Toyota Prius Plug-in Hybrid im Test Leise, effizient und teuer

Das sparsamste und erfolgreichste Hybrid-Auto der Welt hat Toyota jetzt um eine neue Plug-in-Variante erweitert, die bis zu 50 Kilometer weit elektrisch fährt. Nein, dieser schneidige Prius ist kein Mittel zur schnellen Rettung der Welt. Aber er hilft schon mal ein bisschen. Jedenfalls sind wir mit ihm bei einer ersten Testfahrt ziemlich weit gekommen, abgasfrei und flüsterleise.

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Toyota Prius Plug-in Hybrid Quelle: Toyota

Wir fragen jetzt mal etwas indiskret. Sie haben Familie und pendeln morgens mit den Kleinen zur Kita und dann vom Stadtrand zur Stadtmitte ins Büro? Und ihr Häuschen hat irgendwo eine Außensteckdose? Na wunderbar, herzlichen Glückwunsch: Sie gehören quasi zur idealen Zielgruppe dieses Autos. Und natürlich gehen wir davon aus, dass Sie als aufgeklärter Mensch auch ein wenig für die Umwelt übrig haben.

Steigen Sie doch einfach ein. Ja, das ist er, der neue Plug-in Hybrid von Toyota. Nicht zu übersehen, oder? Die meisten Plug-in Hybride ähneln langweilig ihren konventionellen Brüdern mit den gängigen Verbrennungsmotoren. Der Prius aber zieht sein Designding voll durch. Allein diese auffällige Front mit den komprimiert-zackigen Scheinwerfern, dann diese extrem schnittige Seitenlinie mit dem cool integrierten Heckspoiler. Aerodynamisch ein Vorzeigetyp, bester Luftwiderstandsbeiwert seiner Klasse - 0,25!

Drinnen offeriert Ihnen der knapp 4,65 Meter lange und nur 1,47 Meter hohe Japaner erstaunlich viel Platz und Bewegungsspielraum. In der zweiten Reihe sitzen selbst 1,94-Meter-Riesen (wie ich, der Autor) noch bequem, auch dank der üppigen Beinfreiheit. Die Sitze sind relativ großflächig und bequem, rundum ist alles schick und fein verarbeitet, das war beim Vorgänger-Modell längst nicht so. Nur die Türtaschen sind etwas mickrig geraten. Zum Ausgleich gibt es in der Mittelkonsole eine integrierte kabellose Ladeschale fürs Mobiltelefon.

Plug-in-Hybride im Kostenvergleich

Natürlich könnte man darüber streiten, dass die Cockpitanzeigen in der Mitte sitzen. Aber nach erster Irritation gewöhnen wir uns auf der Testfahrt erstaunlich schnell an die ungewohnte Platzierung. Zumal es ein Head-up-Display gibt, das die Tacho-Anzeige und die Hybridsystem-Infos (Powermeter) auf Augenhöhe direkt in die Frontscheibe spiegelt (ab Prius-Austattung "Comfort"). Für die Navigations-Hinweise lässt sich aber genauso das acht Zoll große Infotainment-Display oberhalb der Mittelkonsole nutzen.

Machen Sie es sich bequem, drücken Sie den Startknopf und legen Sie den kleinen, joystickähnlichen Schalthebel auf "D". Dann der Druck auf den Startknopf. Und? Sie hören - nichts. Denn diese neueste Plug-in-Version des Prius fährt stets im vollelektrischen Modus an. Nur wenn der Fahrer das Beschleunigungspedal voll bis zum Anschlag tritt, würde der Vierzylinder-Benziner an- und dem Elektromotor zur Seite springen. Zum Beispiel bei einem missglücktem Überholmanöver.

Diesen Stress erleben wir aber nicht auf unserer rund 50 Kilometer langen Testfahrt rund um Köln. Die 92 PS der E-Maschine (permanent erregter Synchronmotor im Verbund mit dem Startergenerator) reichen im morgendlichen Berufsverkehr locker aus. Bis 135 km/h kann der neue Plug-in rein elektrisch summen, beim Vorgänger ging es nur bis zu einer Geschwindigkeit von 85 km/h. Auch die Beschleunigung ist okay, obwohl immerhin drei Erwachsene mit geschätzten 240 Kilo Gesamtgewicht an Bord sind.

Toyota sucht den Anschluss
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota

Das Neue am Plug-in-Prius ist auch: Es macht nun auch Freude ihn zu bewegen. Die Lenkung ist nicht übertrieben sportlich, gibt jetzt aber eine gute Rückmeldung. Dämpfung und Federung verdienen ihren Namen, und drinnen ist es dank einer guten Dämmung sehr leise. Der Japaner rauscht still dahin, und plötzlich hören Sie diverse Geräusche und Töne, die im Brummen des Motors meist untergehen. Das morgendliche Zwitschern der Vögel zum Beispiel. Im Ernst, wirklich.

Nebenbei animiert uns dieses Auto wie alle Stromer zur vorausschauenden Fahrweise. Gebannt verfolgen wir mit einem Auge die Ausschläge des türkisfarbenen Powerbalkens im Mäusekino der Cockpitanzeige. Der schwingt im Idealfall immer schön im Bereich der blauen Hintergrundwolke -  dann nämlich soll der Prius elektrisch richtig weit kommen. Toyota verspricht rund 50 Kilometer Reichweite, beim bisherigen Modell waren es gerade mal 25 Kilometer. Klar, die Kapazität der Lithium-Ionen-Batterie hat sich ja auch von 4,4 auf 8,8 kWh verdoppelt.

Bemerkenswert gut

Beim Bremsen und Ausrollen (Wo geht’s zum nächsten Gefälle, bitte?) spüren wir die offensive Rekuperation: Da wird die von Samsung zugelieferte Lithium-Ionen-Traktionsbatterie per Energieumwandlung immer wieder ein wenig nachgefüllt. In unserem Falle hilft sogar die Frühlingssonne, denn wir fahren das Modell mit dem eingebauten, rund 30 Kilo schwerem Solardach, das laut Toyota täglich bis zu fünf Extrakilometer Reichweite spendiert und - genügend Zeit und Sonne vorausgesetzt - die Batterie in acht Tagen bis zu 80 Prozent aufladen könnte. Garantiert kostenlos.

Am Ende beklatschen wir jeden zusätzlichen Elektro-Meter, bis sich nach exakt 42,4 Kilometern (erfreulich geschmeidig) der Verbrennungsmotor zur Unterstützung meldet. Ein ordentlicher Wert, zumal wir in der Rush Hour und ganz ohne Sparfimmel gefahren sind. Wir hätten unsere Tour durchaus extremer absolvieren können. Zum Beispiel im "EV City-Modus", in dem die elektrische Antriebsleistung für größtmögliche Reichweite auf schmale 64 PS gedrosselt wird. Oder im ökologisch peinlichen "Power"-Modus, in dem nur die Geschwindigkeit zählt und der Benziner ständig gefordert ist.

Falls Sie unbedingt die letzten Kilometer elektrisch und flüsterleise fahren wollen, um Ihre Frau oder die Igel im Unterholz nicht zu wecken, können Sie mit einem längeren Knopfdruck den neuen "Battery Charge Mode" wählen. Schon lädt der Verbrennungsmotor die Batterie fix wieder auf. Energetisch ist das blanker Unsinn, aber im Einzelfall durchaus praktisch. Und wer weiß schon, in welchen Städten demnächst Fahrverbote angesagt sind.

Toyota Prius Plug-in Hybrid

Bei dieser Übung fällt zudem positiv auf, dass der 1,8 Liter große Vierzylinder-Benziner ebenfalls bemerkenswert gut gedämmt ist. Auch das bei den Vorgängern bei Vollgas relativ laut heulende, stufenlose Planetengetriebe bleibt jetzt akustisch kommod im Hintergrund. Selbst bei häufigerem Benzinbetrieb lässt sich der Prius nach einer ersten Testpeilung auch zügig mit einem Dreiliter-Schnitt fahren.

Noch ein Fortschritt: Fürs großstädtische Verkehrsgewühl hat der Prius jetzt das Antikollisions-System mit Fußgängererkennung und automatischer Notbremsfunktion an Bord. Auf Wunsch und gegen Aufpreis gibt es zudem ein Einparksystem für kitzlige Rangiermanöver. Auf der Landstraße wiederum helfen die schlauen Frontscheinwerfer, die bei niedrigem Tempo seitlich weiter leuchten und bei Gegenverkehr den Fernlichtkegel so steuern, dass trotz maximaler Ausleuchtung die Entgegenkommenden nicht geblendet werden.

Im Übrigen hat sich der Neue auch in puncto Ladezeit verbessert. An der haushaltsüblichen 230-Volt-Steckdose (2,3 Kilowatt) lässt sich seine Batterie in drei Stunden und zehn Minuten aufladen, an der öffentlichen Ladestation geht das in zwei Stunden (Ladeleistung bis 3,3 kW). Mit anderen Worten: Auch wenn Sie erst nachts nach Hause kommen, aber nächsten Morgen ist die Packung immer wieder randvoll. Ach ja, erst wenn man selbst das Auto aufsperrt, lässt sich das Ladekabel wieder abziehen - so kann kein Rowdy den Ladevorgang sabotieren oder das Kabel entwenden.

Sie haben schon angefangen zu rechnen? Theoretisch könnten Sie so jeden Tag rein elektrisch in die Stadt fahren? Okay, und nun fragen Sie sich, was mit dem Benzin im Tank passiert. Wird es langsam sauer, schimmelig oder verdunstet das irgendwie? "Keine Angst", sagt Toyota, ab und zu werde der Benziner zum "Durchölen" mal automatisch gestartet, auch um diverse Funktionen (Katalysator und so) heizend durchzuarbeiten.

Alles bestens?

Und wenn es nun im nächsten Winter mal richtig kalt wird? "Keine Angst", beruhigt der Toyota-Mann wieder. Dieser Prius habe eine Wärmepumpe an Bord, die den Innenraum im Stand bis hinab zu minus 10 Grad Celsius vorheizen kann, ohne dass der Verbrennungsmotor gestartet werden muss. Hinzu kommt während des Ladevorgangs die neue Batterie-Vorwärmung, welche die 95 Zellen auch bei bösem Frost von minus 20 Grad Celsius auf ihre optimale Betriebstemperatur bringt.

Und wie lange hält und funktioniert der ganze Prius-Spaß? Ewig, schwören viele Taxifahrer, die schon seit Jahren mit dem ganz normalen Prius rund um die Uhr unterwegs sind. In Köln gibt es einen, der hat mittlerweile mit einem Prius der ersten Generation die 830.000-Kilometer-Marke überschritten - ohne Ausfälle. Drei Jahre Garantie gibt Toyota auf den Prius Plug-in, auf die Hybrid-Komponenten selbstbewusst sogar fünf Jahre oder 100.000 Kilometer.

Da stört es auch nicht, dass der Plug-in rund 150 Kilo schwerer ist als der normale Prius, der nur über eine Nickel-Metallhybrid-Batterie mit knapp zwei Kilometer Reichweite verfügt. Eine Heckklappe aus extrem leichten Karbonfaser-Material sorgt dafür, dass sich das Übergewicht in Grenzen hält. Alles bestens, doch das Manko des Autos liegt genau dahinter. Denn weil die viel größere Batterie auch viel mehr Platz braucht, liegt der Boden des Gepäckraums hier 16 Zentimeter höher, obwohl Toyota das Auto schon unauffällig um einige Zentimeter verlängert hat. Dadurch schrumpft das Ladevolumen um 147 Liter auf magere 354 Liter. Und durch das zusätzliche Gewicht dürfen auch nur maximal 325 Kilo zugeladen werden. Dachgepäckträger oder Anhängerkupplung? Ähm, leider nicht vorgesehen. Die geringere Höchstgeschwindigkeit von 162 km/h (normaler Prius: 180 km/h) stört da eher weniger.

Damit können Sie leben? Und wie steht es mit dem ökologischen Sendungsbewusstsein? Das brauchen Sie jetzt, denn nun reden wir über den Preis. Diesen Prius gibt es nicht unter 37.500 Euro, die Solardach-Version (ohne Head-up-Display) ist noch mal 2050 Euro teurer. Und die feine Executive-Variante mit Leder-Ausstattung, Einparkautomatik und bassigem JBL-Soundsystem mit zehn Lautsprechern kommt in Summe auf pralle 40.650 Euro. Ja, die serienmäßige Ausstattung ist wirklich gut, und die 3000 Euro, die der Staat spendiert, können Sie auch noch abrechnen. Aber in dieser Preisklasse gibt es bei Toyota auch eine vollausgestattete Avensis-Mittelklasse-Limousine. Leider fährt die nicht elektrisch.

Die Bilanz:

PLUS: Gute Reichweite, niedriger Verbrauch, relativ kurze Ladezeiten, sehr effizienter Antrieb, gutes Fahrverhalten, angenehmer Geräuschkomfort, viel serienmäßige Ausstattung.

MINUS: Kleiner Kofferraum, nur vier Sitzplätze, mäßige Übersichtlichkeit (nach hinten), hoher Kaufpreis, Anhängerkupplung und Dachgepäckträger nicht möglich.

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