Bei der Commerzbank war ein Verstoß gegen Iransanktionen Auslöser für den Einsatz des Monitors. Das Institut hatte unter anderem mit einer staatlichen Reederei Geschäfte gemacht, die nach US-Erkenntnissen Massenvernichtungswaffen verschiffte. US-Bankenregulierer Benjamin Lawsky brummte der Bank im Rahmen eines Vergleichs 2015 deshalb 1,45 Milliarden Dollar Strafe auf und installierte zudem einen externen Ordnungshüter. Seit März 2016 soll der Berater von Alix Partners nun ein System aufbauen, das Verstößen auch nach US-Maßstäben ausreichend vorbeugt und ihre Aufdeckung unterstützt.
Der Druck, den der Alix-Mann ausübt, sei extrem, berichten Banker. Im Oktober legte der Kontrolleur einen ersten Bericht vor, anschließend musste die Bank binnen eines Monats sagen, wie sie die geforderten Maßnahmen umzusetzen gedenkt. „Was bleibt uns übrig? Entweder es wird gemacht, was der Monitor fordert, oder es drohen neue Probleme mit der US-Justiz“, so ein Banker.
Wie die aussehen können, zeigt sich beim Mannheimer Industriedienstleister Bilfinger. Schon auf der Hauptversammlung 2016 musste der damalige Finanzchef Axel Salzmann einräumen, dass „wir 2015 zur Kenntnis nehmen mussten, dass dem US-Ministerium unsere bisherigen Bemühungen nicht ausreichen“. In der Folge verlängerte das US-Justizministerium die Mission des Schweizer Rechtsanwalts Marc Livschitz um mindestens zwei Jahre bis Ende 2018.
So lange muss der Konzern mit Livschitz’ Einmischungen rechnen. Die sind durchaus gravierend. Als Bilfinger etwa zum Jahreswechsel mit dem Öl- und Gasunternehmen Petroleum Development Oman (PDO) über einen 200-Millionen-Euro-Auftrag verhandelte, tauchte Livschitz plötzlich vor Ort auf. Zwei Wochen nahm er mit seinem Team die lokale Bilfinger-Tochter Tebodin Oman unter die Lupe und befragte deren Manager.
100 Millionen für Informationstechnik
Das Nachsitzen hat auch finanzielle Folgen. Statt der bisher geplanten 50 Millionen Euro muss Bilfinger bis 2019 nun beinahe 100 Millionen Euro in die Generalüberholung des internen Überwachungssystems investieren. Insider berichten, dass Monitore für sich und ihre bisweilen 50-köpfigen Teams locker zweistellige Millionenbeträge im Jahr kassieren. Winfried Huck, Professor für internationales Wirtschaftsrecht an der Brunswick European Law School, kritisiert deshalb, dass die Unterwerfung der Unternehmen unter das US-Recht „zulasten der Aktionäre geht“.
Doch sie scheint alternativlos. Entsprechend hoch ist die Nervosität auch bei VW, in der Zentrale in Wolfsburg und an den Audi-Standorten Ingolstadt und Neckarsulm. Der Konzern bereitet sich darauf vor, es dem Mann aus Amerika möglichst recht zu machen. VW hat mehrere Dutzend Mitarbeiter als ständige Ansprechpartner bestimmt und sich Gedanken dazu gemacht, welche Werksausweise die Thompson-Leute bekommen. VW hat auch geprüft, ob in Wolfsburg amerikanische Tastaturen ohne Umlaute vorhanden sind. Die Belegschaft solle Thompson mit „offenen Armen“ empfangen, rät Betriebsratschef Osterloh. Im Intranet erklärt VW die Arbeit des Monitors.
Der 71-jährige Thompson ist ein äußerst erfahrener Ermittler, er war schon bei der Pleite des Energiekonzerns Enron, der Lewinsky-Affäre von Bill Clinton und beim Skandal um die Fifa aktiv. Unter George W. Bush war er Generalstaatsanwalt. Wo er in Wolfsburg Quartier bezieht, ist noch offen. Vermutlich werde er im fünfgeschossigen Bürohaus BT10 einziehen, heißt es in Wolfsburg, in dem das Topmanagement des Konzerns seinen Sitz hat. Möglicherweise werde er aber auch das frisch sanierte Volkswagen-Hochhaus vorziehen, das das Management der Marke VW beherbergt. Das wird sich Thompson ebenso intensiv vorknöpfen wie das Audi-Management in Ingolstadt.