„Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Manchmal habe ich den Eindruck, dass das bei uns anders ist.“ VW-Betriebsrat-Chef Bernd Osterloh ist kein Hobby-Angler. Vielmehr machte er damit seinem Frust über das US-Geschäft des Konzerns Luft.
Es fehlten in zentralen Segmenten die passenden Autos; das Händlernetz sei nicht eng genug; und den Erwartungen der US-Kunden werde zu wenig Rechnung getragen. Kurz zusammengefasst: „Eine Katastrophenveranstaltung.“
US-Absatz deutscher Hersteller 2000-2025
Audi: 80.372 Einheiten, Marktanteil 0,5 Prozent
BMW: 189.424 Einheiten, Marktanteil 1,1 Prozent
Mercedes: 205.615 Einheiten, Marktanteil 1,2 Prozent
Porsche: 22.926 Einheiten, Marktanteil 0,1 Prozent
Volkswagen: 355.479 Einheiten, Marktanteil 2,1 Prozent
Audi: 90.116 Einheiten, Marktanteil 0,5 Prozent
BMW: 266.200 Einheiten, Marktanteil 1,6 Prozent
Mercedes: 224.257 Einheiten, Marktanteil 1,3 Prozent
Porsche: 31.934 Einheiten, Marktanteil 0,2 Prozent
Volkswagen: 224.195 Einheiten, Marktanteil 1,3 Prozent
Audi: 101.594 Einheiten, Marktanteil 0,9 Prozent
BMW: 219.121 Einheiten, Marktanteil 1,9 Prozent
Mercedes: 224.939 Einheiten, Marktanteil 1,9 Prozent
Porsche: 25.322 Einheiten, Marktanteil 0,2 Prozent
Volkswagen: 256.831 Einheiten, Marktanteil 2,2 Prozent
Audi: 180.372 Einheiten, Marktanteil 0,5 Prozent
BMW: 357.967 Einheiten, Marktanteil 2,1 Prozent
Mercedes: 381.279 Einheiten, Marktanteil 2,3 Prozent
Porsche: 55.457 Einheiten, Marktanteil 0,3 Prozent
Volkswagen: 373.756 Einheiten, Marktanteil 2,2 Prozent
Quelle: IHS Global
Audi: 242.466 Einheiten, Marktanteil 1,4 Prozent
BMW: 372.418 Einheiten, Marktanteil 2,2 Prozent
Mercedes: 406.387 Einheiten, Marktanteil 2,4 Prozent
Porsche: 62.417 Einheiten, Marktanteil 0,4 Prozent
Volkswagen: 572.524 Einheiten, Marktanteil 3,4 Prozent
Quelle: IHS Global
Audi: 244.833 Einheiten, Marktanteil 1,5 Prozent
BMW: 359.314 Einheiten, Marktanteil 2,1 Prozent
Mercedes: 392.827 Einheiten, Marktanteil 2,3 Prozent
Porsche: 51.421 Einheiten, Marktanteil 0,3 Prozent
Volkswagen: 603.310 Einheiten, Marktanteil 3,6 Prozent
Quelle: IHS Global
Das war vor rund einem Jahr. Seitdem musste der VW-Konzern schmerzhaft lernen, dass der US-Markt anderen Gesetzen folgt als Europa, wo die Wolfsburger einen Rekord nach dem anderen einfahren. Bis 2018 will VW in den USA seinen Absatz auf 800.000 Fahrzeuge pro Jahr verdoppeln. So ambitionierte Ziele hat sonst kein deutscher Hersteller formuliert.
VW steht vor schwierigen Jahren – in den USA
Doch anstatt zu wachsen, hatte VW lange Zeit den Rückwärtsgang eingelegt. Der gesamte US-Markt konnte seit der Finanzkrise konstant um sechs bis acht Prozent per annum zulegen. Für 2014 rechnet die Beratungsgesellschaft PwC mit 16,4 Millionen Einheiten – das entspricht einem Wachstum von weiteren sechs Prozent.
Der VW-Absatz hingegen sank 18 Monate in Folge. Erst im November zogen die Verkäufe zum ersten Mal seit Mai 2013 wieder leicht an.
Das Analysehaus IHS rechnet daher damit, dass VW im laufenden Jahr nur rund 356.000 Autos in den USA verkaufen wird – fast 50.000 weniger als im Vorjahr. 2018 rechnen die Analysten mit 550.000 verkauften VW-Modellen und sind damit deutlich weniger optimistisch als die Wolfsburger selbst.
Erst 2025 soll die Marke von 600.000 Fahrzeugen fallen, so IHS. Doch bis dahin ist es ein langer Weg. Frank Schwope, Analyst bei der NordLB schätzt, dass VW derzeit unter der Gewinnschwelle arbeitet. „Wichtig ist es, profitabel zu arbeiten. Ich habe Zweifel, dass VW in den USA derzeit Geld verdient“, sagt Schwope.
Die größten Gewinner im deutschen Automarkt
Porsche - Plus 7,1 Prozent - 12.687 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Der Sportwagenbauer aus Zuffenhausen setzt seine Erfolgsgeschichte ungebrochen fort. Auch im ersten Halbjahr legen die Verkäufe zu. Dabei dürften Verkaufsschlager wie der Macan auch weiterhin für Absatz sorgen.
Quelle: Kraftfahrzeugbundesamt
Renault/Dacia - Plus 9,5 Prozent - 79.280 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Die Franzosen sind zurück. Mit dem neuen Clio als Zugpferd legt auch der Absatz deutlich zu. Die rumänische Billigtochter Dacia verpasst zwar knapp das zweitstellige Wachstum der Vorjahre, verkauft sich aber weiterhin blendend.
Ford - Plus 9,8 Prozent - 108.548 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Die Ford-Werke in Köln haben zuletzt angekündigt, die Fiesta-Produktion in der Domstadt zu verlängern. Beim Kunden legt sich die Marke stärker zu als alle anderen mit deutschen Wurzeln.
Seat - Plus 10,3 Prozent - 45.630 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Das spanische Sorgenkind des VW-Konzerns fährt aus der Krise. Der neue Leon macht's möglich - und beschert ein sattes Absatzplus auf dem deutschen Markt.
Skoda - Plus 14 Prozent - 88.198 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Noch besser schlägt sich nur die tschechische VW-Tochter, die damit auch Renault/Dacia hinter sich lässt und mit über 88.000 verkauften Fahrzeugen zur erfolgreichsten Importmarke auf dem deutschen Markt aufsteigt.
Land Rover - Plus 16,2 Prozent - 8.032 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Die noblen Briten können mit dem Evoque auch modern und klein. Das zahlt sich bei den Verkäufen aus. In Deutschland verkauft Land Rover fast doppelt so viele Autos wie Konkurrent Jeep.
Jaguar - Plus 16,8 Prozent - 2.612 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Die Raubkatze ist auf dem Sprung, auch wenn ihr Marktanteil mit 0,2 Prozent noch winzig ausfällt. Trotzdem: Neue Modelle wie der F-Type kommen auch in Deutschland an.
Mazda - Plus 16,8 Prozent - 28.542 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Kennen Sie noch die uncoolen Mazdas aus den 90ern? Die Autokäufer in Deutschland kennen sie nicht. Eine runderneuerte Modellpalette bringt Mazda unter den Gewinnern der Zulassungsstatistik sogar auf das Treppchen.
Nissan - Plus 22,8 Prozent - 32.250 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Fast hätte es für die Japaner sogar für das größte Wachstum im Markt gereicht. Der SUV Qashqai verkauft sich wie geschnitten Brot. Nur eine Marke wächst noch rasanter.
Jeep - Plus 33,3 Prozent - 4.041 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Die SUV-Marke aus dem Hause Fiat/Chrysler wächst in Deutschland stärker als alle Konkurrenten. Das dürfte Fiat-Chef Marchionne freuen, für dessen Premiumstrategie die Marke eine Schlüsselrolle spielt.
Dass die von Osterloh genannten Probleme hausgemacht sind, zeigen auch die Zahlen der anderen deutschen Hersteller. Im ersten Halbjahr 2014 konnte zum Beispiel Audi und BMW zweistellig zulegen, Mercedes lag 8,8 Prozent beim Wachstum in etwa auf dem Marktniveau. VW, immer noch der größte deutsche Autobauer in den USA, musste ein Minus von 13,6 Prozent verzeichnen.
Deutsche bauen keine Pick-ups
Einen entscheidenden Unterschied gibt es dennoch: Wie in Europa zielt Volkswagen auf den Massenmarkt, die Premium-Hersteller jedoch auf eine andere Kundschaft. „Audi, BMW, Mercedes und Porsche haben mit ihren Premiummodellen eher eine Randposition, können aber dennoch gute Steigerungsraten erzielen“, sagt Felix Kuhnert, Leiter Automotive bei PwC. „Die meistverkauften Modelle in den USA sind aber nach wie vor große Pick-ups und SUVs wie etwa die Ford F-Serie oder der Chevrolet Silverado, wo die Deutschen kein entsprechendes Angebot haben.“
Zur Einordnung: Ford konnte allein mit der F-Serie im vergangenen Jahr über 760.000 Fahrzeuge absetzen. VW kam mit allen Modellen auf 409.000 Exemplare.
Ein Pick-up-Modell plant VW zwar nicht, will aber wenigstens bei den großen SUVs mit drei Sitzreihen nachziehen. Für das Serienmodell, das auf der Studie Cross-Blue basieren soll, wird extra das VW-Werk in Chattanooga erweitert. Der Haken: Der Hoffnungsträger wird nicht vor 2016 auf den Markt kommen.
Neuer US-Chef soll die Wende bringen
Dass VW in den USA in wichtigen Segmenten nicht vertreten ist, wurde vor allem dem Regionalchef Jonathan Browning angelastet. Er musste deshalb gehen, sein Nachfolger Michael Horn soll klare Verhältnisse schaffen. Auch VW-Chef Martin Winterkorn hatte Defizite im US-Geschäft eingeräumt.
Man habe den in den USA gebauten US-Passat „nicht genug gepflegt“, so Winterkorn. Die zuständigen Manager hätten „auf meinen Schreibtisch springen“ und sagen müssen, der US-Passat müsse aufgewertet werden. Dies sei jedoch nicht geschehen. Für die Führungsmannschaft vor Ort war das quasi das Kündigungsschreiben.
Schwope will die US-Probleme von Volkswagen aber nicht an ein oder zwei Modellen festmachen. „VW muss eine attraktivere Modellpalette bieten. Das große SUV Cross-Blue ab 2016 ist nur ein Baustein und nicht die alleinige Lösung sämtlicher VW-Probleme in den USA.“ Auch die anderen Modelle müssten die Kunden stärker ansprechen.
VW gründet Taskforce für den US-Erfolg
Genau daran arbeitet der neue US-Chef Horn – in einem so zentral gesteuerten Konzern für einen Landeschef kein leichtes Unterfangen. Immerhin haben die Wolfsburger nun einen „Vorstandsauschuss USA“ gegründet, um das darbende US-Geschäft wieder auf Vordermann zu bringen. Dem Gremium sollen neben Winterkorn und Horn unter anderem Vertriebsvorstand Christian Klingler und Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer angehören.
Sechs Mal pro Jahr soll jeweils zwei Stunden getagt werden. Klingt nicht nach viel, dennoch ist die neue Taskforce eine deutliche Verbesserung: Aktuell durfte der US-Chef samt Entourage nur alle drei bis vier Monate für eine halbe Stunde beim Konzernboss vorsprechen.
Produktionskapazitäten deutscher Autobauer in Nordamerika 2000-2025
BMW Mexiko: 1.594 Einheiten
BMW USA: 83.672 Einheiten
Daimler Mexiko: 0 Einheiten
Daimler USA: 83.720 Einheiten
Volkswagen Kanada: 0 Einheiten
Volkswagen Mexiko: 423.807 Einheiten
Volkswagen USA: 0 Einheiten
Quelle: IHS Global
BMW Mexiko: 0 Einheiten
BMW USA: 124.816 Einheiten
Daimler Mexiko: 0 Einheiten
Daimler USA: 105.474 Einheiten
Volkswagen Kanada: 0 Einheiten
Volkswagen Mexiko: 299.862 Einheiten
Volkswagen USA: 0 Einheiten
Quelle: IHS Global
BMW Mexiko: 0 Einheiten
BMW USA: 154.276 Einheiten
Daimler Mexiko: 0 Einheiten
Daimler USA: 134.447 Einheiten
Volkswagen Kanada: 15.342 Einheiten
Volkswagen Mexiko: 436.128 Einheiten
Volkswagen USA: 0 Einheiten
Quelle: IHS Global
BMW Mexiko: 0 Einheiten
BMW USA: 371.475 Einheiten
Daimler Mexiko: 0 Einheiten
Daimler USA: 302.129 Einheiten
Volkswagen Kanada: 0 Einheiten
Volkswagen Mexiko: 460.237 Einheiten
Volkswagen USA: 117.152 Einheiten
Quelle: IHS Global
BMW Mexiko: 94.707 Einheiten
BMW USA: 383.288 Einheiten
Daimler Mexiko: 171.535 Einheiten
Daimler USA: 307.077 Einheiten
Volkswagen Kanada: 0 Einheiten
Volkswagen Mexiko: 738.607 Einheiten
Volkswagen USA: 241.631 Einheiten
Quelle: IHS Global
BMW Mexiko: 155.308 Einheiten
BMW USA: 260.330 Einheiten
Daimler Mexiko: 140.403 Einheiten
Daimler USA: 281.273 Einheiten
Volkswagen Kanada: 0 Einheiten
Volkswagen Mexiko: 796.325 Einheiten
Volkswagen USA: 257.960 Einheiten
Quelle: IHS Global
Erste Entscheidungen hat der neue Vorstandsausschuss offenbar bereits gefällt. Von der europäischen Denkweise eines siebenjährigen Modellzyklus‘ mit grundlegender Überarbeitung nach vier Jahren will sich Volkswagen laut einem Bericht der „Automobilwoche“ verabschieden. Die neuen Generationen der US-Modelle Jetta (ab 2017) und Passat (ab 2018) sind von Anfang an auf eine Laufzeit von nur fünf Jahren ausgelegt. Für den Nachfolger des Kompakt-SUV Tiguan (ab 2016) wird die verkürzte Laufzeit noch geprüft.
Mehrere, kleinere Updates
Bereits eingeplant in diese neuen Zyklen sind auch kleinere, aber häufigere Modell-Updates. „Amerikanische Kunden wollen öfter etwas Neues, das heißt für die Hersteller, dass sie ihre Fahrzeuge öfter überarbeiten müssen“, sagt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management (CAM) an der Bergisch Gladbacher Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW). „Dafür müssen die Veränderungen nicht so groß sein, wie es europäische oder deutsche Kunden bei einer Modellüberarbeitung erwarten.“
Sprich: Statt aufwändiger Überarbeitung von Motor, Innenraum und Karosserie reicht ab und zu ein neu gestalteter Scheinwerfer oder Kühlergrill aus, damit US-Händler den Wagen als „neu“ bewerben. „Die Amerikaner legen weniger Wert auf eine hohe technologische Dichte in den Fahrzeugen, für sie müssen die Fahrzeuge vor allem robust sein und einen Getränkehalter besitzen“, so Bratzel.
Gerade mit fehlenden oder zu kleinen Getränkehaltern hatte VW den Zorn der US-Kunden auf sich gezogen. Zudem dauerte es bei einigen Modellen lange, bis dieses vermeintlich unwichtige Bauteil nachgerüstet war.
Auch wenn VW inzwischen schneller reagiert, schätzt Bratzel, dass die Marke noch zwei Jahre zu kämpfen haben wird: „Man hat den Markt komplett unterschätzt und nicht die Modelle angeboten, die der Markt nachfragt. Bei den SUV und Light-Trucks, die die Amerikaner sehr schätzen, gibt es schlicht kein Angebot von VW.“
Die Golf-Klasse hat großes Potenzial
Doch die großen Modelle sind nicht das Allheilmittel für einen steigenden Absatz, in anderen Fahrzeugklassen ist das Potenzial größer. „Das Segment der Crossover-Modelle wächst in den USA am stärksten, aber auch Klein- und Kompaktwagen legen ordentlich zu“, sagt PwC-Analyst Kuhnert. „Hier haben die deutschen Autobauer inzwischen gute Angebote, etablieren sich aber auch bei Vans und Crossovern.“
Mario Franjičević von IHS sieht vor allem im C-Segment, also Autos von der Größe eines Golfs, A-Klasse und 1er-BMW großes Potenzial. „Während Wachstumsmärkte vom B- in das C-Segment aufsteigen, tendieren die gesättigten Märkte dazu, sich wegen der Urbanisierung, kleineren Familien oder dem Kraftstoffverbrauch vom D- in das C-Segment nach unten zu orientieren“, sagt Franjičević. Da die amerikanischen Hersteller etwas Rückstand hätten, sei die Chance für ausländische Autobauer in diesem Marktsegment groß.
Um den wachsenden Bedarf an für US-Verhältnisse kleinen Autos decken zu können, investieren die Hersteller derzeit kräftig in ihre Werke – aber vor allem in Mexiko. In dem südlichen Nachbarland der USA sollen ab 2016 150.000 Audi Q5 pro Jahr vom Band laufen, ab 2019 will BMW ein Werk mit einer Kapazität von ebenfalls 150.000 Fahrzeugen eröffnen. Daimler arbeitet zusammen mit Nissan an einer Fertigungsstätte, in der Kompaktmodelle von Mercedes und der Nissan-Tochter Infiniti auf einer gemeinsamen Basis montiert werden.
Hersteller bauen neue Werke
„Mexiko hat mit mehr als 120 Millionen Einwohnern einen großen Heimatmarkt und ist zudem Mitglied der Nafta. Damit können die Autos leicht in die USA oder nach Kanada exportiert werden“, sagt NordLB-Mann Schwope. „Allerdings haftet diesen Autos der ‚Makel‘ an, nicht ‚Made in USA‘ zu sein.“
Auch Felix Kuhnert hält es für richtig, jetzt die Kapazitäten aufzustocken. „Vor Ort zu produzieren, ist eine der wichtigsten Stoßrichtungen der Autobauer. Bis 2020 wird die Autoproduktion in Nordamerika nach unseren Erwartungen um 22 Prozent zulegen“, sagt der PwC-Experte. „Mit einer lokalen Produktion lassen sich Wechselkursrisiken minimieren oder Handelshemmnisse umgehen. Zudem wird die lokale Adaptierung der Fahrzeuge, etwa Besonderheiten im Innenraum oder ein spezieller Antriebsstrang einfacher.“
Das größte BMW-Werk steht in den USA
Teilweise werden die Modelle aber nicht an den US-Markt angepasst, sondern von vorne herein auf die dortigen Kundenwünsche ausgelegt und nur zur „Zweitverwertung“ nach Europa exportiert. Mercedes fertigt seine großen Allradler ML (künftig GLE) und GL (künftig GLS) von Anfang an nur im US-Werk Tuscaloosa, BMW geht – mit Ausnahme des kleinen X1 – bei seiner X-Baureihe ganz ähnlich vor.
Die auch in Deutschland beliebten X3, X5 und X6 laufen ausschließlich in Spartanburg in South Carolina vom Band. Auch das neue Crossover X4 wird dort gefertigt, ebenso das kommende Groß-SUV X7. „Es gibt einen wachsenden Bedarf für große Autos, den können wir nicht mehr ignorieren“, sagte BMW-Chef Norbert Reithofer im März bei der Ankündigung des siebensitzigen Geländewagens.
Um die weiteren Baureihen überhaupt stemmen zu können, investiert BMW bis 2016 eine Milliarde Dollar in Spartanburg. Die Belegschaft von rund 8.000 Angestellten soll sich mehr als verdoppeln. Damit wird die US-Fabrik mit einer künftigen Kapazität von 450.000 Autos den Standort Dingolfing (343.000 Autos) als größtes BMW-Werk ablösen.
„Dass SUVs in den USA gefragte Produkte sind, ist kein Geheimnis. Die SUV-Produktion von Daimler und BMW wurde vorrangig für den lokalen Markt aufgebaut, profitiert vor allem aber von der globalen Nachfrage für diese Fahrzeuge“, sagt IHS-Analyst Franjičević.
Frank Schwope schätzt, dass die Nachfrage nach großen und spritschluckenden Autos in den USA weiter hoch bleiben wird. „Kleinere Autos waren in den USA zuletzt nur während der Finanzkrise gefragt, da haben die Amerikaner plötzlich Smarts gekauft“, sagt der Auto-Analyst. „Solange der Ölpreis aber so niedrig ist wie gegenwärtig, werden in den USA große Spritfresser gekauft.“
Diesel bleibt ein schwieriges Thema
Langfristig wird für Bratzel auch in den USA ein wichtiges Thema, „wenn die Debatte auch in einer anderen Größenordnung geführt wird. Dafür haben die deutschen Hersteller die richtigen Technologien und können es leicht mit den amerikanischen aufnehmen“, sagt der Professor.
Eine potenziell interessante Spritspar-Technologie kommt in den USA allerdings kaum durch: der Dieselmotor. „Die deutschen Hersteller sind führend bei der Entwicklung von Dieselmotoren“, sagt PwC-Experte Kuhnert. „Das Diesel-Potenzial in den USA ist aber sehr schwierig zu beurteilen, da die Kunden den Hybrid als sparsamere Alternative zum Benziner gut angenommen haben.“
Für Kuhnert muss es aber nicht unbedingt ein Nachteil sein, dass VW, BMW und Co nicht sofort auf den Hybrid-Zug aufgesprungen sind: „Die deutschen Hersteller sind bei der Einführung neuer Technologien nicht bei den Ersten, bringen aber nur ausgereifte Technik, die am besten entwickelt ist.“