TÜV-Report Jedes fünfte Auto fällt durch

Beim TÜV immer willkommen: Porsche 911. An diesem Auto finden die Prüfer über alle Klassen hinweg die wenigsten Mängel. Quelle: imago images

Welches Fahrzeug fällt am seltensten durch den TÜV? Diese Frage beantwortet der jährliche Report des Technischen Überwachungsvereins (TÜV). Der Sieger ist keine Überraschung.

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Das Rücklicht ist kaputt, der Motor verliert Öl, der Scheibenwischer ist abgenutzt - nach Einschätzung des TÜVs ist jedes dritte Auto in Deutschland mit Mängeln unterwegs. Bei etwa jedem fünften Wagen sind sie so gravierend, dass das Fahrzeug bei der Hauptuntersuchung (HU) durchfällt. Das geht aus einem Bericht hervor, den der TÜV-Verband am Mittwoch in Berlin veröffentlichte.

Der Verband wertete dafür 8,8 Millionen Hauptuntersuchungen aus, die der TÜV als einer der Anbieter innerhalb eines Jahres durchgeführt hat. Die Prüfstellen fanden bei etwas mehr Gebrauchtwagen „erhebliche Mängel“ - der Anteil stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,3 Prozentpunkte auf 21,2 Prozent. Der Verband erklärt das damit, dass die Autos mittlerweile im Durchschnitt etwas älter sind.

Konstatiert der TÜV erhebliche Mängel, muss der Besitzer sein Auto reparieren und anschließend erneut beim TÜV vorführen. Für 12,0 Prozent aller Fahrzeuge geht die Fahrt jedoch weiter: Sie wiesen "geringe Mängeln" auf und dürfen weiterfahren. Gegenüber dem Vorjahr ist der Anteil dieser Fahrzeuge um 1,9 Prozent zurückgegangen. Weit schlimmer traf es 0,1 Prozent der geprüften Fahrzeuge: Genau 4.789 Fahrzeuge bewertete der TÜV als "verkehrsunsicher" und legte sie sofort still.

Die Top- und Flop-Modelle der TÜV-Prüfer
Platz 1 im TÜV-ReportOb zur ersten HU oder zu der nach 10 Jahren - wer mit einem 911er vorfährt, kann beim TÜV entspannt bleiben. Er hat in allen Altersklassen die niedrigste Durchfallquote unter den 231 untersuchten Modellen. Ob das daran liegt, dass Porsches oft in Garagen stehen und auch im Vergleich zu den schlechtesten Fahrzeugen deutlich weniger Jahreskilometer produzieren? Diese Frage beantwortet der TÜV-Report 2019 nicht. Quelle: imago images
Verlierer mit vielen KilometernWer statt eines Porsche 911 beim TÜV mit einem Dacia Logan vorstellig wird, kann sich leider nicht so sicher sein, dass er mit der Plakette wieder rausfährt. Die überprüften Modelle für den 2019er-Report aus der Kategorie 10 bis 11 Jahre Alter schneiden am schlechtesten ab - allerdings bei fast doppelt so hoher Gesamtlaufleistung wie der Kategoriesieger. Quelle: imago images
Nie ganz oben - aber immer gut platziert in allen Altersklassen: Der Audi TT. Mal fünfter Platz (4- und 5-Jährige), mal dritter Platz (8-9 und 10-11 Jahre alt) eine echte Blöße gibt sich das Modell nie beim TÜV, trotz hoher Laufleistungen im Alter. Quelle: imago images
Verlierer im Alter bis fünf JahreDas hört niemand gern beim TÜV: Instabile Lenkgelenke, schlechte Bremswerte und zu häufig Ölverlust. Die Fahrer eines Peugeot 206, und sei er gerade mal maximal fünf Jahre alt, mussten sich das leider oft anhören, weswegen ihr Auto in dieser Altersklasse auf den letzten Platz fällt. Quelle: imago images
In jungen Jahren SpitzeAls etwas älteres Fahrzeug (6 bis 7 Jahre) schwächelt die B-Klasse von Mercedes etwas. Als junges Fahrzeug allerdings eckt er beim TÜV selten an und das sichert ihm Platz zwei - natürlich hinter dem Porsche 911 in der Kategorie der 2- und 3-jährigen Fahrzeuge. Quelle: imago images
Mängelarme Mercedes Mercedes kann sich mit verschiedenen Modellen im TÜV-Report gut behaupten, der GLK macht da keine Ausnahme. In der Klasse der 2- und 3-Jährigen liegt er hinter der B-Klasse auf Rang drei. Und auch bei den älteren Modellen stets weit vorne. Quelle: imago images
Unauffällig zuverlässigDer Mazda 2 ist wohl das, was man auch als Hidden Champion bezeichnen könnte. Nicht besonders auffällig - aber auch nicht beim TÜV. Zuverlässig setzt er sich in der Altersklasse der 10-bis 11-Jährigen auf den zweiten Rang hinter den - natürlich - Porsche 911. Quelle: imago images

Als einen wichtigen Grund für die gestiegene Durchfallquote hat der TÜV-Verband die alternde Fahrzeugflotte in Deutschland ermittelt. Das Durchschnittsalter aller Pkw beträgt aktuell 9,4 Jahre. Im Vergleich zum Jahr 2010 sind die Autos im Schnitt 1,3 Jahre älter und im Vergleich zum Jahr 2000 sogar um 2,5 Jahre. "Der Fahrzeugbestand in Deutschland wird von Jahr zu Jahr älter. Über kurz oder lang wird das zu einem Problem für die Verkehrssicherheit", sagte Bühler. Denn mit höherem Alter steige die Fehleranfälligkeit der Pkw.

Nach den Ergebnissen des aktuellen TÜV-Reports fällt nur jedes zehnte der vier bis fünf Jahre alten Fahrzeuge mit erheblichen Mängeln durch die HU, während es bei den zehn bis elf Jahre alten Fahrzeugen mehr als jedes vierte ist (28 Prozent). "Gerade die Halter älterer Autos sind aufgerufen, ihre Fahrzeuge regelmäßig zu warten, um sich und andere nicht in Gefahr zu bringen", sagte Bühler.

Gewinner ist der Porsche 911

Der Gewinner des TÜV-Reports 2019 ist der Porsche 911. Nur 2,5 Prozent der zwei bis drei Jahre alten Sportwagen wies erhebliche Mängel auf. Der Porsche 911 gewinnt auch in allen anderen Altersklassen. "Dass ein Fahrzeug in allen Altersklassen so überzeugend abschneidet, hat es in der Geschichte des TÜV-Reports noch nicht gegeben", sagte Bühler.

Insgesamt haben die deutschen Hersteller mit zahlreichen Top-Ten-Platzierungen in den verschiedenen Altersklassen sehr gut abgeschnitten. Darüber hinaus gewinnt Mercedes mit seinen Modellen die Wertungen für die vom Kraftfahrtbundesamt festgelegten Wagenklassen Kompaktklasse, Mittelklasse, SUV und Van. Der Opel Adam gewinnt bei den Minis und der Hyundai i20 bei den Kleinwagen.

Dacia Logan: vier von zehn fallen durch

Schlusslichter in den verschiedenen Altersklassen sind in diesem Jahr der Dacia Logan mit einer EM-Quote bei den 2-3 Jahre alten Fahrzeugen in Höhe von 14,6 Prozent, der Peugeot 206 bei den Vier- bis Fünfjährigen mit 28,0 Prozent und bei den Sechs- bis Siebenjährigen wieder der Dacia Logan mit 30,9 Prozent. Bei den acht bis neun Jahre alten Fahrzeugen teilen sich Renault Kangoo und Chevrolet Matiz den letzten Platz mit einer EM-Quote von 37,1 Prozent. Bei den Autos mit zehn bis elf Jahren auf dem Buckel verliert erneut der Dacia Logan: vier von zehn Logans (40,6 Prozent) fallen in diesem Alter durch die HU.

Technische Mängel nicht unterschätzen

Ein Dauerbrenner bei der HU ist das Thema Licht. Vor allem ältere Fahrzeuge fallen auf den TÜV-Prüfständen mit defekter Beleuchtung auf. "Fahrzeugnutzer sollten häufiger überprüfen, ob sämtliche Leuchten funktionieren. Das ist gerade in der dunklen Jahreszeit sehr wichtig", sagte Bühler. Ein weiteres Problem ist Ölverlust an Motor und Antrieb. Austretendes Öl ist kritisch, da es bei einem Unfall brandbeschleunigend wirkt. Darüber hinaus belastet entweichendes Öl die Umwelt. Mängel an den Achsfedern und den Stoßdämpfern verschlechtern nicht nur den Fahrkomfort, sondern sind auch ein Sicherheitsrisiko, weil die Fahrzeuge nicht mehr stabil auf der Straße liegen. Das ist vor allem in engen Kurven oder bei Ausweichmanövern gefährlich. Nicht zuletzt müssen die Bremsen regelmäßig gewartet werden, um sicher unterwegs zu sein.

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Die Hauptuntersuchung von Pkw befindet sich durch Digitalisierung, neue Vorgaben zum Umweltschutz und der Harmonisierung auf EU-Ebene in einem grundlegenden Wandel. Am 20. Mai 2018 wurde in Deutschland mit dem "gefährlichen Mangel" eine neue Mängelkategorie eingeführt und damit eine EU-Richtlinie umgesetzt. Für die Fahrzeughalter hat das in der Praxis aber nur geringe Auswirkungen: Sie erhalten einen Hinweis auf dem Prüfbericht und haben dann - wie bei den erheblichen Mängeln - einen Monat Zeit für die Reparatur und HU-Nachprüfung.

Neue Prüfverfahren und Grenzwerte

"Die Hauptuntersuchung als wichtige Säule der Verkehrssicherheit in Deutschland steht vor gravierenden Veränderungen", sagte Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands (VdTÜV), anlässlich der Vorstellung des TÜV-Reports. Aktuell stehen eine veränderte Mängelsystematik, neue Grenzwerte bei der Abgasuntersuchung und der Einstieg in die Prüfung digitaler Systeme im Mittelpunkt. "Die Zukunft der Hauptuntersuchung ist digital", sagte Bühler. "Autos sind heute rollende Computer und Datenspeicher. Wenn immer mehr sicherheitskritische Komponenten eines Fahrzeugs digital gesteuert werden, muss sich die HU anpassen. Dafür muss die Politik die Voraussetzungen schaffen."

Bereits seit Anfang 2018 ist wieder eine Abgasuntersuchung mit Endrohrmessung bei der HU Pflicht. "Nur mit einer Kombination aus Abgasmessung am Auspuff, einer Auswertung der Diagnosedaten und einer Sichtprüfung können die Prüfer Verschleiß, Manipulationen oder Defekte an der Abgasanlage richtig erkennen", sagte Bühler. Ihre volle Wirksamkeit entfalte die Endrohrmessung aber erst mit den neuen Grenzwerten, die ab 1. Januar 2019 dem Stand der Technik angepasst werden.

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Ein weiterer Meilenstein ist die Messung der Partikelanzahl bei Dieselfahrzeugen ab dem Jahr 2021. Darüber hinaus fordert der TÜV-Verband, dass zukünftig auch die Stickoxid-Emissionen (NOx) von Dieseln bei der Abgasuntersuchung überprüft werden. "Schmutzige Luft macht Menschen krank", sagte Bühler. "Die Prüfungen stellen sicher, dass die Abgasreinigung in unseren Fahrzeugen einwandfrei funktioniert."

Prüfung digitaler Komponenten

Darüber hinaus erfolgt der Einstieg in die digitale Hauptuntersuchung. Seit dem 1. April 2018 ist der Einbau des eCall-Notrufsystems in Neuwagen Pflicht. Die Prüfverfahren für bestimmte digitale Komponenten sind allerdings noch in der Entwicklung und bislang soll nur das Vorhandensein eines eCall-Moduls geprüft werden, nicht aber seine Funktion. "Statt um Rost und Öl geht es in Zukunft um Bits und Bytes bei der Hauptuntersuchung", sagte Bühler. "In den Prüfkatalogen müssen Kriterien für die digitale Sicherheit von Fahrzeugen ergänzt werden." Dabei gehe es sowohl um den Schutz vor kriminellen Hackerangriffen als auch um die Prüfung sicherheitsrelevanter Funktionen, die von Software gesteuert werden. Bühler: "Die Prüforganisationen müssen Zugang zur Software von sicherheits- und umweltrelevanten Fahrzeugkomponenten sowie zu den entsprechenden Diagnosedaten bekommen. Nur so können sie ihrem gesetzlichen Prüfauftrag nachkommen."

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