit 320.000 Mitarbeitern, davon über drei Viertel im Ausland. Den millionenfachen Rückrufen wenige Monate nach seinem Amtsantritt konnte Toyoda deshalb sogar etwas Positives abgewinnen. "Er hat die Krise als Katalysator benutzt, um den Konzern wachzurütteln und nach seinen Wünschen zu gestalten", meint Toyota-Kenner Jeffrey Liker (siehe Interview Seite 52).
Doch es brauchte Zeit, bis alle im Management begannen, Toyodas Forderung zu leben, nämlich „immer bessere“ Autos zu bauen. Und das, obwohl die Vorgabe die Firmenphilosophie des Kaizen, der stetigen Verbesserung, widerspiegelt. Mit kleinen Änderungen leitete Toyoda die Neubesinnung ein. Er bedruckt seine Visitenkarten heute mit den englischen Slogans „Reborn“, „Fun to Drive, Again“ und „I love cars“. Im Foyer der Tokioter Konzernzentrale ließ er erstmals Toyota-Fahrzeuge aufstellen. Zuvor sah es dort aus wie im Hauptsitz eines Finanzkonzerns.