Valeo-Chef Aschenbroich "Mit Übernahmen zerstört sich ein Unternehmen selbst"

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"Man muss fast paranoid sein in China"

Wann sehen wir die ersten fahrerlosen Autos den Eiffelturm passieren?
Das könnte schon heute der Fall sein, weil die Verkehrssituation dort sehr übersichtlich ist. Schwieriger wird es an der Place d’Etoile, also am Triumphbogen, wo zwölf Straßen in einen Kreisverkehr münden. In den Stoßzeiten kommt es zu Staus, zig Autos wollen sich gleichzeitig einfädeln. Das macht es für ein System der künstlichen Intelligenz, mit dem fahrerlose Autos ausgestattet sind, sehr komplex. Ein autonomes Auto muss aber beides meistern, einfache und schwierige Verkehrssituationen. Deshalb wird es noch dauern.

Die weltweit größten Autozulieferer

Wie viele dieser autonomen Autos werden ein Valeo-System an Bord haben?
Alle! (lacht) Nein, aber wir sind beim Thema Fahrassistenz bereits weltweit die Nummer eins. Wir kamen aus der Welt der Parkassistenten bei langsamer Fahrt im Stadtverkehr. Heute haben wir Sensoren, Kameras und Radarsysteme, mit denen wir praktisch jeden Hersteller beliefern.

Die deutschen Autokonzerne sprechen von einer Normalisierung auf dem chinesischen Markt. Mit welcher Entwicklung rechnen Sie?
Es hängt davon ab, was man unter Normalisierung versteht. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Automarkt in den nächsten Jahren im Gleichklang mit dem Bruttoinlandsprodukt, dem BIP, in China wachsen wird. Es geht also um die Frage, wächst das BIP um sieben oder sechs Prozent? Das ist uns egal. Wir werden dreimal so schnell wachsen wie der Markt. Wenn der Markt sechs Prozent wächst, wachsen wir um rund 20 Prozent.

Womit die Zulieferer zu kämpfen haben

Durch mehr Exporte aus Europa oder neue Produktionsstätten in China?
Wir werden in Produktion sowie Forschung und Entwicklung investieren, vor allem in China, aber auch in Indien, Südostasien und Korea. Wir rechnen mit Investitionen in Höhe von 4,5 bis fünf Prozent unseres Umsatzes. Zwei Drittel der Summe wird nach Osteuropa und Asien fließen.

Können Sie sich vorstellen, dass ein chinesischer Autohersteller oder Zulieferer innerhalb der nächsten fünf Jahre auf den europäischen Markt drängt?
Ein chinesischer Hersteller wird es dem koreanischen Autokonzern Hyundai gleichtun, der es in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten zum fünftgrößten und wachstumsstärksten Autobauer hinter VW gebracht hat. Wenn aus China nicht ein solcher Autokonzern hervorginge, wäre das die einzige Industrie, in der ein Akteur aus dem Reich der Mitte nicht eine weltweit bedeutende Position einnähme. Darauf sollte man also nicht setzen. Ich glaube fest an einen chinesischen Hyundai des 21. Jahrhunderts.

Zuliefererindustrie – Fakten und Trends

Auch an einen chinesischen Bosch, Continental oder Valeo?
Die weltweit größten Zulieferer vergrößern gerade ihre Marktanteile in China. Wir sehen noch nicht, dass es einen zweiten Bosch, Continental oder Valeo aus China im 21. Jahrhundert geben wird. Dass gerade ein chinesischer Konzern Pirelli gekauft hat, könnte das Heranwachsen eines Global Players aus China aber beschleunigen. Man muss fast paranoid sein in China, immer alles beobachten und weiter wachsen, um den chinesischen Konkurrenten erst gar keinen Raum zu lassen.

Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in Russland?
Russland und Südamerika sind in gewisser Weise vergleichbar. Beide Märkte sind brutal eingebrochen, die Währungen abgestürzt. Wir kaufen in Dollar ein, der stark geworden ist, und wollen in lokaler Währung verkaufen, die schwächer notiert. Das kostet uns und die Autokonzern Geld. In Russland haben wir einige Standorte, in die wir umfangreich investiert haben. Wir machen weiter, aber wir müssen die Preise anheben.

Wie sieht Ihre persönliche Planung aus, bleiben Sie Valeo bis 2020 erhalten?
Das müssen die Aktionäre entscheiden. Der Aufsichtsrat hat vorgeschlagen, mich erneut als Vorstandsvorsitzenden zur Wahl zu stellen. Am 26. Mai wird die Hauptversammlung darüber entscheiden, ob ich weitere vier Jahre bis 2019 im Amt bleibe. Valeo ist für mich ein wunderbares Abenteuer und ich hoffe, dass ich daran so lange wie möglich teilhaben darf.

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