Das Autoteilen in Deutschland erfreut sich einer neuen Studie zufolge zunehmender Beliebtheit – doch Carsharing wird auch in den kommenden Jahren den privaten Pkw nicht verdrängen. Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer Untersuchung des TÜV Rheinland und der Beratungsgesellschaft BBE Automotive zur Zukunft des Carsharing.
Obwohl die Verfasser der Studie bei den Nutzerzahlen einen Anstieg von derzeit rund einer Million auf drei Millionen bis 2020 für möglich halten, werde dies die Autowelt nicht entscheidend beeinflussen. Ohne den „Rückenwind“ durch Begünstigungen aus der Politik – das Verkehrsministerium arbeitet derzeit an einem Gesetz, das Privilegien wie gesonderte Parkplätze für Carsharing-Fahrzeuge regeln soll – oder die Vernetzung unterschiedlicher Anbieter, halten die Studienautoren eher zwei Millionen Nutzer für realistisch. Fakt sei, dass Carsharing ein fester Bestandteil zeitgemäßer Mobilität werde – jedoch ohne die zum Teil erwarteten enormen Wachstumsraten.
Die Carsharing-Angebote im Überblick
Zahl der Fahrzeuge: mehr als 3100
Verbreitung: 140 Städte
Fahrzeugtypen: viele
Carsharing-Typ: stationär
Kosten pro km: 18–20 Cent
Sonstige Kosten: 1500 Euro Selbstbeteiligung, bei Unfall, Reduktion gegen Aufpreis möglich
Zahl der Fahrzeuge: 2000
Verbreitung: 100 Städte
Fahrzeugtypen: 25 verschiedene
Carsharing-Typ: stationär
Kosten pro km: ab 18 Cent
Sonstige Kosten: regional verschieden
Zahl der Fahrzeuge: mehr als 1.500 (herstellerübergreifend)
Verbreitung: deutschalndweit
Fahrzeugtypen: verschieden
Carsharing-Typ: Peer-to-Peer
Kosten pro km: Tagespauschale
Sonstige Kosten: keine Angabe
Zahl der Fahrzeuge: 800
Verbreitung: Berlin, Hamburg, München, Frankfurt am Main, Gelsenkirchen, Bochum, Essen, Dortmund, Herten, Recklinghausen, Bottrop
Fahrzeugtypen: Kia Rio, Toyota Yaris
Carsharing-Typ: stationär
Kosten pro km: ab 22 Cent
Sonstige Kosten: 1000 Euro Selbstbeteiligung bei Unfall - kann aber auf Null Euro reduziert werden, wenn man pro Stunde 75 Cent zusätzlich zahlt oder maximal 7,50 Euro am Tag.
Zahl der Fahrzeuge: 3500
Verbreitung: Berlin, Hamburg, München, Stuttgart, Düsseldorf, Köln, Ulm, Frankfurt
Fahrzeugtypen: Smart, Smart e-Drive
Carsharing-Typ: flexibel
Kosten pro km: 29 Cent pro Minute
Sonstige Kosten: 500 Euro Selbstbeteiligung bei Unfall, Reduktion gegen Aufpreis möglich
Zahl der Fahrzeuge: 2950
Verbreitung: München, Berlin, Köln, Düsseldorf, Hamburg, Wien, San Francisco
Fahrzeugtypen: BMW 1er, BMW X1, BMW ActiveE, MINI, MINI Cabrio, MINI Clubman, MINI Countryman
Carsharing-Typ: flexibel
Kosten pro km: ab 24 Cent pro Minute
Sonstige Kosten: 750 Euro Selbstbeteiligung bei Unfall, Reduktion gegen Aufpreis möglich
Zahl der Fahrzeuge: 350
Verbreitung: Berlin
Fahrzeugtypen: Citroen C-zero (elektro)
Carsharing-Typ: flexibel
Kosten pro km: 28 Cent
Sonstige Kosten: 500 Euro Selbstbeteiligung bei Unfall, Reduktion gegen Aufpreis möglich
Zahl der Fahrzeuge: 280
Verbreitung: 21 Städte
Fahrzeugtypen: Kompaktklasse, Vans
Carsharing-Typ: stationär
Kosten pro km: 10 Cent plus Benzin
Sonstige Kosten: 1000 Euro Selbstbeteiligung bei Unfall, Reduktion gegen Aufpreis möglich
Zahl der Fahrzeuge: 200
Verbreitung: Hannover
Fahrzeugtypen: VW Golf
Carsharing-Typ: stationär
Kosten pro km: 20 Cent
Sonstige Kosten: 100 Euro Selbstbeteiligung bei Unfall, Reduktion gegen Aufpreis möglich
Zahl der Fahrzeuge: keine Angabe
Verbreitung: deutschlandweit
Fahrzeugtypen: alle Peugeot-Modelle
Carsharing-Typ: bei Händlern
Kosten pro km: ab 33 Cent
Sonstige Kosten: keine Angaben
Der aktuelle Markterfolg des Carsharings ist laut der Studie zum großen Teil auf die sogenannten Free-Float-Anbieter wie DriveNow (BMW/Mini/Sixt)) und Car2go (Daimler/Europcar) zurückzuführen. Hier gibt es keine festen Mietstationen. Die Fahrzeuge werden auf öffentlichen Parkplätzen in einer bestimmten Region abgeholt und wieder abgestellt – wo, spielt keine Rolle.
Die Zahl der Free-Floating Nutzer sei von Januar 2013 bis Juli 2014 um 189 Prozent gestiegen, die Nutzerzahl stationsbasierten Angeboten wie Flinkster, cambio, Green Wheels, citeecar oder BwCarsharing jedoch nur um 74 Prozent.
Carsharing ist nicht gleich Carsharing
Dennoch sieht der TÜV im Free-Floating-Prinzip kein generelles Erfolgsmodell. „Das Modell funktioniert nicht auf dem Land, scheitert in der weiten Fläche an konzentrierter Nachfrage und an der Logistik“, heißt es in der Studie. Doch auch bei den Städten gibt es große Unterschiede.
Die heimliche Hauptstadt des Carsharings ist Karlsruhe. Unterstützt durch mehrere Pilotprojekte, kommen hier 1,93 Fahrzeuge auf 1.000 Einwohner. Es folgen Stuttgart (1,38) und Köln (1,17). Im Mittelfeld liegen Düsseldorf (1,0), München (0,87) und Berlin (0,82). Das Schlusslicht bildet Hamburg mit 0,56 Autos.
Carsharing als Geschäftsmodell hat weiterhin Potenzial, denn aktuell greifen lediglich 1,7 Prozent (knapp eine Million) der deutschen Führerscheinbesitzer auf die Angebote zurück. Mehr als 50 Prozent nutzen das Angebot maximal einmal pro Monat und 28 Prozent sind bei mehreren Anbietern angemeldet. Analysen von BBE ergeben zudem, dass 66 Prozent auch weiterhin das eigene Auto auf dem Weg zur Arbeit nutzen werden. Nur 34 Prozent sehen hier im Carsharing eine mögliche Alternative.
Dazu kommt: Bei längerer Nutzung ist Carsharing vergleichsweise teuer und für Berufspendler nicht geeignet. Zudem müssen die Nutzer flexibel sein und in Kauf nehmen, dass über Carsharing keine Mobilität garantiert ist – wie das bei einem eigenen Auto oder Fahrrad der Fall ist.
Wegen der Nachteile bleiben viele Deutsche skeptisch – was das Carsharing dauerhaft hemmen dürfte. So bilanzieren die Studienautoren, dass Carsharing als „zusätzliche Mobilitätsalternative zwar mehr als eine Modeerscheinung“ sei und als „ergänzendes Mobilitätsangebot in der Nische präsent sein und weiter Interessenten finden“ wird. Doch da es nur ergänzend wirken werde, seien keine gravierenden Marktveränderungen zu erwarten und selbst junge Menschen würden weiterhin zum eigenen Pkw tendieren – wenn auch zeitverzögert.