Ukraine-Krieg Autobauer und Zulieferer suchen Alternativen zu Teilen aus der Ukraine

Unternehmen wie der Nürnberger Leoni hatten sich in der Ukraine angesiedelt. Quelle: dpa

Zahlreiche Zulieferer haben sich in den letzten Jahren in der Ukraine angesiedelt – dann brach Krieg aus. Nun suchen große Autobauer wie der VW-Konzern fieberhaft nach Alternativen.

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Osteuropa, Nordafrika oder Übersee – Deutschlands Autobauer suchen fieberhaft nach Alternativen, nachdem viele wichtige Zulieferer wegen der russischen Invasion ihre Produktion in der Ukraine auf Eis gelegt haben. So ist das Land ein wichtiger Standort für Hersteller von Kabelbäumen, die individuellen Stromkreise im Auto, welche sich wie Adern durch das gesamte Fahrzeug ziehen. Zahlreiche Firmen – darunter die Nürnberger Leoni, Kromberg & Schubert aus Renningen, Fujikura aus Japan oder Nexans aus Frankreich – haben sich in den vergangenen Jahren hier angesiedelt wegen der niedrigen Arbeitskosten, einer guten Ausbildung der Bevölkerung und der Nähe zu den großen Autowerken in Mittel- und Westeuropa. Doch nun herrscht Krieg in der Ukraine. Manche Firmen haben ihre Produktion dort ganz eingestellt.

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In anderen Unternehmen wird nach dem ersten Schock wieder zumindest ein bisschen gearbeitet. Aus Branchenkreisen heißt es, einzelne Schichten liefen wieder. Oberste Priorität habe die Sicherheit der Mitarbeiter. Nachtschichten fielen aber wegen geltender Ausgangssperren aus.

Eine Herausforderung ist, die Teile aus der Ukraine heraus zu bringen und an die Kunden auszuliefern. Nick Klein, Autoexperte bei dem Logistikunternehmen OEC Group sagt, auch wenn große Transportfirmen wie Maersk einen Bogen um Russland und die Ukraine machten, gebe es immer noch Spediteure, welche die Kabelbäume über Rumänien aus dem Land brächten. „Es gibt immer noch Orte, über die man raus kommt“, erzählt Klein. „Aber die Zahl der Lastwagenfahrer, die diese Strecken fahren wollen, wird immer weiter schwinden. Es wird irgendwann der Zeitpunkt kommen, zu dem man nichts mehr sicher herausbringen kann.“

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Die Gespräche über Alternativen laufen. Audi erklärte, gemeinsam mit anderen Marken im VW-Konzern werde derzeit geprüft, wie die Produktion der Teile an andere Standorte der Zulieferer verlagert werden könnte. „Neben Osteuropa sind Nordafrika, Mexiko und gegebenenfalls China mögliche Alternativen, die wir bewerten“, sagte ein Sprecher. Möglich sei etwa, dass die Zulieferer die Produktion auf mehrere Standorte aufteilten. Aus der Branche heißt es, inzwischen sei geklärt, wo genügend Platz für zusätzliche Kapazitäten, qualifizierte Mitarbeiter und Maschinen vorhanden seien. Offen sei nur noch die Frage, wer die Kosten für den Aufbau der Kapazitäten in den anderen Werken bezahle – der Zulieferer oder die Autobauer, die gerade mit glänzenden Gewinnen aufwarten. Insidern zufolge kann es Monate dauern, bis andere Standorte die Arbeit der ukrainischen Fabriken übernehmen können. Vor allem, wenn Spezialmaschinen nötig seien, seien längere Wartezeiten unumgänglich.

Viele der Kabelbaum-Hersteller in der Ukraine verfügen über Werke in anderen Niedriglohnländern wie Serbien, Rumänien oder Tunesien. Einige produzieren auch in Ländern wie Mexiko oder China. Logistikexperte Klein verwies darauf, dass die Schifffahrt immer noch unter den Nachwehen der Corona-Verwerfungen leide und deswegen Container schwer zu bekommen seien – was Teile aus Übersee weitgehend ausschließt. Die Autobranche müsse zwar auf so viele Pferde wie möglich zu setzen, weil wegen der gestörten weltweiten Lieferketten nicht jeder Zulieferer auch tatsächlich zur Verfügung stehe. „Es ist besser, in Europa zu bleiben und die Kabelbäume aus der Nähe zu kriegen“, sagte Klein. „Im Moment kann man aber gar nicht genügend Lieferanten und Spediteure haben.“

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Und so dürfte es wohl noch einige Zeit dauern, bis die Engpässe beseitigt sind. Audi erklärte, in den kommenden Tagen und Wochen werde auf Sicht gefahren und die Lage kontinuierlich neu bewertet. Eine Aussage, wie lange die Verwerfungen dauerten, könne man nicht machen. BMW kündigte an, die Produktion in den Werken München und Dingolfing im Laufe der kommenden Woche wieder aufzunehmen. Die Lage bleibe aber volatil. „Wir rechnen nach wie vor damit, dass Liefereinschränkungen bedingt durch den Krieg in der Ukraine in Kombination mit den anhaltenden Halbleiter-Engpässen zu weiteren Produktionsanpassungen in unseren Werken führen können.“

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