Genau daran arbeitet der neue US-Chef Horn – in einem so zentral gesteuerten Konzern für einen Landeschef kein leichtes Unterfangen. Immerhin haben die Wolfsburger nun einen „Vorstandsauschuss USA“ gegründet, um das darbende US-Geschäft wieder auf Vordermann zu bringen. Dem Gremium sollen neben Winterkorn und Horn unter anderem Vertriebsvorstand Christian Klingler und Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer angehören.
Sechs Mal pro Jahr soll jeweils zwei Stunden getagt werden. Klingt nicht nach viel, dennoch ist die neue Taskforce eine deutliche Verbesserung: Aktuell durfte der US-Chef samt Entourage nur alle drei bis vier Monate für eine halbe Stunde beim Konzernboss vorsprechen.
Produktionskapazitäten deutscher Autobauer in Nordamerika 2000-2025
BMW Mexiko: 1.594 Einheiten
BMW USA: 83.672 Einheiten
Daimler Mexiko: 0 Einheiten
Daimler USA: 83.720 Einheiten
Volkswagen Kanada: 0 Einheiten
Volkswagen Mexiko: 423.807 Einheiten
Volkswagen USA: 0 Einheiten
Quelle: IHS Global
BMW Mexiko: 0 Einheiten
BMW USA: 124.816 Einheiten
Daimler Mexiko: 0 Einheiten
Daimler USA: 105.474 Einheiten
Volkswagen Kanada: 0 Einheiten
Volkswagen Mexiko: 299.862 Einheiten
Volkswagen USA: 0 Einheiten
Quelle: IHS Global
BMW Mexiko: 0 Einheiten
BMW USA: 154.276 Einheiten
Daimler Mexiko: 0 Einheiten
Daimler USA: 134.447 Einheiten
Volkswagen Kanada: 15.342 Einheiten
Volkswagen Mexiko: 436.128 Einheiten
Volkswagen USA: 0 Einheiten
Quelle: IHS Global
BMW Mexiko: 0 Einheiten
BMW USA: 371.475 Einheiten
Daimler Mexiko: 0 Einheiten
Daimler USA: 302.129 Einheiten
Volkswagen Kanada: 0 Einheiten
Volkswagen Mexiko: 460.237 Einheiten
Volkswagen USA: 117.152 Einheiten
Quelle: IHS Global
BMW Mexiko: 94.707 Einheiten
BMW USA: 383.288 Einheiten
Daimler Mexiko: 171.535 Einheiten
Daimler USA: 307.077 Einheiten
Volkswagen Kanada: 0 Einheiten
Volkswagen Mexiko: 738.607 Einheiten
Volkswagen USA: 241.631 Einheiten
Quelle: IHS Global
BMW Mexiko: 155.308 Einheiten
BMW USA: 260.330 Einheiten
Daimler Mexiko: 140.403 Einheiten
Daimler USA: 281.273 Einheiten
Volkswagen Kanada: 0 Einheiten
Volkswagen Mexiko: 796.325 Einheiten
Volkswagen USA: 257.960 Einheiten
Quelle: IHS Global
Erste Entscheidungen hat der neue Vorstandsausschuss offenbar bereits gefällt. Von der europäischen Denkweise eines siebenjährigen Modellzyklus‘ mit grundlegender Überarbeitung nach vier Jahren will sich Volkswagen laut einem Bericht der „Automobilwoche“ verabschieden. Die neuen Generationen der US-Modelle Jetta (ab 2017) und Passat (ab 2018) sind von Anfang an auf eine Laufzeit von nur fünf Jahren ausgelegt. Für den Nachfolger des Kompakt-SUV Tiguan (ab 2016) wird die verkürzte Laufzeit noch geprüft.
Mehrere, kleinere Updates
Bereits eingeplant in diese neuen Zyklen sind auch kleinere, aber häufigere Modell-Updates. „Amerikanische Kunden wollen öfter etwas Neues, das heißt für die Hersteller, dass sie ihre Fahrzeuge öfter überarbeiten müssen“, sagt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management (CAM) an der Bergisch Gladbacher Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW). „Dafür müssen die Veränderungen nicht so groß sein, wie es europäische oder deutsche Kunden bei einer Modellüberarbeitung erwarten.“
Sprich: Statt aufwändiger Überarbeitung von Motor, Innenraum und Karosserie reicht ab und zu ein neu gestalteter Scheinwerfer oder Kühlergrill aus, damit US-Händler den Wagen als „neu“ bewerben. „Die Amerikaner legen weniger Wert auf eine hohe technologische Dichte in den Fahrzeugen, für sie müssen die Fahrzeuge vor allem robust sein und einen Getränkehalter besitzen“, so Bratzel.
Gerade mit fehlenden oder zu kleinen Getränkehaltern hatte VW den Zorn der US-Kunden auf sich gezogen. Zudem dauerte es bei einigen Modellen lange, bis dieses vermeintlich unwichtige Bauteil nachgerüstet war.
Auch wenn VW inzwischen schneller reagiert, schätzt Bratzel, dass die Marke noch zwei Jahre zu kämpfen haben wird: „Man hat den Markt komplett unterschätzt und nicht die Modelle angeboten, die der Markt nachfragt. Bei den SUV und Light-Trucks, die die Amerikaner sehr schätzen, gibt es schlicht kein Angebot von VW.“
Die Golf-Klasse hat großes Potenzial
Doch die großen Modelle sind nicht das Allheilmittel für einen steigenden Absatz, in anderen Fahrzeugklassen ist das Potenzial größer. „Das Segment der Crossover-Modelle wächst in den USA am stärksten, aber auch Klein- und Kompaktwagen legen ordentlich zu“, sagt PwC-Analyst Kuhnert. „Hier haben die deutschen Autobauer inzwischen gute Angebote, etablieren sich aber auch bei Vans und Crossovern.“
Mario Franjičević von IHS sieht vor allem im C-Segment, also Autos von der Größe eines Golfs, A-Klasse und 1er-BMW großes Potenzial. „Während Wachstumsmärkte vom B- in das C-Segment aufsteigen, tendieren die gesättigten Märkte dazu, sich wegen der Urbanisierung, kleineren Familien oder dem Kraftstoffverbrauch vom D- in das C-Segment nach unten zu orientieren“, sagt Franjičević. Da die amerikanischen Hersteller etwas Rückstand hätten, sei die Chance für ausländische Autobauer in diesem Marktsegment groß.
Um den wachsenden Bedarf an für US-Verhältnisse kleinen Autos decken zu können, investieren die Hersteller derzeit kräftig in ihre Werke – aber vor allem in Mexiko. In dem südlichen Nachbarland der USA sollen ab 2016 150.000 Audi Q5 pro Jahr vom Band laufen, ab 2019 will BMW ein Werk mit einer Kapazität von ebenfalls 150.000 Fahrzeugen eröffnen. Daimler arbeitet zusammen mit Nissan an einer Fertigungsstätte, in der Kompaktmodelle von Mercedes und der Nissan-Tochter Infiniti auf einer gemeinsamen Basis montiert werden.